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Geschichte mittlerer und kleiner jüdischer Unternehmen in Frankfurt am Main und Breslau 1929/39 bis 1945

Antragsteller Professor Dr. Jörg Baberowski, seit 6/2007
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2007 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 48308995
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In dem Projekt ist es gelungen, eine umfangreiche Datenbasis zur jüdischen Gewerbegeschichte in Frankfurt am Main und Breslau während der 1920er und 1930er Jahre zu gewinnen. Für Frankfurt konnten etwa 2.600, für Breslau etwa 2.000 mittlere und kleine Unternehmen in jüdischem Besitz identifiziert und in einer Datenbank erschlossen werden. Mittels dieser Daten konnten die Strukturen und Veränderungen der jüdischen Gewerbetätigkeit präzise beleuchtet werden. Diese fand in beiden Städten ihre tragende Säule im Handel mit Textilien und Bekleidung und hatte sich vom 19. Jahrhundert bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung kaum verändert. Die Aufschlüsselung nach Branchen brachte des Weiteren ans Licht, dass der Prozess der wirtschaftlichen Verdrängung und Ausschaltung der Juden sich in den deutschen Großstädten als Überlagerung unterschiedlicher Teilprozesse mit je eigener Dynamik entfaltete, von der verschiedene Gewerbezweige und Betriebstypen in unterschiedlicher Weise betroffen waren. Die Großstädte Frankfurt und Breslau boten jüdischen Gewerbetreibenden dabei wesentlich größere Spielräume für die wirtschaftliche Selbstbehauptung als Kleinstädte und ländliche Gemeinden, so dass in beiden Städten das jüdische Gewerbeleben erst mit den Gewaltmaßnahmen im Zuge des Novemberpogroms entscheidend zerschlagen wurde. Bis 1938 hatte hingegen die große Mehrheit der dortigen jüdischen Unternehmer mittels spezifischer Überlebensstrategien und mit Unterstützung der jüdischen Gemeinde ihre Betriebe aufrechterhalten können. Für Frankfurt am Main konnten aufgrund der Quellenlage auch die Entwicklung „arisierter“ Unternehmen während des Krieges und Auseinandersetzungen um eine Rückerstattung jüdischen Unternehmensvermögens in der Nachkriegszeit in die Untersuchung einbezogen werden. In Breslau wurde dagegen der geographische Fokus auf die Region Niederschlesien erweitert. Über die Frankfurter Projektergebnisse wurde in der Presse (FAZ vom 8.11.2013) berichtet; auch eine Ausstellung im Frankfurter Jüdischen Museum zur Geschichte der jüdischen Kosmetikfirma Dr. Albersheim konnte darauf aufbauen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Antisemitisme et exclusion de la communaute juive à travers la presse juive de Breslau et de Basse-Silesie, 1925-1938, in: Florence Lelait, Agnieszka Niewiedzial und Malgorzata Smorag-Goldberg (Hrsg.), Memoire(s) de Silesie : Terre multiculturelle, mythe ou realite?, Paris 2009, S. 61-72
    Ingo Loose
  • Die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der deutschen Juden 1933-1945. Ein Literatur- und Forschungsbericht, in: Archiv für Sozialgeschichte 49 (2009), S. 561- 613
    Benno Nietzel
  • Alte Heimat in der neuen: Der Verband ehemaliger Breslauer und Schlesier in Israel e.V. und seine Mitteilungen, 1958-2008, in: Maximilian Eiden (Hrsg.), Von Schlesien nach Israel. Juden aus einer deutschen Provinz zwischen Verfolgung und Neuanfang, Görlitz 2010, S. 46-64
    Ingo Loose
  • Die Prüfungsausschüsse für Arisierungsfragen bei den hessischen Industrie- und Handelskammern 1945-1947. Ein Beitrag zur Vor- und Subgeschichte der Wiedergutmachung für NS-Unrecht, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 60 (2010). S. 103-125
    Benno Nietzel
  • Nazi Persecution and Strategies for Survival. Jewish Businesses in Berlin, Frankfurt am Main and Breslau 1933-1942, in: Yad Vashem Studies 39 (2011), S. 31-70
    Christoph Kreutzmüller, Ingo Loose, Benno Nietzel
  • Neuere Literatur zur Wiedergutmachung von NS-Unrecht in Deutschland, in; Neue politische Literatur. Berichte über das internationale Schrifttum 2/2011, S. 207-234
    Benno Nietzel
  • Handeln und Überleben. Jüdische Unternehmer aus Frankfurt am Main 1924-1964. Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 204, Göttingen, 2012, 384 S.
    Benno Nietzel
  • Karla Wolff: Ich blieb zurück. Erinnerungen an Breslau und Israel. Mit einem Geleitwort von Uwe Neumärker. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Ingo Loose. Berlin 2012 (Jüdische Miniaturen, Bd. 119)
    Ingo Loose
  • Sichtbarkeit/Unsichtbarkeit. Die Konstruktion „jüdischer Unternehmen“ und die Öffentlichkeit der Judenverfolgung in Frankfurt am Main 1933-1939, in: Christiane Fritsche/Johannes Paulmann (Hrsg.), „Arisierung“ und „Wiedergutmachung“ in deutschen Städten, Köln/Weimar/Wien, 2014, S. 65-87.
    Benno Nietzel
  • Verfolgung, Beraubung und der Kampf um die Erinnerung. Jüdische Unternehmer aus Frankfurt am Main zwischen Nationalsozialismus und Nachkriegszeit, in: J. Osterloh/H. Wixforth (Hrsg.), Unternehmer und NS-Verbrechen. Wirtschaftseliten im „Dritten Reich“ und in der Nachkriegszeit, Frankfurt a.M./New York 2014 (Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts Bd. 23), S. 65-85.
    Benno Nietzel
  • Nazi Economic Policy, Middle-Class Protection and the Liquidation of Jewish Businesses 1933-1939. In: Christoph Kreutzmüller/Michael Wildt/Moshe Zimmermann (Hrsg.), National Economies: Volks-Wirtschaft, Racism and Economy in Europe between the Wars (1918-1939/45), Newcastle 2015, S. 108-120.
    Benno Nietzel
  • The Decline and Destruction of Jewish Entrepreneurship in Breslau and Silesia, 1925-1943, in: Christoph Kreutzmüller/Michael Wildt/Moshe Zimmermann (Hrsg.), Volks-Wirtschaft, Racism and Economy in Europe between the Wars (1918-1939/45), Manchester 2015, S. 80-96.
    Ingo Loose
 
 

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