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Die Mathematik im Jenseits der Kulturwissenschaften. Zur literarischen und kulturellen Konstruktion des Mathematischen zwischen 1880 und 1950

Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2007 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 49803772
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hat die literarischen und kulturellen Repräsentationen des Mathematischen, wie sie seit der Frühen Neuzeit in der ,nicht-mathematischen Rede über Mathematik' auftreten, untersucht und ihren Stellenwert zum einen in der literarischen, ästhetischen und kulturwissenschaftlichen Theorie- und Modellbildung, zum anderen in den Selbstrepräsentationen der Mathematiker der Moderne analysiert. Der Fokus lag dabei auf Texten von Robert Musil, Hermann Broch, Oswald Spengler, Karl Mannheim, Max Weber, Leo Perutz, Michael Köhlmeier, Alfred Pringsheim, Felix Klein, Hermann Weyl, Theodor Vahlen und viele anderen. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass die Rede über Mathematik zwischen 1880 und 1950 sowohl von Dichtern, Philosophen und Kullurtheoretikern als auch von Mathematikern intensiv betrieben wird und sich Mathematiker wie Nicht-Mathematiker dabei bestimmter Topoi und 'Images' vom Mathematischen bedienen, die aus der Frühen Neuzeit stammen und bis heute in Selbst- und Fremdbeschreibungen der Mathematik kursieren. Dazu gehören beispielsweise die epistemologische Metapher des Wissensgebäudes, die Charakterisierung des „homo mathematicus" als iranischer oder auch streitlustiger Charakter oder Vorstellungen von der Gewissheit, Konstruktivität, Ahistorizität, Artifizialität und Ästhetizität mathematischen Wissens. Durch die vergleichende Analyse dieser Vorstellungen hat das Projekt zugleich Einblicke in die Bedingungen und Faktoren eröffnet, die zur literarischen und kulturwissenschaftlichen Marginalisierung des Mathematischen geführt, das heißt - mit Hans Magnus Enzensberger gesprochen - die Mathematik ins 'Jenseits der Kultur' und ins 'Jenseits der Kulturwissenschaften' verbannt haben. Die an Methoden der Wissenstransferforschung und der Hermeneutik orientierte bidisziplinäre Untersuchung stellt den Versuch da, die Rede über Mathematik als Gegenstand der Literaturwissenschaft zu rehabilitieren und zu zeigen, was der genuin literaturwissenschaftliche Beitrag zur Reflexion des Mathematischen sein kann - und was nicht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Der Zufall in Robert Musils 'Mann ohne Eigenschaften'. Zur literarischen Bedeutung eines mathematischen Konzepts. In: Zahlen, Zeichen und Figuren. Mathematische Inspirationen in Kunst und Literatur, hg. v. Andrea Albrecht, Gesa von Essen, Werner Frick. Berlin 2011, S. 413-436
    Franziska Bomski
  • Einleitung, in: Zahlen, Zeichen und Figuren. Mathematische Inspirationen in Kunst und Literatur, hg. v Andrea Albrecht, Gesa von Essen, Werner Frick. Berlin 2011, S. 1 -17
    Andrea Albrecht, Gesa von Essen, Werner Frick
  • Evariste Galois ou le roman du mathematicien, in: Revue d'Histoire des Mathematiques 17 (2011), S. 403-435
    Andrea Albrecht, Anne-Gaelle Weber
  • Fiktum versus Faktum? Nicht-mathematische Dialoge mit der Mathematik. Berlin 2011
    Franziska Bomski/Stefan Suhr (Hg.)
  • Mania and Inspiration. On Max Weber's Image of Mathematics, in: Fiktum versus Faktum. Nicht-mathematische Dialoge mit der Mathematik, hg. von Franziska Bomski, Stefan Suhr, Berlin 2011, S, 41-58.
    Andrea Albrecht, Christian Blohmann
  • Zahlen, Zeichen und Figuren. Mathematische Inspirationen in Kunst und Literatur (FRIAS-Reihe: linguae & litterae) Berlin 2011
    Andrea Albrecht, Gesa von Essen und Werner Frick (Hrsg.)
  • „Allezeit unparteiliche Gemüther"? - Formen und Funktionen des Streitens über Mathematik im 17. und 18. Jahrhundert, in: Zeitsprünge. Forschungen zur Frühen Neuzeit, Sonderband Gelehrte Polemik. Intellektuelle Konfliktverschärfung um 1700, hg. v. Kai Bremer, Carlos Spoerhase, Frankfurt am Main 2011, S. 282-311
    Andrea Albrecht
  • „Spuren menschlicher Herkunft". Mathematik und Mathematikgeschichte in der deutschen Gegenwartsliteratur (Daniel Kehlmann, Michael Köhlmeier, Dietmar Dath), in: Zahlen, Zeichen und Figuren. Mathematische Inspirationen in Kunst und Literatur, hg. v. Andrea Albrecht, Gesa von Essen, Werner Frick. Berlin 2011, S. 543-563
    Andrea Albrecht
  • „Stockphilologen einerseits" und die „blos beobachtenden Naturforscher andrerseits" - Zu Wilhelm Diltheys Vorstellung von der universitas litterarum und seinem Ideal disziplinärer Konzilianz, in: 200 Jahre Berliner Universität. 200 Jahre Berliner Germanistik 1810-2010 (Teil III) (Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge, Bd. 23), hg. v. Brigitte Peters und Erhard Schütz, Bern 2011, S. 81-104
    Andrea Albrecht
  • Heisenberg und Goethe - Physik und Dichtung. Strategien naturwissenschaftlicher und bildungsbürgerlicher Selbstdarstellung am Beispiel von Werner Heisenbergs Goethe-Vorträgen (1941 und 1967). In: Scientia Poetica 15 (2012), S. 252-296
    Alexandra Skowronski
  • „The Day Without Evening": Leo Perutz, Evariste Galois, and Augustine, in: The Journal of Humanistic Mathematics, 2 (1), (2012) S. 2-21
    Andrea Albrecht
    (Siehe online unter https://doi.org/10.5642/jhummath.201201.03)
  • Die Mathematik im Denken und Dichten von Novalis. Zum Verhältnis von Literatur und Wissen um 1800 (zugl. Dissertation). Berlin, De Gruyter, 2014. 246 S. gesamt. 9783050063874
    Franziska Bomski
 
 

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