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Kinderarbeit in der sächsischen Textilindustrie, 1800-1938

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2020 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 441063736
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Untersuchung des technischen Wandels in der Textilindustrie zeigt, dass zwar einerseits eine Vielzahl von Prozessen, die im 19. Jahrhundert als typische Kinderarbeit galten, nach und nach mechanisiert werden konnten. Dennoch führte das nicht automatisch zu einem Verschwinden der Kinderarbeit. Vielmehr bestand die Tendenz, Kinder oder Jugendliche als Hilfskräfte weiter zu beschäftigen und ihnen andere Aufgaben zu übertragen. Nach dem Verbot der Kinderfabrikarbeit 1891 wurden Kinder in den Spinnereien durch Jugendliche ersetzt, aber die grundsätzliche Arbeitsorganisation blieb bestehen. In anderen Fällen, wie z.B. der Weberei, wurde die Kinderarbeit lediglich von der Fabrik in die Heimarbeit verlagert. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Kinder und Jugendliche als "industrielle Reservearmee" zur Ausgleichung von Konjunkturschwankungen in Anspruch genommen wurden. Alle diese Faktoren führten dazu, dass der technische Wandel für den Rückgang der Kinderarbeit weniger bedeutsam war als die gesetzlichen Verbote und der sich langsam vollziehende Mentalitätswandel. Hinsichtlich der Kinderarbeit in der Zwischenkriegszeit ist das wichtigste Ergebnis, dass das Ausmaß der Kinderarbeit in den Zwanzigerjahren wenigstens in den Städten deutlich zurück ging. Mehrere Einflussfaktoren trugen dazu bei: die materielle Besserstellung der Arbeiter, die Verbreitung des Bewusstseins von der Schädlichkeit von Kinderarbeit und das Aufkommen alternativer Angebote in Form von Jugendbewegung und Sportvereinen. Zur Kinderarbeit im Allgemeinen hat die Studie überraschende Ergebnisse hervorgebracht. Sie zeigt zunächst, dass Kinderarbeit im Kaiserreich weiter verbreitet war als allgemein angenommen. Dazu passt eine Auswertung des Sozialprofils der Eltern von in der Textilindustrie beschäftigten Kindern. Sie zeigt, dass zwar ca. drei Viertel der Eltern der Arbeiterschaft zuzurechnen waren, aber ein Viertel auch den Mittelschichten. Eine Auswertung der für Kinderarbeit gezahlten Löhne zeigt, dass diese im Zeitverlauf (mit Ausnahme der Inflationszeit der Zwanzigerjahre) kaum stiegen: Sie bewegten sich 1938 in einem ganz ähnlichen Korridor wie 1871. Das liegt offenbar daran, dass das ökonomische Motiv bei den Eltern nicht das allein ausschlaggebende war.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Das Ausmaß der Kinderarbeit im Königreich Sachsen um 1900
    Schramm, Manuel
  • Die Wirkung des Kinderschutzgesetzes von 1903
    Schramm, Manuel
  • Kinderarbeit in Chemnitzer Blumenfabriken, in: Chemnitzer Geschichtskalender, Juni 2022
    Schramm, Manuel
  • Kinderarbeit in Sachsen. Von der Frühindustrialisierung bis zum Nationalsozialismus, Buchmanuskript 2023
    Schramm, Manuel
 
 

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