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Längsschnittuntersuchung der stimmlichen, sprachlichen und psychosozialen Entwicklung von gehörlosen und schwerhörigen Kindern nach einer Hörgeräteversorgung bzw. Cochlea-Implantation

Fachliche Zuordnung Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Phoniatrie und Audiologie
Förderung Förderung von 2000 bis 2004
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5242814
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das primäre Ziel der Untersuchung konnte erreicht werden, da die stimmliche, sprachliche und psychosoziale Entwicklung der schwerhörigen Kinder in einem prospektiven Längsschnitt untersucht werden konnte. Die Fallzahlen waren für die verwendeten statistischen Verfahren ausreichend, auch wenn in der naturalistischen Studie nicht alle Kinder zu allen Zeitpunkten untersucht werden konnten. Die verwendeten Instrumente erwiesen sich als geeignet, um die Hypothesen zu überprüfen. Im folgenden werden aus den wichtigsten Befunden der Studie Konsequenzen für die Praxis abgeleitet. Als wichtigster Prädiktor für eine gute Sprachentwicklung konnte der Sprachentwicklungsstand vor der hörprothetisehen Versorgung festgestellt werden. Dieser Parameter hängt natürlich auch von der Hörfähigkeit vor der Versorgung ab. Da der Sprachentwicklungsstand und zum Teil auch die Nonverbale Intelligenz mittels standardisierter Testverfahren auch bei kleinen Kindern getestet werden kann, sind diese Befunde in der prognostischen Beratung der Eltern sicherlich sehr hilfreich. Die frühe Diagnose und Versorgung (HG/CI) hängt entscheidend von der Qualität der pädaudiologischen-pädiatrisch und klinischen Beratung ab (Phoniater, HNO- und Kinderärzte). Der von uns gesehene Zusammenhang zwischen der Sprachentwicklung und den Kommunikationsmustern innerhalb der Familie läßt eine intensive Familienberatung ebenfalls als äußerst wünschenswert erscheinen. Die Indikation für ein CI und eine ausführliche Beratung sollte baldmöglichst erfolgen, um Verzögerungen im Versorgungsablauf zu vermeiden. Ein weiteres Ziel der Studie war es, mehr Klarheit über den zu erwartenden Verlauf nach CI- bzw. Hörgeräteversorgung zu erhalten. Nach den Ergebnissen unserer Studie ist davon auszugehen, daß sich unabhängig von der Art der Versorgung im Mittel statistisch signifikante Verbesserungen der Sprachentwicklung im Verlauf beobachten ließen. Auch dies scheint für die Beratung der Eltern ein wichtiges Ergebnis zu sein. Die von uns initial aufgestellte Hypothese, dass die Prosodie vor der hörprotheti sehen Versorgung einen prädiktiven Faktor darstellt, ließ sich nicht verifizieren. Jedoch fanden sich parallel zu einer erfolgreichen Sprachentwicklung deutliche Zunahmen der Stimmumfänge, wobei hiervon die initial schlecht hörenden Kinder von der hörprotheti sehen Versorgung am meisten profitierten. Eine weitere von uns initial aufgestellte Hypothese, dass ein Zusammenhang zwischen der elterlichen Belastung, dem elterlichen Coping und der Sprachentwicklung der Kinder besteht, konnte ebenfalls nicht bestätigt werden. Allerdings scheint sich die Schwierigkeit in der Indikationsstellung, ob bei einer verhältnismäßig guten audiometrischen und sprachlichen Entwicklung ein CI wirklich notwendig ist, belastend auf die Eltern der betroffenen Kinder auszuwirken. Mit den weiteren Befunden des psychosozialen Teilbereichs des Projekts lassen sich konkrete Implikationen für die Behandlung und Beratung im Kontext der kindlichen Schwerhörigkeit ableiten: die initial massiv eingeschränkte Lebensqualität der Eltern in Kombination mit dem hohen Interesse an Unterstützung unterstreicht den Bedarf und den Wunsch nach psychosozialen Betreuungsangeboten vor allem in der Zeit nach der Diagnose und in der Entscheidungs- und Neuorientierungsphase vor einer CI-Versorgung. Der Behandler sollte in der Lage sein, eventuell vorhandene Ängste der Eltern aufzufangen und auch scheinbar irrationalem, resignativem oder offensiv-aggressivem Elternverhalten professionell zu begegnen. Die Bedeutung der familienbezogenen Variablen unterstreichen die Wichtigkeit eines Einbezugs der ganzen Familie in die Behandlung des betroffenen Kindes. Schließlich deutet die gefundene belastungsmoderierende Funktion der sozialen Unterstützung darauf hin, Eltern beim Schaffen von Netzwerken zu unterstützen und sie zur Kontaktaufhahme mit ebenfalls betroffenen Familien zu motivieren. Insgesamt zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Studie, dass der Erfolg einer Rehabilitation schwerhöriger Kinder entscheidend von einer frühzeitigen, fachkompetenten und intensiven Beratung und Betreuung durch fachlich hochqualifiziertes Personal abhängt, welches auch bereit und in der Lage sein muss, die Eltern in den schwierigen Entscheidungsprozeß einzubeziehen und sie auf dem Weg der Rehabilitation je nach ihren jeweils spezifischen Bedürfnissen adäquat zu begleiten. Dies ist sicherlich oft zeitaufwändig, der Erfolg, der durch eine sehr gute Betreuung optimiert werden kann, entschädigt jedoch für die Mühen.

 
 

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