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Analyse der mittelpaläolithischen und aurignacienzeitlichen Funde und Befunde aus den paläolithischen Ausgrabungen am Geißenklösterle

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2001 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5330654
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Geißenklösterle im Achtal bei Blaubeuren ist mit seiner umfangreichen Schichtenfolge vom Mittelpaläolithikum bis in die Nacheiszeit eine der bedeutendsten Paläolithstationen Deutschlands. Von besonderer Bedeutung sind neben mittelpaläolithischen Schichten zwei Aurignacienhorizonte mit bis zu 40.000 Jahre alten Funden sowie ein 30.000 Jahre alter Gravettienhorizont. Mit dieser Sequenz eignet sich das Geißenklösterle in hervorragender Weise nicht nur für Detailuntersuchungen zum frühen Jungpaläolithikum oder Aurignacien, sondern auch für Untersuchungen zum Übergang vom Mittelpaläolithikum zum Aurignacien einerseits sowie zum Übergang vom Aurignacien zum mittleren Jungpaläolithikum oder Gravettien andererseits. Da bisher nur ein Teil der Funde bearbeitet und veröffentlicht war, sollte im Rahmen eines von der DFG geförderten Projekts das gesamte Fundmaterial aus dem Mittelpaläolithikum und dem Aurignacien EDV-mäßig erfasst und ausgewertet werden. Besonders die genannten Übergangsphasen sind nach Abschluss des Projekts wesentlich besser fassbar. Zwischen dem Mittelpaläolithikum und dem Aurignacien lassen sich am Geißenklösterle keine direkten Beziehungen erkennen, und unter Berücksichtigung des Befundes an anderen Fundstellen der Region sieht es so aus, als seien die frühen anatomisch modernen Menschen als Träger des Aurignacien auf eine von Neandertalern nicht mehr bewohnte Schwäbische Alb gekommen. Dagegen deuten sich zahlreiche Merkmale des Gravettienhorizontes in Ansätzen bereits im oberen Aurignacienhorizont an, so dass bis zu einem gewissen Grade von einer Kontinuität ausgegangen werden kann. Technologische und typologische Detailanalysen unterstreichen, dass beide Aurignacienhorizonte aus dem Geißenklösterle ein frühes Aurignacien repräsentieren, das zusammen mit dem gleichartigen Fundmaterial anderer Fundstellen der Schwäbischen Alb, z.B. aus dem Hohle Fels bei Schelklingen, als Schwäbisches Aurignacien bezeichnet werden kann. Die Funddichte in den Aurignacienschichten ist bis um das Zwanzigfache höher als in den mittelpaläolithischen Schichten, so dass eine unterschiedliche Besiedlungsintensität sowie eine unterschiedliche Höhlennutzung während der beiden Phasen erschlossen werden können. Herausragende Funde aus den Aurignacienhorizonten sind neben mannigfachen Schmuckobjekten vier Kleinkunstwerke aus Elfenbein sowie drei Flöten. Mit einem Alter von bis zu 40.000 Jahren gehören die Aurignacienfunde aus dem Geißenklösterle zu den ältesten Hinterlassenschaften anatomisch moderner Menschen in Europa. Sie stützen damit die Annahme, dass das Donautal einen wichtigen Korridor bei der Einwanderung früher anatomisch moderner Menschen nach Europa darstellte. Zusammen mit dem benachbarten Hohle Fels bei Schelklingen ist das Geißenklösterle eine der bedeutendsten Referenzfundstellen für die Entwicklung vom Mittelpaläolithikum bis in das mittlere Jungpaläolithikum.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Aurignacian art in Swabia and the beginnings of figurative representation in Europe. In: A. Broglio und G. Dalmeri (Hrsg.), Pitture paleolitiche nelle Prealpi Venete: Grotta di Fumane e Riparo Dalmeri. Memorie del Museo Civico di Storia Naturale di Verona – 2. serie. Sezione Scienze dell’Uomo, Vol. 9. 2005, pp.82-88.
    Conard, N. J.
  • Brachten es moderne Menschen mit? Die Anfänge des Jungpaläoli-thikums in Europa. In: N. J. Conard, S. Kölbl und W. Schürle (Hrsg.), Vom Neandertaler zum modernen Menschen. Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, ISBN: 978-3-7995-9087-7, 2005, S. 71-98.
    Bolus, M.
