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Kooperation und Konkurrenz vor Ort. Die Herausbildung des Standorts München-Martinsried als Zentrum von Lebenswissenschaft und Biotechnologie

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 398066922
 
Die Life Sciences sind seit ihrem Aufstieg zur neuen Leitwissenschaft epistemisch eng auf Kooperation angewiesen, markieren jedoch zugleich ein international hochkompetitives, zunehmend ökonomisch bestimmtes Forschungsfeld. Das Projekt untersucht Martinsried bei München als Wissenschaftsstandort, der sich innerhalb von nur drei Jahrzehnten von einem Dorf über eine Enklave der biochemischen Grundlagenforschung zu einem der führenden Biotechnologiestandorte weltweit entwickelte: Im Jahr 2000 zählte die „BioRegion München“ unter den weltweit rund 40 „Biotechnologie-Clustern“ zu den nur drei Spitzenstandorten in Europa. An Martinsried, so die These, lassen sich exemplarisch der disziplinäre Gestaltwandel und der schnelle Aufstieg der Biowissenschaften in der Bundesrepublik nachverfolgen, der im internationalen Vergleich verspätet, dafür aber umso rasanter einsetzte. Unter dem Konkurrenzdruck aus den USA (rekombinante DNA) wurde die Entwicklung vor Ort maßgeblich von wissenschaftlichen, politischen und ökonomischen Kooperations- und Konkurrenzbeziehungen vorangetrieben. Diese verknüpften sich miteinander, verdichteten und institutionalisierten sich, wodurch sie eine spezifische Dynamik freisetzten und sich signifikant im Zeitverlauf veränderten.Drei Gründungen in Martinsried im Abstand von ca. zehn Jahren werden als Sonden benutzt, um zeitliche Phasen zu markieren: die Eröffnung des neuen Max-Planck-Instituts für Biochemie 1973 (einschließlich seiner Vorgeschichte); die Gründung des bundesfinanzierten Genzentrums 1984 als „joint enterprise“ des MPI für Biochemie, der LMU und der Chemieunternehmen Hoechst und Wacker; die Errichtung des vom Freistaat Bayern finanzierten Innovations- und Gründerzentrums Biotechnologie (IZB) 1995, das die Ausgründung kleiner, forschungsintensiver BioTech-Unternehmen fördern sollte, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf dem hochkompetitiven Weltmarkt zu sichern. Die Phasen markieren einen radikalen Wandel der zeitgenössischen Vorstellungen über den Innovationsprozess und die Frage, ob und wie Politik diesen planen und steuern könne, aber auch einen Wandel der scientific persona des Wissenschaftlers vom Grundlagenforscher zum Wissenschaftler-Unternehmer. Das Projekt untersucht an den Gründungen ein jeweils unterschiedliches Gefüge sich wechselseitig durchdringender und dynamisch verändernder Konkurrenz- und Kooperationsbeziehungen: innerhalb einer wissenschaftlichen Disziplin bzw. zwischen wissenschaftlichen Disziplinen jeweils in ihren nationalen wie internationalen Bezügen; zwischen verschiedenen Typen organisierter Forschung (universitäre, außeruniversitäre, Industrieforschung); zwischen Forschung, chemischer (Groß-)Industrie und weltweit konkurrierenden Biotech-Firmen; zwischen dem föderalen Mehrebenensystem der Bundesrepublik und der EG/EU.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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