Analyse der mittelpaläolithischen und aurignacienzeitlichen Funde und Befunde aus den paläolithischen Ausgrabungen am Geißenklösterle
Final Report Abstract
Das Geißenklösterle im Achtal bei Blaubeuren ist mit seiner umfangreichen Schichtenfolge vom Mittelpaläolithikum bis in die Nacheiszeit eine der bedeutendsten Paläolithstationen Deutschlands. Von besonderer Bedeutung sind neben mittelpaläolithischen Schichten zwei Aurignacienhorizonte mit bis zu 40.000 Jahre alten Funden sowie ein 30.000 Jahre alter Gravettienhorizont. Mit dieser Sequenz eignet sich das Geißenklösterle in hervorragender Weise nicht nur für Detailuntersuchungen zum frühen Jungpaläolithikum oder Aurignacien, sondern auch für Untersuchungen zum Übergang vom Mittelpaläolithikum zum Aurignacien einerseits sowie zum Übergang vom Aurignacien zum mittleren Jungpaläolithikum oder Gravettien andererseits. Da bisher nur ein Teil der Funde bearbeitet und veröffentlicht war, sollte im Rahmen eines von der DFG geförderten Projekts das gesamte Fundmaterial aus dem Mittelpaläolithikum und dem Aurignacien EDV-mäßig erfasst und ausgewertet werden. Besonders die genannten Übergangsphasen sind nach Abschluss des Projekts wesentlich besser fassbar. Zwischen dem Mittelpaläolithikum und dem Aurignacien lassen sich am Geißenklösterle keine direkten Beziehungen erkennen, und unter Berücksichtigung des Befundes an anderen Fundstellen der Region sieht es so aus, als seien die frühen anatomisch modernen Menschen als Träger des Aurignacien auf eine von Neandertalern nicht mehr bewohnte Schwäbische Alb gekommen. Dagegen deuten sich zahlreiche Merkmale des Gravettienhorizontes in Ansätzen bereits im oberen Aurignacienhorizont an, so dass bis zu einem gewissen Grade von einer Kontinuität ausgegangen werden kann. Technologische und typologische Detailanalysen unterstreichen, dass beide Aurignacienhorizonte aus dem Geißenklösterle ein frühes Aurignacien repräsentieren, das zusammen mit dem gleichartigen Fundmaterial anderer Fundstellen der Schwäbischen Alb, z.B. aus dem Hohle Fels bei Schelklingen, als Schwäbisches Aurignacien bezeichnet werden kann. Die Funddichte in den Aurignacienschichten ist bis um das Zwanzigfache höher als in den mittelpaläolithischen Schichten, so dass eine unterschiedliche Besiedlungsintensität sowie eine unterschiedliche Höhlennutzung während der beiden Phasen erschlossen werden können. Herausragende Funde aus den Aurignacienhorizonten sind neben mannigfachen Schmuckobjekten vier Kleinkunstwerke aus Elfenbein sowie drei Flöten. Mit einem Alter von bis zu 40.000 Jahren gehören die Aurignacienfunde aus dem Geißenklösterle zu den ältesten Hinterlassenschaften anatomisch moderner Menschen in Europa. Sie stützen damit die Annahme, dass das Donautal einen wichtigen Korridor bei der Einwanderung früher anatomisch moderner Menschen nach Europa darstellte. Zusammen mit dem benachbarten Hohle Fels bei Schelklingen ist das Geißenklösterle eine der bedeutendsten Referenzfundstellen für die Entwicklung vom Mittelpaläolithikum bis in das mittlere Jungpaläolithikum.
Publications
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