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Funktionelle Charakterisierung des inhibitorischen Phenhydan®-Effekts im Verlauf regulierter Nekrose

Fachliche Zuordnung Nephrologie
Förderung Förderung von 2018 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 400339789
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Noch bis vor 10 Jahren war die vorherrschende Meinung, dass ausschließlich Apoptose für einen regulierten und somit genetisch determinierten zellulären Untergang verantwortlich zeichnet. Mittlerweile versteht man allerdings immer detaillierter, dass bei einer Vielzahl pathologischer Prozesse, darunter Ischämie- Reperfusionsschäden, Myokardinfarkt, Sepsis sowie einer Reihe neurodegenerativer Erkrankungen präferenziell Signalwege von regulierter Nekrose genutzt werden. Insbesondere der Kinase-Aktivität der Rezeptor-interagierenden Serin/Threonin- Proteinkinase 1 (RIPK1) kommt im Verlauf von Entzündungen und Zelltod eine Schlüsselfunktion zu. Diese Kinase ist der kritische Antreiber verschiedener Signalwege, die den einzelnen Todesrezeptoren (TNFR1, FasL und TRAIL sowie den Toll-like-Rezeptoren) nachgeschaltet ist. Trotz der fundamentalen Beteiligung von RIPK1 an einer Vielzahl inflammatorischer Erkrankungen ist derzeit kein pharmakologischer Inhibitor des RIPK1-vermittelten Zelltods in der klinischen Anwendung. In diesem Kontext untersuchten wir im Rahmen dieser Studie - völlig unabhängig von ihren zugelassenen Anwendungsgebieten - eine kleine Auswahl von FDA-zugelassenen Medikamenten, die strukturell mit dem in vitro etablierten RIPK1-Inhibitor Necrostatin-1s (Nec-1s) verwandt sind, und identifizierten das Antiepileptikum Phenhydan® zell- und spezies-übergreifend als einen potenten Inhibitor des pro-inflammatorischen NF-κB-Signalwegs und der Todesrezeptorinduzierten Nekroptose bzw. Apoptose. Gemäß den von uns festgelegten Ziel- Algorithmen sind wir bei Identifikation von Phenhydan® als Inhibitor der Nekrosomaktivierung initial davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Medikament (wie auch bei Nec-1s) um einen spezifischen Inhibitor der Kinasedomäne von RIPK1 handelt, der mechanistisch über allosterische Hemmung der Kinasedomäne seine inhibitorische Funktion im Verlauf von regulierten Zelltodprozessen vermittelt. Die Autophosphorylierung von RIPK1 an Position Ser-166 innerhalb der Kinasedomäne des Proteins ist dabei ein unabdingbarer Schritt für die Vermittlung von Zelltod und Entzündung. Unter Verwendung einer konstitutiv aktiven Form von MLKL (phosphomimetic S345D), bei der ein nekroptotischer Zelltod ohne Beteiligung von RIPK1 nur über die Expression dieser Doxycyclin-induzierbaren MLKL-Mutante induziert werden kann, hat unsere Hypothese, dass wir mit Phenhydan® einen bereits zugelassenen Inhibitor von RIPK1-vermittelten Zelltod identifiziert haben, falsifiziert. Phenhydan® ist hingegen ein Modulator des Todesrezeptor-Signalweges und beeinflusst die Struktur und Funktion der Lipiddoppelschicht und somit das Verhalten einer Reihe membrangebundener Proteine, einschließlich der signalgebenden Todesrezeptoren, was letztlich die ausbleibenden Nekrosombildung bzw. dessen Aktivierung im Verlauf von regulierten Zelltodprozessen wissenschaftlich erklärt. Obwohl wir das enorme Potential von Phenhydan®, DR-vermittelten Zelltod zu unterbinden, nicht nur in vitro sondern auch in unterschiedlichen präklinischen Modellen in vivo nachhaltig belegen konnten, wird der angedachte klinische Einsatz der Substanz im Kontext pathophysiologischer Zelltodprozesse auf Grund der bekannten Heterogenität der Lipidzusammensetzung der unterschiedlichen Zellen in einem Gesamtorganismus berechtigterweise bedachtsam erwogen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019) Combined knockout of RIPK3 and MLKL reveals unexpected outcome in tissue injury and inflammation. Front Cell Dev Biol., 2019 Feb 20; 7:19
    Moerke, C., Bleibaum, F., Kunzendorf, U., and Krautwald, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fcell.2019.00019)
  • (2019) The anticonvulsive Phenhydan® suppresses extrinsic cell death. Cell Death Differ. 26, 1631-1645
    Moerke, C., Jaco, I., Dewitz, C., Müller, T., Jacobsen, AV., Gautheron, J., Fritsch, J., Schmitz, J., Bräsen, JH., Günther, C., Murphy, JM., Kunzendorf, U., Meier, P., and Krautwald, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41418-018-0232-2)
  • (2020) Plasma membrane pores drive inflammatory cell death. Front Cell Dev Biol., 2020 Aug 21; 8:817
    Kolbrink, B., Riebeling, T., Kunzendorf, U., and Krautwald, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3389/fcell.2020.00817)
 
 

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