Rasterkraftmikroskop
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Untersuchungen von biogenen Materialien (Schmahl et al.): Wie sind die Schalen, Knochen und Zähne von Organismen aufgebaut? Mit welchen Strategien und Mechanismen werden diese Materialien synthetisiert? Welche einzigartigen physikalischen und chemischen Eigenschaften besitzen sie? Was sagen uns die biogenen Materialien über die Umweltbedingungen bei ihrer Entstehung? Antworten auf diese Fragen zu finden, ist Ziel von Untersuchungen der Mikrostruktur, der kristallographischen Textur, der physikalischen und chemischen Eigenschaften und der Oberflächenmorphologie von biogenen Materialien. Das AFM dient dabei zur allgemeinen Oberflächencharakterisierung aber auch zur Untersuchung der Reaktivität von biogenen Materialien an spezifischen Stellen in Hochauflösung. Untersucht wurden bisher zum Beispiel Schalen von Terebratulina septentrionalis, Gryphus vitreus, Mergerlia truncata, Lingula anatina, Discradisca stella sowie Zähne und Stacheln von Paracentrotus lividus. Insbesondere gelang der Nachweis einer internen Nanostruktur in den Calcit-Faserkristalliten von Brachiopoden. Damit ist deren mesokristalliner Aufbau bewiesen. Untersuchungen der Wirkung von Kieselsäuren auf das Calcitwachstum (Jordan et al.): Mit den in diesem Projekt durchgeführten AFM-Experimenten konnten erstmals die Auswirkungen von (Poly-)Kieselsäuren auf das Wachstum von Calcitkristallen auf molekularer Ebene untersucht werden. Kieselsäuren führen beim Kristallwachstum von Calcit zu einem bimodalen Promotor-Inhibitor-Effekt. Dabei wird das Wachstum an den Kinks wahrscheinlich weitgehend von Mono- und Oligomeren beeinflusst, die zunächst einen Anstieg und bei höheren Konzentrationen einen exponentiellen Abfall der Stufengeschwindigkeiten verursachen. Der Promotoreffekt kann wahrscheinlich mit einer partiellen Desolvatation der Ca-Ionen durch die Mono- und Oligomere erklärt werden, was einen beschleunigten Einbau dieser Ca-Ionen erlaubt. Mit zunehmender Kieselsäurekonzentration nimmt die Promotorwirkung ab und weicht der Inhibition, die nach der klassischen Theorie entweder auf eine Blockade der Kinks durch das Additiv oder auf einen Additiveinbau zurückzuführen ist. Darüber hinaus führt aber auch eine zunehmende Komplexierung der Ca-Ionen in der Lösung zu einer Abnahme der Übersättigung. Ein Vergleich zwischen den Polymerisationszuständen der Kieselsäure und den in den AFM-Aufnahmen sichtbaren Polymeraggregaten auf der Calcitoberfläche ergab, dass die Stufengeschwindigkeiten weitgehend unabhängig von der Anzahl großer Kieselsäurepolymere sind. Große Kieselsäurepolymere führen jedoch sehr wahrscheinlich zu einer erhöhten zweidimensionalen Keimbildung auf der Oberfläche. Kieselsäuren stellen somit ein Additiv mit einem ganz besonderen Wirkungsspektrum dar. Dabei ist bemerkenswert, dass Kieselsäuren von Organismen auch in biosynthetischen Prozessen verwendet werden – Organismen also über die Möglichkeit verfügen, den Umgang mit Kieselsäuren zu steuern. Den Kieselsäuren könnte somit eine wichtige duale Funktion im Bereich der Biomineralisation zukommen: als Biomineralbaustein und als Steuersubstanz anderer Biominerale. MFM auf biologischen Proben (Winklhofer et al.): Von verschiedenen Organismen ist bekannt, dass sie über magnetische Sensorik verfügen. In diesem Zusammenhang besagt die Magnetit-Hypothese, dass spezialisierte Zellen ferrimagnetische Partikel bilden, die mit dem Erdmagnetfeld wechselwirken und einen Nervenreiz verursachen. Ein