Zelltypspezifizierung multipotenter kardiovaskulärer Vorläuferzellen
Zellbiologie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Herz ist das erste Organ im menschlichen Körper, dass sich während der Embryonalentwicklung bildet. Es muss früh seine Funktion aufnehmen, um den restlichen Organismus mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Im Laufe der Evolution hat es sich immer neuen Herausforderungen, wie zum Beispiel der Versorgung eines separaten Lungenkreislaufes, angepasst. Gebildet wird es während der Embryonalentwicklung durch das komplexe Zusammenspiel verschiedener Vorläuferzellpopulationen. Eine besondere Rolle fällt hierbei den Vorläuferzellen des sogenannten sekundären Herzfeldes (second heart field, SHF) zu. Diese Zellen haben die Fähigkeit alle Zellpopulationen des menschlichen Herzens zu bilden: Fibroblasten, glatte Muskulatur der Gefäße, Herzmuskelzellen und Endothelzellen. Sie tragen vor allem zur Entwicklung der Vorhöfe, der rechten Herzkammer, des Ausflusstraktes sowie zur Entwicklung der Koronargefäße bei. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes habe ich mich mit dem Entwicklungspotential von Untergruppen dieser Herzvorläuferzellen beschäftigt. Ich habe festgestellt, dass ein Teil dieser Vorläuferzellen während der Entwicklung von embryonalen Stammzellen zu Herzmuskelzellen kurzfristig zwei Unterformen eines Signalrezeptors auf Ihrer Oberfläche exprimieren (Platelet-derived growth factor receptor α und β). Während dieser Phase haben die Zellen noch das volle Entwicklungspotential und vermehren sich. Entwickeln sich diese weiter zu Herzmuskelzellen, schalten Sie die β-Einheit des Rezeptors ab und haben nur noch die α-Einheit. Interessanterweise ist das Zusammenspiel dieser beiden Rezeptoren bei der Entwicklung anderer Zelltypen, wie zum Beispiel bei der Entstehung der Muskulatur des Gesichts oder des Fettgewebes wichtig. Basierend auf dieser unerwarteten Beobachtung habe ich den ursprünglichen Projektplan etwas abgeändert und mich intensiver mit den Auswirkungen des Zusammenspiels dieser Rezeptoren auf die Entwicklung dieser Zellen befasst. Überraschenderweise hat die experimentelle Manipulation dieser Signalwege zu keiner Änderung in der Entstehung von Herzmuskelzellen geführt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass durch eine Inhibierung der β-Einheit die Entstehung von glatten Muskelzellen gehemmt werden kann. Dies deckt sich mit Erkenntnissen aus Forschung an Mausmodellen, die zeigen, dass ein Funktionsverlust der β- Einheit mit einem Rückgang von glatten Muskelzellen einhergeht. Dies führt bei den betroffenen Mäusen zu schweren Fehlbildungen der Gefäße, einschließlich der Koronargefäße, und schließlich zum Tod. Meine Daten legen nahe, dass die beobachteten Veränderungen am Herzen (Fehlbildung der Koronargefäße und des Septums, Unterentwicklung der Muskulatur der linken Herzkammer) möglicherweise durch einen Funktionsdefekt dieser spezifischen Herzvorläuferzellpopulation bedingt ist. Um diese Hypothese weiter zu untermauern, habe ich Daten aus Einzelzell-Analysen von embryonalen Herzen von Mäusen, nicht-menschlichen Primaten und Menschen neu ausgewertet. Hier hat sich gezeigt, dass es auch während der Entwicklung in vivo Vorläuferzellen gibt, die die oben beschriebenen Verteilungsmuster von α und β-Einheit dieses Signalrezeptors zeigen. Das ist besonders relevant, da die so identifizierten Vorläuferzellen sowohl bei der Entwicklung des Herzens als auch bei der Entwicklung der Muskulatur im Gesichtsbereich beteiligt zu sein scheinen. In Zusammenschau hat dieses Forschungsprojekt dazu beigetragen, die an der Herzentwicklung beteiligten Vorläuferzellen besser zu verstehen. Dies ist zum einen von Interesse, da es uns ermöglicht die Entstehung von kardialen Fehlbildungen, die die häufigsten angeborenen Fehlbildungen darstellen, besser zu ergründen. Zum anderen sind aktuell neue Therapieverfahren in Erprobung, die unter Verwendung dieser Vorläuferzellen eine Verbesserung der Herzfunktion bei Patienten nach Herzinfarkt oder mit Herzinsuffizienz anstreben. Ein besseres Verständnis der Funktionsweise dieser Zellen könnte hier wesentlich zu einer weiteren Optimierung des Therapieerfolges beitragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- „Amnion signals are essential for mesoderm formation in primates.”, Nature Communications, 2021, 12(1):5126
Yang R, Goedel A, Kang Y, Si C, Chu C, Zheng Y, Chen Z, Gruber PJ, Xiao Y, Zhou C, Witman N, Eroglu E, Leung CY, Chen Y, Fu J, Ji W, Lanner F, Niu Y, Chien KR
(Siehe online unter https://doi.org/10.1038/s41467-021-25186-2)