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Fairness und Status unter Jugendlichen. Verhalten im Diktatorspiel in Abhängigkeit von der Schulform

Antragsteller Professor Dr. Ulf Liebe
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2007 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 52302750
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Dieses Projekt hat sich den Fragen gewidmet, inwieweit bei Jugendlichen „faires“/ altruistisches und „bedingt faires“/reziprokes Verhalten vorliegt, inwieweit das etwaige altruistische und reziproke Verhalten einen universellen oder statusbedingten Charakter hat und wie sich dies theoretisch erklären lässt. Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen wurde das sogenannte einfache und sequentielle Diktatorspiel mit 618 Schüler/-innen der neunten Klassenstufe in Berlin und Brandenburg durchgeführt, wobei die vier berücksichtigten Schulformen Hauptschule, Realschule, staatliches Gymnasium und Privatgymnasium die Statushierarchie bilden. Im einfachen Diktatorspiel konnten die Schüler/-innen jeweils 10 Euro zwischen sich und einem (anonymen) Schüler der Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Privatgymnasium aufteilen, wobei eine der vier Entscheidungen per Zufall ausgewählt und der Schülerin/dem Schüler das Geld entsprechend ihrer Entscheidung ausbezahlt wurde. Im sequentiellen Diktatorspiel haben die Schüler/-innen, experimentell manipuliert, entweder 2 Euro, 5 Euro oder 8 Euro von einem (anonymen) Schüler einer Hauptschule, Realschule und einem Gymnasium bekommen und konnten dann entscheiden, wie viel sie von neuen 10 Euro genau diesem Schüler abgeben. Eine der drei Entscheidungen wurde wiederum per Zufall ermittelt und die Schülerin/der Schüler hat jenen Betrag ausbezahlt bekommen, den sie/er in der ersten Runde vom anderen Schüler bekommen hat und jenen Betrag den sie/er von den neuen 10 Euro für sich behalten hat. Es zeigt sich im einfachen Diktatorspiel: Je höher der Status des Diktators, desto höher die abgegebenen Geldbeträge, und je höher der Status des Empfängers, desto geringer die abgegebenen Beträge. Im Durchschnitt geben demnach Privatgymnasiasten mehr ab als alle anderen Statusgruppen, Gymnasiasten mehr als Realschüler/-innen, Realschüler/-innen mehr als Hauptschüler/-innen usw. Zudem wird Privatgymnasiasten im Durschnitt weniger abgegeben als allen anderen Statusgruppen, Gymnasiasten weniger als Realschüler/-innen, Realschüler/-innen weniger als Hauptschüler/-innen usw. Diese Hauptbefunde lassen sich in einer konkurrierenden Theorieperspektive am besten mit der Annahme altruistischer Präferenzen erklären und weniger gut mit den theoretischen Konzepten „Warm-Glow Giving“, „In-Group Bias“ und „Noblesse Oblige“. Im sequentiellen Diktatorspiel wird deutlich, dass die Statuseffekte im einfachen Diktatorspiel nicht durch das Prinzip der Reziprozität verdrängt werden. Die abgegebenen Beträge variieren (nehmen zu) mit den Vorgaben 2 Euro, 5 Euro und 8 Euro, was die Annahme von Reziprozität stützt. Darüber hinaus geben vor allem statushöhere Gruppen im Durchschnitt mehr ab als statusniedrigere Gruppen, was, analog zum einfachen Diktatorspiel, Statuseffekte anzeigt. Diese Ergebnisse konnten in einer weiteren, kleineren Studie in Krankenhäusern mit den drei Statusgruppen „Krankenpflegeschüler/-innen“, „Krankenpfleger/-schwestern“ und „Ärztinnen/Ärzten“ repliziert werden. Schließlich wurde im Projekt eine Theorie sozialer Präferenzen entwickelt, die das Modell der Ungleichheitsaversion von Fehr und Schmidt modifiziert und explizit sozialen Status berücksichtigt. Obwohl diese Theorie für die Experimentaldaten nicht ohne weiteres erklärungskräftig ist, bietet sie etliche theoretische Ergebnisse und Möglichkeiten für empirische Tests von Statuseffekten (z.B. in bilateralen Verhandlungsbeziehungen).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2009: A Theory of Status-Mediated Inequity Aversion. Journal of Mathematical Sociology 33 (3): 157-195
    Tutic, Andreas, und Ulf Liebe
  • 2010: Status Groups and Altruistic Behaviour in Dictator Games. Rationality and Society 22 (3)
    Liebe, Ulf, und Andreas Tutic
 
 

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