erster Schritt zur Verifizierung der Magnetit-Hypothese stellt die Identifikation von magnetischem Material im Nervengewebe dar. MFM ist dazu insbesondere deshalb geeignet, weil es ermöglicht, kleine Mengen magnetischen Materials zu detektieren ohne das umgebende Gewebe zu zerstören. Darüber hinaus kann MFM auch dazu benutzt werden, um herauszufinden, ob magnetische Nanopartikel eine stabile Remanenz besitzen oder superparamagnetisch sind. Im durchgeführten Forschungsprojekt wurden Gewebeproben der Fühler von Ameisen untersucht, von denen angenommen wird, dass sie einen Magnetorezeptor darstellen. Obschon von verschiedenen Eisenoxidkristallen im Gewebe der Fühler berichtet wurde, ist deren Verteilung im Volumen sowie deren magnetische Charakteristik unbekannt. Daher ist das Ziel der momentan durchgeführten Untersuchungen, das magnetische Moment der eisenreichen Partikel und ihre strukturelle Verteilung zu bestimmen. Als Referenz wurden zunächst magnetische Strukturen auf Datenspeichern im sogenannten Hoover-Modus visualisiert und die Messungen anschließend auf magnetotaktische Bakterien mit Magnetitketten ausgeweitet. Dabei zeigte sich, dass eine zuverlässig quantitative Detektion des magnetischen Moments bei einer zunehmend steilen und rauen Oberflächenmorphologie zunehmend ungenauer wird. Die Untersuchungen an den Referenzoberflächen werden gegenwärtig fortgeführt. Darüber hinaus werden Präparationsversuche durchgeführt (Dünnschnitte an eingebetteten Proben) mit dem Ziel, die Rauigkeit der Probenoberfläche weiter zu reduzieren. Wechselwirkung von heterotrophen Bakterien mit Diopsidoberflächen (Pokrovsky et al.): Kenntnisse über die Wechselwirkung zwischen Bakterien und basischen Silikatmineralen zu erlangen, gehört sicherlich zu den größten Herausforderungen, um Informationen über die Faktoren zu erhalten, die die Verwitterung von Ca-Mg-Silikaten und den assoziierten CO2-Verbrauch steuern. Im Forschungsprojekt wird ein kombinierter Ansatz aus makroskopischen und mikroskopischen Untersuchungen an heterotrophen aeroben Bakterien durchgeführt, die aus Tiefenwässern (1700 m, T = 25-30 °C) und aus einem basaltischen Aquifer (Hellisheidi, Island) extrahiert wurden. Diopsid wurde gewählt, weil das Mineral häufig Bestandteil von CO2-Sequestrierungsszenarios ist. AFM-Untersuchungen ermöglichen eine in-situ Charakterisierung des Zustands der Diopsidoberflächen in Gegenwart von lebenden und abgetöteten Bakterien (Pseudomonas reactans und Pseudomonas aureofaciens) mit hoher Ortsauflösung. Eine intensive Besiedlung der Diopsidoberflächen durch einen biofilmartigen Bakterienverbund konnte nach 1-2 Tagen in einer Nährlösung beobachtet werden. Die ausgiebige Produktion von EPS verhinderte eine Abbildung einzelner Zellen im dicken Biofilmüberzug. Im Gegensatz dazu konnten in nährlösungsfreien Experimenten nur einzelne Zellen auf der Diopsidoberfläche wahrgenommen werden. Orte einer präferentiellen Bakterien-Mineraloberflächen-Wechselwirkung (z.B. Kinks, Stufen, Kanten...) konnten bisher nicht festgestellt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
On the Bimodal Effects of Silicic Acids on Calcite Growth. Crystal Growth and Design 9, 4084–4090 (2009)
Carlos M. Pina, Casjen Merkel, Guntram Jordan
-
The hierarchical organization in biomaterials: from nanoparticles via mesocrystals to functionality. Seminario SEM (ISSN 1698-5478) 7, 5-21 (2010)
Wolfgang W. Schmahl, Klemens Kelm, Erika Griesshaber, Andreas Goetz, Guntram Jordan, Dayin Xu, Casjen Merkel, Uwe Brand, Alan Logan