Bearbeitungszentrum für die Schwerzerspanung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Aufgrund des steigenden Anteils der Titanwerkstoffe insbesondere in der Luftfahrtindustrie ist die Untersuchung von Schwerzerspanungsvorgängen und deren Wirkung auf die Maschinenstruktur besonders wichtig. Für diesen aktuellen Forschungsbereich wurden mit Hilfe der beschafften Maschine Forschungsprojekte durchgeführt. In einem wichtigen Projekt im Bereich der Schwerzerspanung wurde der Einfluss des Kühlschmierstoffes (KSS) auf die Zerspanleistung beim Fräsen der Titanlegierung TiAl6V4 untersucht. Betrachtet wurden verschiedene KSS-Medien und -Konzentrationen. Der Einfluss der unterschiedlichen Kühlschmierstoffe wurde anhand des Leistungsverhaltens von Hartmetall-Schaftfräsern und -Eckfräsern für die Schrupp- und Schlichtbearbeitung des Titanwerkstoffes bewertet. In diesem Projekt haben verschiedene KSS-Hersteller und drei Werkzeughersteller zusammen mit dem WZL festgestellt, dass wassermischbare, chlorfreie Kühlschmierstoffe aufgrund ihrer optimalen Kühlwirkung, guten Schmierung und Umweltverträglichkeit für die Fräsbearbeitung der Ti-Legierung TiAl6V4 prädestiniert sind. Für eine Hochleistungszerspanung von TiAl6V4 muss die Auswahl des KSS-Mediums an den Schneidstoff, die Werkzeuggeometrie, die Werkzeugbeschichtung und die Schnittparameter optimal angepasst werden. Eine Aussage über den wirtschaftlichen Einsatz eines bestimmten KSS ist somit von Fall zu Fall zu treffen. In einem weiteren Projekt wurde ein Tauchfräsprozess für die Fertigung von Komponenten für Flugzeuglandebeine aus unterschiedlichen Titanlegierungen entwickelt. Bei der Herstellung von Flugzeuglandebeinen sind hohe Zeitspanvolumina gefordert. In der Ausgangssituation wurden diese Komponenten durch konventionelles Stirnfräsen auf einer Mehrspindelfräsmaschine gefertigt Als Werkstoff kam die Titanlegierung Ti 10-2-3 zum Einsatz. Zukünftig soll dieser Werkstoff durch die höherfeste Legierung Ti 5-5-5-3 substituiert werden. Dieser Werkstoff ist durch eine höhere Festigkeit, die allerdings mit einer schlechteren Zerspanbarkeit einher geht gekennzeichnet. Ergebnis sind Empfehlungen für die Auswahl von Schneidstoffen, Werkzeuggeometrie und Schnittparameter mit denen eine wirtschaftliche Fertigung der Landebeinkomponenten durch das Tauchfräsen möglich ist. In einem dritten Projekt wurde das Fräsen von INCOLOY 909 und A286 untersucht. Das Messerkopfstirnfräsen erfolgte bei unterschiedlichen, an das jeweilige Werkzeugkonzept angepassten Schnittbedingungen. Für die Untersuchungen standen unterschiedliche Messerkopffräser zur Verfügung, die sich hinsichtlich der Anzahl und der Geometrie der Schneiden unterschieden. Die eingesetzten Wendeschneidplatten variierten in Substrat, Geometrie und Beschichtung. In den Schruppfräsversuchen zeigte sich, dass sowohl mit steigender Anzahl der Schneiden als auch mit zunehmender Zähigkeit des Substrates die Menge und die Größe der auftretenden Schneidkantenausbrüche abnahm. Mit einem optimal abgestimmten Fräskonzept konnte schließlich ein prozesssicheres Einsatzverhalten realisiert werden. Als Referenz zu den Messerkopffräsern kam ein Schaftfräser zum Einsatz, der unter den gewählten Schnittbedingungen eine sehr gute Leistungsperformance erreichte. Abstriche mussten hier lediglich beim erreichten Zeitspanungsvolumen gemacht werden. Darüber hinaus konnten weitere Projekte von dem beschafften Bearbeitungszentrum profitieren, da dieses wichtige Verifizierungsversuche ermöglichte. Das EU-Projekt „Next" beispielsweise, in welchem eine steuerungsintegrierte Prozessüberwachung untersucht wurde, nutze die Werkzeugmaschine für die notwendige Verifizierungsversuche. Ein weiteres EU-Projekt, „Chameleon", treibt die Entwicklung aktiver Zusatzsysteme in Werkzeugmaschinen voran, welche die dynamischen Eigenschaften einer Werkzeugmaschine verbessern sollen. In diesem Rahmen entstand eine aktive Werkstückauflage, welche mittels zweier hoch dynamischen Zusatzachsen die Verlagerungen zwischen Werkstück und Werkzeug kompensiert. In einer Stabilitätssimulation konnte eine Steigerung der Produktivität der Werkzeugmaschine durch den Einsatz der aktiven Werkstückauflage festgestellt werden. Die Verifikation dieser Simulation wird an dem beschafften Bearbeitungszentrum durchgeführt. In einem weiteren Arbeitspunkt dieses Projektes entwickelte das WZL einen aktiven Filter zur Minimierung von Resonanzüberhöhungen während der Bearbeitung. Hierzu wurde der Lageregelkreis der Maschine untersucht. Neben der Forschung hat die Werkzeugmaschine einen wesentlichen Beitrag im Bereich der Ausbildungstätigkeit und Lehre geleistet. In den Vorlesungen „Werkzeugmaschinen - Diplom/Bachelor" und „Messtechnik und Strukturanalyse im Werkzeugmaschinenbau - Diplom/Master" konnten die Studenten an dieser Maschine eine Vorstellung gewinnen, inwiefern eine Maschine zur Schwerbearbeitung besonders gestaltet und konstruiert ist. Neben der klassischen Lehre wurde die Maschine bei Fortbildungsseminaren und Arbeitskreisen eingesetzt. Diese dienen der Fortbildung von Mitarbeitern aus Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus und vermitteln die aktuelle Forschungs- und Entwicklungsarbeiten des WZL. Genannt sei hier beispielsweise das Basisseminar Zerspantechnik, das Aachener Werkzeug- und Formenbau (AWF) Kolloquium und der Technologie-Arbeitskreis des WZL.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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In Process Identification of Cutting Condition Using Digital Drive Signals. 2nd CIRP International Conference on Process Machine Interactions, Vancouver, Juni 10-11, 2010
Brecher, Christian; Rudolf, Thomas
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Kühlung mit flüssigem Stickstoff erhöht Werkzeugstandzeit. MM MachinenMarkt 2011, Heft Nr 15, Seite 26-29
Klocke, Fritz; Krämer, Alexander; Lung, Dieter
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Use of NC kernel data for surface roughness monitoring in milling operations. The International Journal of Advanced Manufacturing Technology, April 2011, Jahrgang 53, Heft 9-12, Seite 953-962
Brecher, Christian; Quintana, Guille; Rudolf, Thomas; Ciurana, Joaquim