Detailseite
Projekt Druckansicht

Die Gewährleistung von Mindestarbeitsbedingungen in der globalen Lieferkette – „menschenwürdige Arbeit“ aus deutscher und kongolesischer Sicht

Fachliche Zuordnung Privatrecht
Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Förderung Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 456281967
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) will der deutsche Gesetzgeber „menschenwürdige Arbeit“ für alle Arbeitnehmer entlang der Lieferketten deutscher Unternehmen gewährleisten und so einen Beitrag zur globalen sozialen Gerechtigkeit leisten. Deutsche Unternehmen mit mindestens 3000 Arbeitnehmern sind nach dem LkSG verpflichtet, unternehmensorganisatorische Vorkehrungen zum Schutz menschenrechtlicher Rechtspositionen zu treffen. Das geförderte Projekt hat die vom LkSG geschützten, inhaltlich oft sehr unbestimmten menschenrechtlichen Rechtspositionen (§ 2 Abs. 1, 2 LkSG) untersucht, um den Gewährleistungsgehalt „menschenwürdiger Arbeit“ zu bestimmen und für die Rechtspraxis zu konkretisieren. Die Untersuchung hat gezeigt, dass weder im Völkerrecht noch im nationalen Recht ein bestimmter Kanon arbeitsrechtlicher Positionen besteht, die menschenwürdige Arbeit kennzeichnen. Aus der deutschen Arbeitsrechtslage lässt sich lediglich ein ungefährer Rahmen dessen gewinnen, was „menschenwürdige Arbeit“ nach § 2 Abs. 1, 2 LkSG konkret ausmacht. Auch im Vergleich mit der Rechtslage in der Demokratischen Republik Kongo als einem der Länder, in dem das LkSG eine spürbare Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen bewirken könnte, zeigt sich kein klarer Gehalt der „menschenwürdigen Arbeit“, trotz in etwa gleichem Arbeitsrechtsbestand im einfachen Recht. Der deutsche Gesetzgeber legt dem LkSG mithin ein eigenes, aber in wesentlichen Punkten unbestimmtes Verständnis von menschenwürdiger Arbeit zugrunde. Daneben zeigt die Untersuchung weitere Regelungsdefizite des LkSG auf. So blenden die § 2 Abs. 1, 2 LkSG das in der DR Kongo wie in vielen Ländern des globalen Südens dominante Phänomen der informellen Beschäftigung weitgehend aus. Eine Regulierung von Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer erfasst nur eine Minderheit der örtlichen Erwerbsbevölkerung. Außerdem ist der dem LkSG zugrundeliegende Regulierungsansatz, den Arbeitnehmern die deutsche Rechtsordnung und Staatlichkeit gleichsam als Ergänzung zur Rechtsordnung und Staatlichkeit ihres Beschäftigungsortes zur Verfügung zu stellen, in Staaten mit prekärer Lebenssituation der örtlichen Bevölkerung (bewaffnete Konflikte, Analphabetismus, fehlende Infrastruktur) nur eingeschränkt zielführend. Und schließlich wird die Funktionsfähigkeit des Regelungsansatzes nach § 6 Abs. 4 LkSG, über die Marktmacht des an der Spitze der Lieferkette stehenden Unternehmens bestimmte Mindestarbeitsbedingungen kraft Vertragsgestaltung mit den Zulieferern gleichsam „nach unten“ in der Lieferkette bis zu deren Beginn „durchsickern“ zu lassen, durch Rohstoffabhängigkeiten deutscher Unternehmen (und damit durch Abhängigkeit von bestimmten Zulieferern) infrage gestellt. Die Projektergebnisse legen insgesamt nahe, dass das LkSG die Arbeitsbedingungen in den globalen Lieferketten nicht im vom Normgeber angestrebten Umfang verbessern werden wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung