Detailseite
Projekt Druckansicht

Dokumentation und Untersuchung der ältesten Holzartefakte des Menschen von Schöningen (Grabung H. Thieme)

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 447423357
 
Im Tagebau von Schöningen (Lkr. Helmstedt, Niedersachsen) wurden in den 1990er Jahren an verschiedenen Fundstellen an einem ehemaligen Seeufer aus einer Warmzeit vor ca. 300.000 Jahren (MIS 9) bearbeitete Hölzer entdeckt. Erfreulicherweise wurden in der Regel alle Hölzer geborgen, so dass neben den modifizierten Exemplaren auch die natürlich vorkommenden Hölzer (Hintergrundvegetation) vorliegen. Besonders bekannt sind die ältesten vollständig erhaltenen hölzernen Jagdwaffen des Menschen aus dem sogenannten Speerhorizont (Schöningen 13 II-4). In einem ersten Teilprojekt (2021-2024) wurden alle Hölzer aus dieser Fundschicht erstmals gesamthaft evaluiert und ausgewertet. Insgesamt konnten 187 bearbeitete Hölzer analysiert und die Zahl der bekannten Holzwaffen von Schöningen 13 II-4 auf mindestens 20 Exemplare deutlich erhöht werden. Darüber hinaus wurden zwei neue Werkzugtypen identifiziert und die Anwendung der Spalttechnik erstmals nachgewiesen. Mit dem hier beantragten, zweiten Teilprojekt sollen nun alle übrigen pleistozänen Holzfunde (N= 1083) der ca. 300.000 Jahre alten Fundstellen Schöningen 12II, 12A, 12B, 13 DB, 13-I/1-4, 13-II/1-3, und 15 ausgewertet werden. Unter den Holzartefakten sind v.a. die sogenannten "Klemmschäfte" hervorzuheben, von denen bislang lediglich vier Exemplare vorläufig publiziert wurden. Sämtliche Hölzer sollen holzartlich bestimmt und im Hinblick auf Bearbeitungsspuren kritisch evaluiert werden. Holzartefakte werden detailliert beschrieben und dokumentiert sowie alle Arbeits- und Benutzungsspuren näher untersucht. Für die Analysen kommen modernste bildgebende Verfahren wie 3D-Mikroskopie, gammaCT-Scans und MRT-Scans zum Einsatz. Anschließend wird die Operationskette der Objekte von der Rohmaterialauswahl und -gewinnung über die Fertigung und Nutzung von Geräten bis zur Ablage und natürlichen Veränderung rekonstruiert. Ferner soll die Funktion der "Klemmschäfte" über die Analyse von Gebrauchsspuren sowie den praktischen Einsatz nachgebauter Exemplare geprüft werden. Die Holzartefakte der Fundstellen von Schöningen sollen anschließend untereinander verglichen werden, um Hinweise auf verschiedene Funktionen und mögliche diachrone Entwicklungen zu erhalten. Um die Bedeutung von Holz für das europäische Paläolithikum besser zu verstehen, sollen die Gesamtergebnisse zu Schöningen mit weiteren Holzartefakten europäischer Fundstellen verglichen werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung