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Russländische Wissenschaftler im ‚Nahen Osten‘: Archäologische Expeditionen und imperiale Kulturpolitik, 1856-1914

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 403686305
 
Im Zuge der Expansion des Zarenreichs zum Schwarzen Meer und gegen Zentralasien gewann im 19. Jahrhundert die wissenschaftliche Disziplin der Archäologie im Rahmen der Orientalistik (vostokovedenie) an politischer Relevanz. Forscher aus dem Petersburger Imperium erhielten durch neu gegründete Institute an Universitäten und im Außenministerium sowie durch wissenschaftliche Gesellschaften und die Beteiligung an internationalen Fachkongressen vielfältige Möglichkeiten zur Diskussion von Thesen, die sie bei wissenschaftlichen Expeditionen gewannen. Von besonderem Interesse war das in der russländischen Orientalistik als „Naher Osten“ bezeichnete Untersuchungsgebiet, das die Arabistik, Osmanistik, Iranistik, Kurdologie und Afghanistik umfasste. Damit rückte eine Region in den Fokus, die aufgrund imperialer Interessen und territorialer Konflikte zwischen dem Russländischen Reich, dem Osmanischen Reich und Persien einem langen kulturellen Deutungskampf ausgesetzt war. Unter diesen Voraussetzungen fragt das vorliegende Projekt nach der Bedeutung von Reisen russländischer Archäologen für die auswärtige Kulturpolitik und die internationale Wissenszirkulation. Dabei wird der Blick in vergleichender Perspektive auf den Balkan, Palästina und Persien (respektive den Iran) gerichtet.Im Zeitraum zwischen Krimkrieg (1856) und Erstem Weltkrieg (1914) dienten archäologische Ausgrabungen nicht nur der Erforschung materieller Überreste, sondern fungierten auch als Instrument einer imperialen Kulturpolitik gegenüber dem angrenzenden Ausland. Dazu gehörte erstens die wissenschaftliche Untersuchung von transnationalen, als gemeinsam betrachteten Kulturräumen. Da diese mitunter in direktem Konflikt zu existierenden Grenzverläufen standen, evozierte dies die Bildung neuer politischen Allianzen. Zweitens spielte die Rivalität mit westeuropäischen Staaten eine zentrale Rolle, die sich unter anderem bei der Aneignung des christlichen Erbes zeigte. Und drittens bot die Archäologie über die Aneignung der Vergangenheit eines kulturell „anders“ geprägten Raumes die Möglichkeit zur Auslotung russländischer Einflusssphären. Untersucht werden diese drei Konstellationen anhand der Beispiele Russisches Archäologisches Institut in Konstantinopel, Russische Mission in Palästina, und Expeditionen der östlichen Abteilungen der russländischen Archäologie in den Iran, welche in den drei Hauptkapiteln der Monographie besprochen werden. Ziel ist die Veröffentlichung einer Monographie und eines Tagungsbandes.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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