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Kortikale Mechanismen anhaltender Aufmerksamkeit im menschlichen Tastsinn

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 51544387
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Schwerpunkt des Projektes lag in der Untersuchung neuronaler Dynamiken langanhaltender Aufmerksamkeit (sustained attention) im Tastsinn. Zu diesem Zweck wurden unsere Probanden in einer Reihe von Experimenten mit vibrotaktilen Stimuli stimuliert, die gleichzeitig an mehreren Fingern über mehrere Sekunden dargeboten wurden. Diese kontinuierlichen Stimuli evozieren das somatosensorische Steady-state Potential (SSSEP), welches als kontinuierliches, sinusoidales Signal im menschlichen EEG/MEG gemessen werden kann. Die Überführung des gemessenen Signals in den Frequenzraum über z.B. eine Fast Fourier Transformation (FFT) resultiert in spektralen Amplitudenmaxima in derselben Frequenz, wie die treibenden vibrotaktilen Stimuli (und deren Harmonische). Im ersten Schwerpunkt des Projektes haben wir uns die Modulation des SSSEP Signals in Abhängigkeit der räumlichen Aufmerksamkeitszuwendung angeschaut. Im zweiten Schwerpunkt des Projektes sind wir der Frage nachgegangen, ob „working memory“ in der somotosensorischen Modalität, ähnlich wie in der visuellen, über räumliche Information definiert ist. Die Anfangsphase des Projektes beinhaltete eine lange Reihe von Pilotuntersuchungen, die teilweise, aber nicht erschöpfend im Arbeitsbericht aufgelistet sind. Auf der einen Seite waren diese „Piloten“ notwendig, um die vibrotaktile Stimulation selbst zu testen (etwa sinusoid oder amplitudenmoduliert), auf der anderen Seite waren sie erforderlich, um Programme zur Schwellenbestimmung zu installieren und die physikalischen Eigenschaften von Einzelereignissen die im Stimulusstrom eingebettet waren zu testen. In der Zusammenschau ergibt sich folgendes Bild: Die Amplitude des SSSEPs wird reliabel über räumliche Aufmerksamkeitsprozesse moduliert. Allerdings zeigte sich in allen Experimenten, dass diese Modulation bei weitem nicht so einheitlich ist, wie dies in der visuellen Modalität der Fall ist. Grob geschätzt kann man sagen, dass zirka bei einem Drittel der jeweils getesteten Probanden(innen) entweder keine Aufmerksamkeitseffekte, oder sogar umgekehrte Effekte (also größere Amplituden für den zu ignorierenden Finger) vorhanden waren und dies ohne erkenntlich Verhaltenseffekte. Diesem Muster sind wir ebenfalls in einer Reihe von Pilotexperimenten nachgegangen (etwa Stimulationsfrequenz oder das Finden einer „Baseline“ wie etwa Aufmerksamkeit ganz weg von der taktilen Modalität), in der Hoffnung eine Systematik zu entdecken, was uns aber leider nicht gelungen ist und somit weiterhin eine offene Frage bleibt. In den Hauptuntersuchungen sind wir dann der Frage nachgegangen welchen Einfluss die räumliche Distanz hat (etwa Stimulation innerhalb einer Hand oder getrennt linke Hand und rechte Hand). Die Ergebnisse sind im Arbeitsbericht festgehalten (siehe auch Poster). Weiterhin haben wir die Rolle des peripersonalen Raumes untersucht. Hier konnten wir zeigen, dass die SSSEP Amplitudenmodulation am größten war wenn die Probanden eine deutliche Trennung beider Hände im visuellen Feld hatten. In der zweiten Untersuchungslinie haben wir uns dann entschieden, gegeben der Variationen im SSSEP Signal, somatosensorisch evozierte Potentiale (SEPs) als abhängige Variablen zu untersuchen. In einer Reihe von 4 Experimenten, von denen schon 3 in „high impact“ Fachzeitschriften veröffentlicht sind, konnten wir zeigen, dass räumliches „working memory“ in der somatosensorischen Modalität klar über räumliche Behaltensprozesse gesteuert wird. Dabei kamen Designs mit „retro-cues“ zum Einsatz und die räumliche Aufmerksamkeit wurde über „Probestimuli“ während des Behaltensintervalls untersucht. Die Ergebnisse stellen damit die Rolle der sogenannten „zentralen Exekutive“, wie sie im Modell von Baddeley postuliert wurde, in Frage.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Common mechanisms of spatial attention in memory and perception: a tactile dual-task study. Cerebral Cortex, 2012
    Katus, T., Andersen, S.K., Müller, M.M.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/cercor/bhs350)
  • Maintenance of tactile short-term memory for locations is mediated by spatial attention. Biological Psychology, 2012, 89, 39-46
    Katus, T., Andersen, S.K., Müller, M.M.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.biopsycho.2011.09.001)
  • Non-spatial cueing of tactile short-term memory causes shift of spatial attention. Journal of Cognitive Neuroscience, 2012, 24, 1596- 1609
    Katus, T., Andersen, S.K., Müller, M.M.
 
 

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