Herbartianismus und Sozialpädagogik - eine übergangene Grundlegung und vergessene Tradition
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt sowie das Folgeprojekt konnten erfolgreich bearbeitet und die Ergebnisse in verschiedenen Publikationen und Vorträgen der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Den Schwerpunkt der historiographischen Arbeiten bildet die in monographischer Form veröffentlichte Analyse herbartianischer Zeitschriften. Zur methodologischen und methodischen Bearbeitung des Projekts wurde eine thematische Netzwerkanalyse vorgenommen. Entgegen der bislang vorherrschenden Einschätzung, dass der Herbartianismus eine vorrangig schulpädagogisch bzw. didaktisch geprägte Strömung repräsentierte, konnte durch den gewählten Zugang ein breites Spektrum an thematischen Bezügen und Auseinandersetzungen mit Relevanz für die sozialpädagogische Theoriegeschichte rekonstruiert werden. Dies erstreckt sich sowohl auf die synchrone Befassung mit einer großen Themenbreite wie in diachroner Sicht auf unterschiedliche Themenkonjunkturen. In dem Projekt konnten auf einzelne Zeitschriften bezogene thematische Netzwerkkarten ausgearbeitet werden, die jeweilige Themenspektren veranschaulichen. Die in den Karten repräsentierten zeitschriftenspezifischen Befunde konnten außerdem zu einer weitergehenden, Zeitschriften übergreifenden Integration der Forschungsergebnisse genutzt werden. Insgesamt wurden als überdauernde thematische Ausrichtungen des Herbartianismus drei Foki bestimmt, die inhaltlich jeweils unterschiedlich ausgefüllt wurden: Bildungs- und Erziehungsinstanzen im sozialen Wandel, Erziehungsbedürftigkeit der Individuen, sowie Erziehung und Wissenschaft. Die vielzähligen inhaltlichen Aspekte, die in diesen drei Referenzen zusammengefasst waren, verweisen in formaler Hinsicht auf einen spezifischen Zusammenhang von Herbartianismus und Sozialpädagogik: Als zentrale Argumentations- und Legitimationsfigur sozialpädagogischer Positionen des pädagogischen Herbartianismus wurde die Forderung nach einer „Erweiterung“ jeweils etablierter Wissensbestände sichtbar, um an als neuartig identifizierte soziale Rahmenbedingungen und ihre pädagogische Aufforderungsstruktur anschließen zu können. Diese Forderungen nach einer Re-Orientierung pädagogischen Wissens und Handelns waren mit jeweils veränderten Grenzziehungen verbunden, durch die die Notwendigkeit und Legitimität von Erziehung und Bildung begründet wurden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2009. Die „Pädagogische Revue". Sozialpädagogik im Kontext
politischer und pädagogischer Transformation. In: Zeitschrift für Sozialpädagogik. Jg. 7. 2010, Ausg. 1, S. 78-97.
Schabdach, M., Dollinger, B.
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2009. Theodor Waitz und die Konstitution pädagogischer
Strömungen. Notizen zur Genese des Herbartianismus. Vierteljahrsschrift für wissenschafdiche Pädagogik. Jg. 85. 2009, Heft 2, S. 190-205.
Dollinger, B., Schabdach, M.
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2010. (Von kindlichen Künstlern und selbsttätigen Lernern. Aktive Kinder in der Pädagogik um 1900). Imaginationen kindlicher
Selbsttätigkeit in pädagogischen Entwürfen um 1900. Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 5. Jg. 2010, S. 283-294.
Eßer, F.
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2010. Karl Magers (Sozial-)Pädagogik im Kontext des vormärzlichen
Liberalismus. In: C. Müller/ H. Kronen (Hrsg.): Sozialpädagogik nach Karl Mager: Quellen und Diskussionen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. 2010, S. 399-421.
Schabdach, M.
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2010. Sozial- und Kulturprotestantismus. Ethischer Personalismus als
Grundfigur der Sozialpädagogik. In: F. Bernstorff /A. Ledl /S. Schlüter (Hrsg.): Kontextualisierungen. Festschrift für Alfred Langewand zum 60. Geburtstag. Berlin u.a.: Lit. S. 165-179.
Schröer, W., Eßer, F.
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2010. Sozialpädagogik und Herbartianismus. Studien zu einer vergessenen Tradition. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 2010, 204 S., ISBN 978-3-7815-1749-3.
Dollinger, B., Eßer, F., MüUer, C., Schabdach, M., Schröer, W.
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2010. Zwischen Selbsttätigkeit und Erziehungsbedürftigkeit. Das Kind in der „Zeitschrift für Kinderforschung". In: Paedagogica Historica. Vol. 46. 2010, Issue 3, pp. 289-306.
Eßer, F.
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2010. „Gemeinschaft" oder „Gesellschaft"? Repräsentationen des Sozialen als Gegenstand sozialpädagogischer Historiographie. In: C. Müller (Hrsg.): Historisch-kritische Zugänge zur Professionalität der Sozialpädagogik und Sozialarbeit. Emden: Die Blaue Eule.
S. 59-75.
Dollinger, B.
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2011. „Grenzen der schulischen Erziehung" als Konsrituens der Kinder- und Jugendfürsorge. In: B. Dollinger/M. Schabdach (Hrsg.): Zugänge
zur Geschichte Sozialer Arbeit. Univ.-Vlg. Siegen, 2011, S. 147-166.
Schabdach, M., Dollinger, B.