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Erfassung der plastischen Anisotropie metallischer Werkstoffe durch Eindringversuche

Fachliche Zuordnung Mechanik
Förderung Förderung von 2001 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5234702
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die numerische Simulation von Umformvorgängen metallischer Werkstoffe mittels der Finite-Elemente-Methode erfordert eine möglichst exakte Beschreibung des Materialverhaltens. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Richtungsabhängigkeit der Werkstoffeigenschaften, insbesondere die plastische Anisotropie. Im Zusammenhang mit dem gewählten Lösungsweg (Ermittlung von Kraft-Eindring-Kurven / registrierende Härteprüfung als experimentelle Basis) ist nur eine phänomenologische Betrachtungsweise sinnvoll. Die Auswahl eines geeigneten Fließkriteriunis als wesentlicher Teil des Deformationsgesetzes erfolgte unter der Annahme, dass das Material eine konstante plastische Orthotropie bestitzt und damit die Verfestigung ausschließlich isotrop abläuft. Unter Beachtung dieser Voraussetzungen erweist sich die bei Blechwerkstoffen bewährte Fließbedingung nach Hill von 1948, welche auch für massive Halbzeuge angewendet werden kann, als geeignet. Sie wurde um die isotrope Verfestigung erweitert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die Fließbedingung nach Hill in ein Deformationsgesetz zur Beschreibung finiter elastisch-plastischer Verzerrungen eingebettet. Dieses basiert auf der multiplikativen Zerlegung des Deformationsgradienten. Neben der Fließbedingung enthält das in der Ausgangskonfiguration formulierte Deformationsgesetz (Lagrangesche Beschreibungsweise) die assoziierte Fließregel sowie eine Evolutionsgleichung für die plastische Bogenlänge (Vergleichsdehnung). Grundlage der thermodynamisch konsistenten Herleitung des Deformationsgesetzes als Algebro-Differenzial-Gleichungssystem war das Prinzip vom Maximum der plastischen Dissipation. Zur Zeitdiskretisierung des in das Randwertproblem eingebetteten Anfangswertproblems kam ein verallgemeinertes implizites Einschritt-Differenzenschema zur Anwendung. Das daraus folgende nichtlineare Gleichungssystem wurde mit Hilfe des Newton-Verfahrens gelöst. Dazu wurde das Deformationsgesetz in das Finite-Elemente-Forschnngsprogramm SPC-PM2AdNl der Technischen Universität Chemnitz implementiert. Neben der prinzipiellen Eignung eines Materialmodells zur Beschreibung des mechanischen Verhaltens einer Klasse von Werkstoffen erfordert die wirklichkeitsnahe Abbildung eines speziellen Werkstoffs die Identifikation der im Modell enthaltenen Materialparameter zur Charakterisierung seiner besonderen Eigenschaften. Hierfür ist die Lösung eines inversen Problems erforderlich, da die gesuchten Größen nicht direkt messbar sind. Basierend auf dem Vergleich von experimentell durchgeführten Eindringversuchen mit Ergebnissen der numerischen Simulation wurde das inverse Problem auf eine nichtlineare Optimierungsaufgabe (Fehlerquadratminimum) zurückgeführt. Als Vergleichsdaten können sowohl globale Größen (Kräfte) als auch lokale Größen (Verschiebungen) herangezogen werden. Für die Lösung von Quadratmittelproblemen steht eine Vielzahl an Verfahren zur Verfügung. Aufgrund der aufwändigen Berechnung des Wertes der Zielfunktion (Lösung mehrerer Anfangs-Randwert-Probleme mittels FEM in jedem Optimierungsschritt) eignen sich besonders gradientenbasierte Methoden, da diese in der Regel nur wenige Iterationen erfordern. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Varianten der Line-Search- und Trust-Region-Verfahren in das Programm SPC-Opt, welches das FEM-Programm SPC-PM2AdNl enthält, implementiert. Zusätzlich zur Bestimmung des Wertes der Zielfunktion erfordern gradientenbasierte Methoden die Ermittlung der ersten und gegebenenfalls zweiten Ableitungen der Zielfunktion nach den Materialparametern. Eine Möglichkeit zur Berechnung dieser Ableitungen stellt die semianalytische Sensitivitätsanalyse dar. Den Ausgangspunkt für die Bestimmung der Ableitungen der Verschiebungen nach den Materialparametern bildet die implizite Differenziation der schwachen Formulierung des Gleichgewichts. Als Voraussetzung für deren Berechnung werden die Ableitungen der Spannungen nach den Materialparametern benötigt. Dazu erfolgt die implizite Differenziation des zeitdiskretisierten und im Lastschritt ausiterierten Deformationsgesetzes. Die effiziente Nutzung der gleichen numerischen Strukturen wie in der Vorwärtsrechnung sowie der gegenüber einer numerischen Sensitivitätsanalyse geringere numerische Aufwand bei größerer Genauigkeit stellen Vorteile dieser Methode dar. Die Funktionsweise der Methode konnte zunächst anhand zahlreicher numerischer Beispiele unter Nutzung synthetischer, d.h. mittels SPC-Opt erzeugter Messwerte nachgewiesen werden. Bei der anschließenden Identifikation der Materialparameter durch Auswertung experimentell ermittelter Kraft-Verschiebungs-Kurven, diese ist gegenüber der Reidentifikation infolge der Abweichungen zwischen dem realen Werkstoffverhalten und dem Modell sowie der Messfehler im Experiment deutlich schwieriger, konnten sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Die vorgestellte Methode bietet das Potenzial für die Entwicklung eines standardisierten Verfahrens zur Bestimmung der plastischen Orthotropie metallischer Werkstoffe (insbesondere bei Halbzeugen der Kaltmassivumformung).

 
 

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