Identifizierung kausaler Gene für die nicht-syndromale Gaumenspalte mittels Exom-weiter Sequenzierung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Gaumenspalte (cleft palate only = CPO) ist die zweithäufigste Form der orofazialen Spalte. Etwa die Hälfte der Betroffenen hat ein Syndrom, bei Betroffenen ohne weitere Auffälligkeiten. spricht man von einer „nicht-syndromalen Gaumenspalte“ (nsCPO). Epidemiologische Daten zeigen, dass nsCPO eine multifaktorielle Ätiologie hat. Populationsbasierte Studien haben hohe Wiederholungsrisiken bei den erstgradig Verwandten von Betroffenen im Vergleich zur Inzidenz in der Allgemeinbevölkerung festgestellt. Die Heritabilität von nsCPO wird auf etwa 90 % geschätzt. Mit genomweiten Assoziationsstudien konnten bisher nur zehn genomweit signifikante Risiko-Loci für die nsCPO identifiziert werden, deutlich begrenztere Erkenntnisse als mit genomweiten Assoziationsstudien bei der nicht-syndromalen Lippen-Kiefer- Gaumenspalte erzielt wurden. Es ist anzunehmen, dass seltene genetische Varianten mit hoher Effektstärke bei der Entstehung der nsCPO eine stärkere Rolle spielen als bei der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Berichte über Familien, in denen eine nsCPO in mehreren aufeinander folgenden Generationen auftritt, sowie eine stabile Inzidenz von nsCPO in Gegenden mit hoher Säuglingssterblichkeit und entsprechend geringer Reproduktionsrate Betroffener deuten auf dominant erbliche Mutationen bzw. dominante de novo Mutationen hin. Ziel des Vorhabens war eine Exom-weite Sequenzierung in nsCPO-Trios (Trio = betroffene Person und deren beiden Eltern). In einem Folgeprojekt sollen insbesondere dominante de novo Mutationen identifiziert werden. Die Gene, in denen derartige Varianten lokalisiert sind, sind potentielle Kandidaten-Gene für nsCPO. Im Zuge des Vorhabens wurden 342 Individuen Exom-weit sequenziert, 124 mit nsCPO und 218 nicht-betroffene Verwandte. Die untersuchten Individuen lassen sich nach Familienstruktur in 84 Trios und 18 Familien mit zwei oder noch mehr Betroffenen (sog. Multiplexfamilien) einordnen. Die Auswertung des Datensatzes ist nicht Bestandteil des beantragten Projektes und läuft noch. Eine vorläufige bioinformatische Analyse der Daten von 43 nsCPO Trios ergab 461 potentielle de novo Mutationen. Nach stringenter Qualitätskontrolle und Priorisierung der Mutationen verblieben 46 Mutationen in 46 potentiellen Kandidaten-Genen. Dies sind unter anderem Gene, welche bereits im Zusammenhang mit der Embryonalentwicklung oder mit der Bildung orofazialen Spalten in Tiermodellen berichtet wurden. Eine Protein-Protein- Interaktionsanalyse zeigte eine statistisch signifikante Anreicherung von Interaktionen zwischen den Kandidatengenen, was auf gemeinsame biologische Signalwege hindeuten könnte. Die vorläufige Analyse des Teildatensatzes zeigt bereits den großen Wert des hier generierten Datensatzes, mit dessen Hilfe weitere Kandidaten-Gene und damit auch neue Risikofaktoren und Signalwege für die nsCPO identifiziert werden können. Ein Folgeantrag, in dem die generierten Kandidaten-Gene in einer Reseqeunzierungsstudie und im Tiermodell aufgearbeitet werden sollen, ist bereits in Arbeit.
