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Konsequenzen von traumatischem Stress während der Entwicklung: Epidemiologie und Therapie bei in Uganda lebenden ehemaligen Kindersoldaten und bei in Ruanda lebenden Genozid-Waisen

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 52507604
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Dreizehn Jahre nach dem ruandischen Genozid 1994, trainierten wir lokale Psychologiestudenten in der Anwendung psychodiagnostischer Interviews. Im Rahmen einer epidemiologischen Querschnittsuntersuchung erfassten diese die mentale Gesundheit von 406 ruandischen Witwen und Waisen, welche den Genozid erlebt hatten. Dabei zeigten sich hohe Raten der PTBS, der syndromalen Depression und Angst und der Suizidalität. Ein geringerer Anteil der Überlebenden erfüllte die Kriterien einer PGD. Besonders betroffen waren jene Personen, die einen gewaltsamen Verlust erlebt hatten, da der traumatische Aspekt die Trauerarbeit beeinträchtigen könnte. Es zeigte sich, dass sich in diesem Kontext ein Teil der von Prigerson et al. (2009) vorgeschlagenen diagnostischen Kriterien der PGD konzeptionell nicht von der Depression unterscheidet. Allerdings gibt es auch trauerspezifische Symptome, die eine eigenständige Kategorie darstellen. Die Komposition der Kriterien der PGD sollte entsprechend überdacht und weitere Validierungsstudien durchgeführt werden. Frau Dr. Schaal berät das ensprechende Komitee der DSM-V-Entwicklung. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass sich derartige und trauma-bezogene mentale Gesundheitsprobleme über die Zeit hin chronifizieren können, wenn sie nicht klinisch behandelt werden. In einer ersten Disseminationsgruppe trainierten wir ruandische Psychologen in Narrativer Expositionstherapie (NET) und Interpersoneller Psychotherapie (IPT). Die im Rahmen der epidemiologischen Erhebung identifizierten Teilnehmer mit einer PTBS wurden randomisiert der Therapiegruppe oder einer Sechs-Monats-Warteliste zugeteilt. Unter Expertensupervision wendeten die lokalen Psychologen eine Kombination der Therapie- Module (NET/IPT) in der Therapiegruppe an. Sechs Monate später führten wir in einer zweiten Disseminationsgruppe die Evaluation eines Multiplikatoren-Modells durch. Therapeuten der ersten Disseminationsgruppe trainierten und supervidierten eine weitere Gruppe ruandischer Psychologen bei der Durchführung der NET/IPT mit den Wartelisten-Teilnehmern. In beiden Gruppen wurden Follow-up Interviews 3, 6, und 12 Monate nach der Therapie durchgeführt. Nach sechs Monaten, berichteten die Therapie-Teilnehmer der ersten NET/IPT Disseminationsgruppe eine signifikante Reduktion der PTBS- und Depressionssymptome im Vergleich zu den Teilnehmern der Warteliste. Auch nach der NET/IPT der zweiten Disseminationsgruppe berichteten die Teilnehmer einen signifikanten Rückgang psychischer Probleme vergleichbar mit den Ergebnissen der ersten Gruppe. Die Symptomreduktionen wurden bei den Follow-up Untersuchungen beibehalten. Die Ergebnisse zeigen, dass Traumatherapie erfolgreich an ruandische Psychologen disseminiert werden kann, was eine prinzipielle Machbarkeit der Dissemination von Psychotherapie in Post- Konfliktländern impliziert. Durch die Schulung von lokalen Personen, die an gesellschaftlichen Schnittstellen fungieren kann der Kreis derjenigen, die von dieser Therapie profitieren, weiter gesteigert und ein Prozess der Selbsthilfe initiiert werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009) Trauma, poverty and mental health among Somali and Rwandese refugees living in an African refugee settlement - an epidemiological study. Conflict and Health, 3:6
    Onyut PL, Neuner F, Ertl V, Schauer E, Odenwald M, Elbert T
  • (2009). Narrative Exposure Therapy versus group Interpersonal Psychotherapy – a controlled clinical trial with orphaned survivors of the Rwandan genocide. Psychotherapy and Psychosomatics, 78, 298-306
    Schaal, S., Elbert, T., Neuner, F.
  • (2009). Prolonged Grief Disorder and Depression in Widows Due to the Rwandan genocide. OMEGA - Journal of Death and Dying, 59(3), 203-219
    Schaal, S., Elbert, T. & Neuner, F.
  • (2010). Association study of trauma load and SLC6A4 promoter polymorphism in PTSD: evidence from survivors of the Rwandan genocide. J. Clinical Psychiatry, 543-547
    Kolassa IT, Ertl V, Eckart C, Glöckner F, Kolassa S, Papassotiropoulos A, de Quervain D, Elbert T
  • (2010). Microarray-based map of copy-number variant regions in European and Sub-Saharan populations. PLoS ONE 5(12): e15246
    Vogler C, Gschwind L, Röthlisberger B, Huber A, Filges I, Miny P, Auschra B, Stetak A, Demougin P, Vukojevic V, Kolassa IT, Elbert T, de Quervain DJF, Papassotiropoulos A
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0015246)
  • (2010). Rates and Risks for Prolonged Grief Disorder in a sample of orphaned and widowed genocide survivors, BMC Psychiatry, 10: 55
    Schaal, S., Jacob. N., & Elbert, T.
  • (2010). Spontaneous remission from PTSD depends on the number of traumatic event types experienced. Psychological Trauma: Theory, Research, Practice, and Policy, 2, 169-174
    Kolassa IT, Ertl V, Eckart C, Kolassa S, Onyut LP, Elbert T
  • (2011). Psychotherapy in war and crisis regions: Narrative Exposure Therapy and beyond. Traumatic Stress Points, 25, 8-9
    Neuner F, Schauer M, Elbert T
 
 

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