  • Sind sich Neandertaler und moderne Menschen auf der Schwäbischen Alb begegnet? In: N. J. Conard, S. Kölbl und W. Schürle (Hrsg.), Vom Neandertaler zum modernen Menschen. Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, ISBN: 978-3-7995-9087-7, 2005, S. 131-152.
    Conard, N. J.
  • Die letzten Neandertaler und ersten modernen Menschen auf der Schwäbischen Alb. In: G. Uelsberg (Hrsg.), Roots / Wurzeln der Menschheit. Bonn: Rheinisches LandesMuseum, Zabern, ISBN 3 8053 3602 0, 2006, S. 227-242.
    Conard, N. J.
  • Questioning the first Aurignacian: Mono or multi cultural phe-nomenon during the formation of the Upper Paleolithic in Central Europe and the Balkans. Anthropologie Vol. 44.2006, Issue 1, pp. 9-29.
    Teyssandier, N.
  • Zur Zeitstellung von Geschossspitzen aus organischen Materialien im späten Mittelpaläolithikum und Aurignacien. Archäologisches Korrespondenzblatt, Heft 36. 2006, 1, S. 1-15.
    Bolus, M., Conard, N. J.
  • Cultural Evolution in Africa and Eurasia during the Middle and Late Pleistocene. In: W. Henke und I. Tattersall (Hrsg.), Handbook of Pa-leoanthropology. 2007, pp. 2001-2037.
    Conard, N. J.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1007/978-3-540-33761-4_66)
  • De nouvelles sculptures en ivoire aurignaciennes du Jura souabe et la naissance de l’art figuratif / Neue Elfenbeinskulpturen aus dem Aurignacien der Schwäbischen Alb und die Entstehung der figürlichen Kunst. In: H. Floss und N. Rouquerol (Hrsg.), Les chemines de l’Art aurignacien en Europe / Das Aurignacien und die Anfänge der Kunst in Europa. Aurignac: Éditions Musée-forum Aurignac. 2007, pp. 317-330.
    Conard, N. J.
  • Das Aurignacien und die Schwäbische Alb. Ein Innovationszentrum vor fast 40.000 Jahren. In: N. J. Conard und E. Seidl (Hrsg.), Das Mammut vom Vogelherd. Tübinger Funde der ältesten erhaltenen Kunstwerke. ISBN/EAN: 9783981273601, 2008, S. 14-21.
    Bolus, M.
  • Hammer or crescent wrench? Stone-tool form and function in the Aurignacian of southwest Germany. Journal of Human Evolution, Vol. 54. 2008, Issue 5, pp. 648–662.
    Hardy, B. L., Bolus, M., Conard, N. J.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1016/j.jhevol.2007.10.003)
  • Radiocarbon dating the late Middle Paleolithic and the Aurignacian of the Swabian Jura. Journal of Human Evolution, Vol. 55. 2008, Issue 5, pp. 886–897.
    Conard, N. J., Bolus, M.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1016/j.jhevol.2008.08.006)
  • What can we say about the spatial-temporal distribution of early Aurignacian innovations? Eurasian Prehistory, Vol. 5. 2008, Issue 2, pp. 19-29.
    Bolus, M., Conard, N. J.
  • Aufbruch des modernen Menschen. Das Aurignacien. In: Eiszeit – Kunst und Kultur. Begleitband zur Großen Landesausstellung Baden-Württemberg, Archäolog. Landesmuseum Baden-Württemberg und Abt. Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Univ. Tübingen (Hrsg.). Thorbecke, 2009, S. 92-44.
    Bolus, M.
  • Elfenbeinspaltung im Aurignacien. Zur Herstellungstechnik der Elfenbeinflöte aus dem Geißenklösterle. Mitteilungen der Gesellschaft für Urgeschichte 18. 2009, S. 93-107.
    Malina, M., Ehmann, R.
  • Flötenklang aus fernen Zeiten: Die frühesten Musikinstrumente. In: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg und Abt. Ältere Urgesch. und Quartärökologie der Univ. Tübingen (Hrsg.), Eiszeit – Kunst und Kultur. Begleitband zur Großen Landesausstellung Baden-Württemberg 2009. Ostfildern: Jan Thorbecke Vlg, 2009, S. 317-321.
    Münzel, S. C., Conard, N. J.
  • Continuity or Hiatus? The Swabian Aurignacian and the Transition to the Gravettian. In: C. Neugebauer-Maresch und L. Owen. (Hrsg.), New Aspects of the Central and Eastern European Upper Palaeolithic – methods, chronology, technology and subsistence. Mitteilungen der Prähistorischen Kommission, 72. Wien, Vlg der Österr. Akad. der Wiss., 2010, S. 139-150.
    Bolus, M.
  • Geißenklösterle. The Swabian Gravettian in its European context. Quartär, Vol. 57. 2010, pp. 79-93.
    Moreau, L.
 
 

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