Erwerbs- und Betreuungspotenziale von Paaren mit Kindern: Realisierungschancen einer gleichmäßigen Arbeitsteilung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Ziel des Projektes bestand darin, der Frage nach der Aufteilung der Erwerbsarbeit bei Paaren mit Kindern mittels der Verwendung amtlicher Mikrodaten nachzugehen. Dabei wurden nicht nur die praktizierten Erwerbsmodelle, sondern auch die darüber hinaus gehenden Arbeitszeitwünsche von Frauen untersucht. Auf dieser Grundlage wurde analysiert, welche sozialstrukturellen Determinanten erklären, dass einige Mütter eher traditionelle, andere eher egalitäre Erwerbsmodelle in der Partnerschaft präferieren, und ob sich die Erklärungsmechanismen für ost- und westdeutsche Frauen unterscheiden. In einem weiteren Schritt wurde das Ziel verfolgt, die zur Realisierung egalitärer Erwerbsmodelle günstigen Rahmenbedingungen und Gelegenheitsstrukturen aufzudecken. Insgesamt lässt sich festhalten, dass trotz einer leichten Annäherung der Erwerbsquoten von ost- und westdeutschen Frauen auf Ebene von Paarbeziehungen nach wie vor große Unterschiede in der Aufteilung der Erwerbsarbeit zu finden sind, sich bei Betrachtung der Präferenzen erwerbstätiger Mütter und der Realisierungschancen egalitärer Modelle jedoch ähnliche Erklärungsmechanismen finden lassen: Die Aufteilung der Erwerbsarbeit bei Paaren mit Kindern ist im Westen weiterhin vom traditionellen Modell mit männlichem Hauptverdiener geprägt, während im Osten gleichmäßige Erwerbskonstellationen vorherrschen. Dabei scheint die Erwerbstätigkeit von Müttern in Ostdeutschland keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein: die Wahrscheinlichkeit einer Erwerbstätigkeit von Müttern hängt in beiden Landesteilen von ihrem Bildungsniveau sowie dem Alter des jüngsten Kindes ab. Bei der Betrachtung erwerbstätiger Paare bestätigt sich für beide Landesteile die aus der Haushaltsökonomie abgeleitete These, dass sich eine hohe Qualifikation nur des Mannes negativ, eine hohe Qualifikation der Frau dagegen positiv auf die Wahrscheinlichkeit eines egalitären Modells auswirkt. Die Bedeutung eines Hochschulabschlusses auf die Vollzeittätigkeit der Frau ist dabei im Westen höher als im Osten. Die Frage, welche Mütter einen Wunsch nach einer höheren Arbeitszeit äußern, lässt sich dahingehend beantworten, dass es sich dabei im Westen v. a. um Frauen mit weniger als 15 Wochenstunden handelt, im Osten auch viele Frauen mit eine Arbeitszeit von über 30 Wochenstunden mehr arbeiten möchten. Während im Westen zwischen Müttern mit einem Wunsch innerhalb des Teilzeitbereichs und dem Wunsch nach Vollzeittätigkeit unterschieden werden kann, überwiegt im Osten der Wunsch nach einer Vollzeittätigkeit. Egalitäre Präferenzen sind auch unter Berücksichtigung der nicht umgesetzten Arbeitszeitwünsche unter ostdeutschen Frauen sehr viel stärker verbreitet. Gleichwohl steigt mit dem Alter des jüngsten Kindes sowohl für west-, als auch für ostdeutsche Frauen die Wahrscheinlichkeit, ein egalitäres Modell zu präferieren. Ist der Mann höher qualifiziert als die Frau, sinkt die Wahrscheinlichkeit in beiden Landesteilen. Während sich im Westen v. a. Frauen mit Hochschulabschluss durch egalitäre Präferenzen auszeichnen, spielen derartige Unterschiede im Bildungsniveau ostdeutscher Frauen keine große Rolle. Die Analyse der Realisierungschancen egalitärer Präferenzen konnte zeigen, dass die Umsetzung des Modells in beiden Landesteilen von beruflichen Rahmenbedingungen beeinflusst wird. Für selbständige Frauen und Frauen mit Leitungsfunktion sowie bei einer Beschäftigung in großen Betrieben ist die Realisierung einer egalitären Arbeitsteilung am wahrscheinlichsten. Flexible Arbeitszeiten und Heimarbeit scheinen sich eher dann positiv auszuwirken, wenn beide Partner von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen sinkt die Realisierungschance eines egalitären Modells eher, und zwar besonders dann, wenn nur die Frau von einer Befristung betroffen ist. Für Westdeutschland deuten die Ergebnisse zudem auf einen Zusammenhang zwischen der Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren und der Realisierung einer egalitären Arbeitsteilung hin.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2008): Erwerbsbeteiligung im Paarkontext. Praktische Übungen. Workshop „Einführung in familien- und haushaltsbezogene Analysen mit dem Mikrozensus“, GESIS-Workshop, Organisation Jeanette Bohr und Heike Wirth, 11.-12.03.2008, Mannheim
Bohr, Jeanette
- (2009): Aufteilung der Erwerbsarbeit bei Paaren mit Kindern in Ost- und Westdeutschland. 6. Nutzerkonferenz „Forschung mit dem Mikrozensus. Analysen zur Sozialstruktur und zum sozialen Wandel“, 15.-16.10.2009, Mannheim
Bohr, Jeanette