Detailseite
Projekt Druckansicht

Chaperon-Abhängigkeit der Hepatitis B Virus Replikation

Fachliche Zuordnung Virologie
Förderung Förderung von 2000 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5259459
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Hepatitis B Virus (HBV), eines der bedeutendsten viralen Humanpathogene, ist der prototypische Vertreter der Hepadnaviren; ein wichtigestes Tiermodell ist das Enten-HBV (duck HBV/DHBV). Hepadnaviren replizieren ihr DNA-Genom durch reverse Transkription einer prägenomischen (pg) RNA; die Initiation erfolgt über einen ungewöhnlichen protein-priming Mechanismus, vermittelt durch Bindung der viralen Reversen Transkriptase (P-Protein) an eine Haarnadelstruktur auf der pgRNA, ε. Im Inititationskomplex fungiert ein Tyrosinrest des P-Proteins als Akzeptor für das erste DNA-Nukleotid. Nach ε-abhängiger Verlängerung um wenige Nukleotide und Transfer nahe an das 3´ Ende der pgRNA wird das kovalent gebundene Oligonukleotid in komplette Minusstrang-DNA verlängert, aus der schließlich die typische relaxiert zirkuläre (RC) DNA Form des Genoms entsteht. Für DHBV, nicht aber HBV, konnten wir die protein-priming Reaktion zuvor in vitro rekonstituieren. Neben P-Protein und ε RNA identifizierten wir so die Chaperone Hsp70 + Hsp40 als essentiell, Hsp90 und sein Co-Chaperon Hop erhöhen die Effizienz des in vitro priming. Laut dem daraus abgeleiteten Mehrstufen-Modell der Replikationsinitiation induzieren die Chaperone in P-Protein die transiente Öffnung einer ε RNA-Bindungstasche. Umlagerung der gebundenen RNA in eine priming-aktive Form ermöglicht dann in Anwesenheit von dNTPs die Protein-geprimte Synthese des DNA Oligonukleotids. Eines von zwei Hauptzielen des Projekts war die Aufklärung der Rolle individueller Chaperone während dieser Schritte im DHBV Modell. Vorgabe war eine verbesserte Expression von DHBV P-Protein in E. coli, das per se nahezu unlöslich ist und auch in in vitro priming Systemen zu >99% in inaktiver Form vorlag. Daher sollte der geringe Anteil aktiven Proteins durch ε RNA-Affinitätsreinigung angereichert werden. Neben löslichkeitsvermittelnden Fusionspartnern wurde die höchste Löslichkeitssteigerung durch Deletion von P-Protein Bereichen erzielt, die für das priming nicht essentiell sind. Die Aktivität dieses "miniP" war aber nicht mehr Chaperon-abhängig. RNA-tag haltige ε-RNAs konnten an entsprechende Matrices gebunden werden, P-Protein (inkl. miniP) führte aber immer zu unspezifischer Bindung. Für das avisierte photo-crosslinking gelang durch Ko-Expression orthogonaler tRNA/aaRS Paare der Einbau photolabiler Aminosäuren in P-Protein; in E. coli verstärkte dies aber die Löslichkeitsproblematik, in Säugerzellen war die Einbaueffizienz sehr gering. Die geringen Mengen photolabiles P-Protein enthaltenden DHBV Kapside führten nach Photoaktivierung nicht zu belastbaren Daten. Daher wurde dieser Teil nicht weiterverfolgt. Die deutlich verbesserte Expression in E. coli erlaubte jedoch neue mechanistische Einsichten in die P-Protein - ε Interaktion, inklusive einer erstmaligen Korrelation der in vitro Daten mit der Evolution von ε-Varianten in vivo, sowie den Nachweis der Eignung der P-ε Interaktion als Ziel neuer Therapieansätze. Zweites Hauptziel war die Entwicklung eines in vitro priming Assays für humanes HBV; dies war bislang keinem Labor gelungen. Starthypothese war, dass die Inaktivität auf die i. Vgl. zu DHBV ε erhöhte Stabilität der HBV ε RNA Faltung zurückgeht, die nach initialer P-Protein Bindung die Umlagerung in eine priming-aktive RNA-Struktur verhindert. Mittels "in-cell SELEX" kompletter HBV Genome konnten replikationsfähige Varianten mit verminderter ε Stabilität isoliert werden, ebenso gelang die Expression von HBV P-Protein Derivaten mit akzeptabler Löslichkeit aus E. coli, inkl. eines HBV miniP. Dieses zeigte exklusiv mit den destabilisierten ε RNAs deutliche, strikt ε-abhängige in vitro priming Aktivität. Gleiches galt für ein durch Unterbrechung des RNA-Rückgrates destabilisiertes ε, erhalten aus zwei komplementären synthetischen RNAs. Dies eröffnet auch die Möglichkeit, RNA- Analoga aus nicht-natürlichen Bausteinen in künftige Untersuchungen einzubeziehen. Schließlich ergaben präliminäre Untersuchungen zur Klärung der Inaktivität von Wildtyp-ε RNA in vitro vs. Funktionalität im Kontext der Virusreplikation Hinweise auf zwei mögliche Mechanismen zur Erniedrigung der Stabilitätsbarriere. Zum einen ließ sich die ε-Struktur durch zweiwertige Metallionen modulieren, in Einklang mit neuesten Daten zur schnellen Strukturdynamik gefalteter RNAs. Zum anderen scheinen über die 5´ cap-Struktur der pgRNA mit der Translationsinitiationsmaschinerie assoziierte Helikasen zum transienten Aufschmelzen der ε Struktur beitragen zu können. Beide Optionen sollen im Rahmen künftiger Arbeiten untersucht werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2011. A high level of mutation tolerance in the multifunctional sequence encoding the RNA encapsidation signal of an avian hepatitis B virus and slow evolution rate revealed by in vivo infection. J Virol. 85(18):9300-13
    Schmid B, Rösler C, Nassal M
  • 2011. A Tyr residue in the reverse transcriptase domain can mimic the protein-priming Tyr residue in the terminal protein domain of a hepadnavirus P protein. J Virol. 85(15):7742-53
    Beck J, Nassal M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1128/JVI.00482-11)
  • 2012. Carbonyl J acid derivatives block protein priming of hepadnaviral P protein and DNA-dependent DNA synthesis activity of hepadnaviral nucleocapsids. J Virol. 86(18):10079-92
    Wang YX, Wen YM, Nassal M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1128/JVI.00816-12)
  • 2012. Extensive mutagenesis of the conserved box E motif in duck hepatitis B virus P protein reveals multiple functions in replication and a common structure with the primer grip in HIV-1 reverse transcriptase. J Virol. 86(12):6394-407
    Wang YX, Luo C, Zhao D, Beck J, Nassal M
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1128/JVI.00011-12)
  • 2013. Evidence for multiple distinct interactions between hepatitis B virus P protein and its cognate RNA encapsidation signal during initiation of reverse transcription. PLoS One. 2013 Aug 20;8(8):e72798
    Feng H, Chen P, Zhao F, Nassal M, Hu K
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0072798)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung