Neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I. Eine qualitative Studie über sprachliche Bildung am Übergang von Vorbereitungsklassen in Regelklassen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Für neu zugewanderte Schüler:innen gibt es an Hamburger Sekundarschulen Internationale Vorbereitungsklassen (IVK), in denen der Schwerpunkt auf der Vermittlung der deutschen Sprache liegt. Der nach einem Jahr vorgesehene Übergang von IVK in Regelklassen gilt als besonders sensibler Abschnitt der Bildungslaufbahn. Das Projekt hat die organisatorische und pädagogische Gestaltung des Übergangs und der begleitenden sprachlichen Bildungsangebote in drei Hamburger Stadtteilschulen untersucht. Eine der Schulen setzt ein ‚integratives Modell‘ um, das IVK-Schüler:innen von Anfang an auch in eine Regelklasse aufnimmt. Die Untersuchung orientierte sich an dem Ansatz der reflexiv-institutionellen Ethnographie und wurde durch Formate der virtuellen Ethnographie an die coronabedingten Schulschließungen angepasst. Theoretischer Ausgangspunkt war ein Konzept diversitätsbewusster Schulentwicklung unter besonderer Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und Neuzuwanderung. Die Auseinandersetzung mit den ethnographischen Daten führte zu einer kritischen Reflexion von Prozessen der Inklusion und Exklusion sowie institutioneller Diskriminierung. Die Ergebnisse geben Aufschluss über Prozesse und Bedingungen auf Einzelschulebene, die unter denselben bildungspolitischen Rahmenvorgaben zu großen Unterschieden in der Gestaltung der IVK, des Übergangs und den Erfahrungen der Schüler:innen führen. Sie verweisen auf Faktoren der Schulorganisation, die die Übergänge für alle Beteiligten erleichtern und das Risiko institutioneller Diskriminierung verringern; dazu gehören v.a. die Klärung personeller Verantwortung, transparente Kriterien und regelmäßige Absprachen. Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass für eine professionelle Begleitung der Bildungslaufbahnen neu zugewanderter Schüler:innen Personalentwicklung notwendig ist. Lehrkräfte, die für die Vermittlung der deutschen Sprache, Mehrsprachigkeit und diversitätsbewussten Unterricht qualifiziert sind, können die Teilhabe neu Zugewanderter am Unterricht erhöhen. Im Vergleich der Projektschulen wird deutlich, dass das integrative Modell die soziale Inklusion in den Regelklassen begünstigt. Die Unterschiede in den Prozessen und Bedingungen auf Einzelschulebene sind in hohem Maße auf das Schulleitungshandeln, das Leitbild der Schule und den Austausch im Kollegium über gemeinsame Ziele zurückzuführen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Deutsch lernen unter erschwerten Bedingungen. Forschung zu Internationalen Vorbereitungsklassen in Zeiten von Corona. Interview, Universität Hamburg, 11. Mai, 2020
Plöger, S. & Barakos, E.
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Recent-arrival migrant students during the Covid-19 school closures. Language on the Move Blog-Eintrag, 25. Mai, 2020
Barakos, E. & Plöger, S.
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Digital, vielsprachig und im Übergang: Internationale Vorbereitungsklassen in Zeiten der Pandemie. Forschungsprojekt des Monats, Universität Hamburg. Interview zum SpraBÜ-Projekt, Universität Hamburg, 25. Mai, 2021
Barakos, E.
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Researching linguistic transitions of newly-arrived students in Germany: insights from Institutional Ethnography and Reflexive Grounded Theory. Ethnography and Education, 16(4), 402-419.
Plöger, Simone & Barakos, Elisabeth
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Ungewissheit als Dimension der Mehrsprachigkeitsdidaktik. Analyse einer ethnografischen Sequenz aus einer Internationalen Vorbereitungsklasse. ZISU – Zeitschrift für interpretative Schul- und Unterrichtsforschung, 10(1-2021), 70-83.
Plöger, Simone & Fürstenau, Sara
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Wissenschaftliche, bildungspolitische und schulpraktische Ansprüche an Sprachunterricht in Internationalen Vorbereitungsklassen zu Pandemiezeiten. In Gamper, J.; Hövelbrinks, B. & Schlauch; J. (Hg.). Lockdown, Homeschooling und Social Distancing – der Zweitspracherwerb unter akut veränderten Bedingungen der COVID-19-Pandemie. Tübingen: Narr, S. 81- 105.
Barakos, E. & Plöger, S.
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Chancen und Grenzen des integrativen Modells für die Spracharbeit mit neu zugewanderten SchülerInnen. Ein ethnographischer Einblick in eine Hamburger Stadtteilschule. In: Birkner, K.; Hufeisen, B. & Rosenberg, P. (Hg.): Spracharbeit mit Geflüchteten. Empirische Studien zum Deutscherwerb von Neuzugewanderten (Forum Angewandte Linguistik, Band 69). Berlin: Peter Lang, S. 73-95.
Plöger, S.
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Digital, mehrsprachig und im Übergang. Internationale Vorbereitungsklassen in Zeiten der Pandemie. Erziehungswissenschaftliche Edition: Persönlichkeitsbildung in Schule, 151-172. Springer Fachmedien Wiesbaden.
Barakos, Elisabeth
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Sprachliche Bildung am Übergang. Die Beschulung neu zugewanderter Schüler*innen in Vorbereitungsklassen. Beitrag im VERBAL (Verband für Angewandte Linguistik), Newsletter Dezember 2022.
Barakos, E.
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„Die Schüler aus den Vorbereitungsklassen erleben den Übergang oft als Bruch“. Interview zum SpraBÜ-Projekt. Deutsches Schulportal, 17.November 2022.
Fürstenau, S.
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Neuzuwanderung, sprachliche Bildung und Inklusion. Inklusion und Bildung in Migrationsgesellschaften. Springer Fachmedien Wiesbaden.
Plöger, Simone
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SpraBÜ – Sprachliche Bildung am Übergang von Vorbereitungs- zu Regelklasse. Eine qualitative Studie bei neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe I. Beitrag im Janusbrief für das bundesweite Netzwerks "Sprache - Variation - Mehrsprachigkeit", 27.01.2023.
Barakos, E.
