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Die Rolle des Glorin-Signalsystems in der Multizellulären Entwicklung Sozialer Amöben (SIGMOSA)
Antragsteller
Professor Dr. Pierre Stallforth; Professor Dr. Thomas Winckler
Fachliche Zuordnung
Stoffwechselphysiologie, Biochemie und Genetik der Mikroorganismen
Parasitologie und Biologie der Erreger tropischer Infektionskrankheiten
Parasitologie und Biologie der Erreger tropischer Infektionskrankheiten
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 398377386
Das Taxon Dictyostelia beinhaltet im Boden lebende Amöben, die sich von Bakterien ernähren. Unter bestimmen Bedingungen, insbesondere bei Nahrungsmangel, können sich diese Einzeller zu einem multizellulären Organismus zusammenschließen. Die hierfür notwendige Aggregation wird durch Chemotaxis basierend auf Pulsen oder Gradienten extrazellulärer Signalmoleküle, den sogenannten Akrasinen, gesteuert. Die gebräuchliche Bezeichnung ‚soziale Amöben’ soll hervorheben, dass die ursprünglich einzelnen Zellen im multizellulären Verbund funktionell ausdifferenzieren und kooperativ wechselwirken. Aus dem Zellverbund entsteht ein Fruchtkörper mit unterschiedlichen Zelltypen. An seiner Spitze reifen Sporen in einem kugelförmigen Gebilde heran, während der Stiel des Fruchtkörpers aus abgestorbenen Zellen besteht, die für die Gemeinschaft de facto geopfert werden. Soziale Amöben sind somit hervorragende Modellsysteme, um grundlegende Aspekte der Entstehung und Evolution von Multizellularität zu untersuchen. Das am besten untersuchte Akrasin ist cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP), das in allen Stadien der vielzelligen Morphogenese des Modellorganismus Dictyostelium discoideum eine zentrale Rolle spielt. Das unter sozialen Amöben am weitesten verbreitete Akrasin ist jedoch nicht cAMP, sondern Glorin (N-propionyl-γ-L-glutamyl-L-δ-lactam-ethylester). Dieses modifizierte Dipeptid wurde erstmals von John Bonner und seinen Mitarbeitern als Akrasin der sozialen Amöbe Polysphondylium violaceum identifiziert und isoliert. Phylogenetische Studien lassen vermuten, dass das Signalsystem basierend auf Glorin das ursprüngliche Kommunikationssystem sozialer Amöben ist, jedoch einige Arten dieses System verloren oder durch andere ersetzte haben (z. B. durch cAMP). Die chemische Kommunikation basierend auf Glorin ist bisher kaum erforscht. Ziel dieses Projekts ist es deshalb, den Glorinrezeptor (Signalerkennung) sowie Enzyme zu identifizieren, die Glorin hydrolytisch inaktivieren (Signalabschwächung). Der Ansatz, den dieser Antrag hierfür beschreibt, ist eine interdisziplinäre Kombination aus biochemischen und chemisch-biologischen Methoden. Insbesondere werden wir chemische Proben (z. B. für Photoaffinitätsmarkierungen) darstellen, die eine massenspektrometrische Proteomanalyse ermöglichen. Obgleich Multizellularität in sozialen Amöben und höheren Eukaryoten nicht denselben evolutionären Ursprung hat, ermöglicht ein Vergleich des cAMP- und des Glorin-basierten Signalsystems in sozialen Amöben einen Einblick in fundamentale interzellulärer Kommunikationsprozesse, die notwendig sind, um Multizellularität zu erreichen und aufrecht zu erhalten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen