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Entwicklung eines neuen Mess- und Analysesystems zur Frühdiagnostik einer sich entwicklenden Spastik bei Säuglingen

Fachliche Zuordnung Medizinische Physik, Biomedizinische Technik
Förderung Förderung von 2007 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 43454903
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Infantile Zerebralparese (IZP) ist eine der häufigsten Ursachen für spastische Bewegungsstörungen und betrifft circa 0,2% aller Lebendgeburten. Die Bewegungsstörung wird ab dem 2. Lebensjahr im Vergleich zu ungestörten Bewegungsabläufen manifest. Die Therapie der Säuglinge sollte jedoch frühestmöglich beginnen. Bisher ist der Arzt bei der Frühdiagnostik auf seine subjektive Beobachtung der Spontanmotorik des Säuglings, die eng mit dem neurologischen und entwicklungsbezogenen Zustand verbunden ist, angewiesen. Die Entscheidung, ob ein Säugling eine Bewegungsstörung entwickeln wird oder nicht, basiert subjektiv auf der Erfahrung und Expertise des Arztes, eine quantitative Beschreibung der motorischen Entwicklung der Kinder ist bisher nicht möglich. Es besteht daher ein dringender Bedarf für die Entwicklung objektiver Methoden, um Abweichungen von der Spontanmotorik gesunder Säuglinge zu quantifizieren. Um möglichst viele Kinder in der kinderärztlichen Routine erreichen zu können, ist eine einfache messtechnische Lösung und Auswertung erforderlich, wobei der Arzt in der Diagnose rechnergestützt und wissensbasiert unterstützt werden sollte. In diesem Projekt wurde ein Diagnoseverfahrens von der Signalaufnahme bis zur Interpretation der Bewegungsmuster entwickelt, das es ermöglicht, eine sich entwickelnde Bewegungsstörung bereits frühzeitig zu diagnostizieren. Der Forderung nach einem einfachen und kostengünstigen, in die kinderärztliche Routine integrierbaren Messverfahren wurde durch die Wahl eines accelerometrischen Messaufbaus entsprochen. Unter Verwendung von Mikrosystemtechnik-Komponenten wurde die Herstellung besonders kleiner und leichter Messaufnehmer realisiert, mit deren Hilfe sich die Bewegungscharakteristika der Spontanmotorik der Säuglinge erfassen lassen. Über ultraflexible dünne Kabel wurden die an den Extremitäten angebrachten Aufnehmer mit der Messkette verbunden, die die dreidimensionalen Beschleunigungssignale der Extremitäten der Säuglinge liefert. An die Erfassung der Beschleunigungssignale schließt sich ein klassischer Mustererkennungsprozess an. Im Schritt der Merkmalsextraction wurde, basierend auf Literatur und eigenen Vorarbeiten, eine Reihe von Merkmalen definiert, die eine quantitative Beschreibung und Unterscheidung der Bewegungsmuster von gesunden und betroffenen Säuglingen erlaubt. Zur Informationsverdichtung wurden im Schritt der Merkmalsreduktion mittels eines genetischen Algorithmus die Anzahl der Merkmale auf einen klinisch relevanten Merkmalssatz reduziert. Beruhend auf diesem klinisch relevanten Merkmalssatz wurde anschließend ein Entscheidungsbaum-Klassifikator entwickelt. Im Vergleich zu anderen Klassifikatoren ermöglicht der Entscheidungsbaum neben einer Einordnung unbekannter Muster auch eine Interpretation der Ergebnisse, da er mit nachvollziehbaren Regeln klassifiziert. Der Prozess der Diagnosefindung wird damit transparent und für den medizinischen Anwender nachvollziehbar. Das entwickelte Verfahren wurde anhand von Probanden- und Patientenkollektiven in Kooperation mit dem Sozialpädiatrischen Zentrum des Klinikums Esslingen an gesunden Säuglingen sowie Säuglingen mit IZP validiert. Die Validierung umfasste Säuglinge im Alter von einer Woche bis fünf Monaten und zeigte, dass die Methode eine zuverlässige Unterscheidung zwischen gesunden und betroffenen Kindern erlaubt. Die Korrekt-Klassifikationsrate erreicht zwischen 88% und 92% - abhängig vom Alter des Kindes und ist somit vergleichbar mit den Erkennungsraten speziell ausgebildeter Ärzte. Durch eine flächendeckende Einführung der Frühdiagnose einer sich entwickelnden Bewegungsstörung aufgrund einer Infantilen Zerebralparese wäre es durch das entwickelte Messverfahren möglich, die Folgeschäden für die Kinder durch frühzeitige Therapie zu minimieren. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden vor allem die Lebensqualität für die betroffenen Kinder und ihre Familien wesentlich steigern und zugleich das Gesundheitssystem nachhaltig entlasten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2008). Movement Analysis in early diagnosis of a developing spasticity in newborns with infantile cerebral palsy. Proceedings of the 17th Congress of ISEK , 18-21
    Heinze F., Rau G., Schmitz-Rode T., Disselhorst-Klug C.
  • (2009). Movement analysis by accelerometry in newborns for early detection of movement disorders due to infantile cerebral palsy. Proceedings of the World Congress of Biomedical Engineering
    Heinze F., Breitbach-Faller N., Schmitz-Rode T., Disselhorst-Klug C.
  • (2010). Messtechnische Erfassung und objektive Bewertung von Bewegungsmustern beim Säugling. Dissertation, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, RWTH Aachen
    Heinze F.
  • (2010). Movement analysis by accelerometry of newborns and infants for the early detection of movement disorders due to Infantile cerebral palsy. Medical & biological engineering & computing Volume: 48 Issue: 8 Pages: 765-772
    Heinze F., Hesel K., Breitbach-Faller N., Schmitz-Rode T., Disselhorst-Klug C.
  • (2010). Movement analysis by accelerometry of newborns and infants for the early detection of movement disorders due to infantile cerebral palsy. Proceedings of the International Society for Electrophysiology and Kinesiology
    Hennes M., Heinze F., Breitbach-Faller N., Disselhorst-Klug C.
  • (2010). Movement analysis by accelerometry of newborns and infants for the early detection of movement disorders due to infantile cerebral palsy. Proceedings of the Society for Biomedical Engineering
    Hennes M., Heinze F., Disselhorst-Klug C.
 
 

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