Trajektorientierte Regelung von Synchronmaschinen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Synchronmaschinen für Hochleistungsantriebe ermöglichen besonders bei Anwendungen mit geringer Drehzahl das Erreichen sehr hoher Wirkungsgrade. Im Vergleich zu Asynchron-Antrieben entfallen hier die Schlupfverluste. Bei Anwendungen im Hochleistungsbereich bilden die Schaltverluste der Halbleiterventile den überwiegenden Anteil der gesamten Ventilverluste. Die Steuerung von Wechselrichtern mit optimalen synchronen Pulsmustern gestattet es, die Schaltfrequenz der Halbleiterventile im Vergleich zu den vielfach üblichen Trägergesteuerten Modulationsverfahren erheblich zu senken, ohne dass die Verzerrungsanteile der Maschinenströme zunehmen. Es ist auch möglich, sowohl die Schaltfrequenz der Halbleiterventile als auch die Verzerrungsströme der Maschine zu reduzieren. Als zusätzliches Optimierungsziel kann der Maximalwert des Gleichtaktanteils im System der dreiphasigen Ausgangsspannungen minimiert werden. Dies ist bei einer Wechselrichteranordnung mit reihengeschalteten Halbbrücken von Vorteil, wenn diese von einem gemeinsamen Gleichspannungszwischenkreis gespeist werden. Der maximale Gleichtaktanteil der Ausgangsspannungen bestimmt hier die Baugröße einer in diesem Fall erforderlichen Drosselspule zur Verminderung der Gleichtaktströme. Die Steuerung mit optimalen synchronen Pulsmustern führt zu einer Verminderung der Verluste im Wechselrichter und, bei entsprechender Zielsetzung, auch der Verluste in der Antriebsmaschine. Für die Berechnung wird das dynamische Verhalten der Synchronmaschine in einem rotorfesten Koordinatensystem durch ein gekoppeltes System von Differentialgleichungen von fünfter Ordnung beschrieben. In Bezug auf die Grundschwingungen arbeitet die Maschine dabei im stationären Zustand bei konstanter mechanischer Drehfrequenz. Dies ist eine Voraussetzung für die Optimierung der Pulsmuster durch eine off-line-Rechnung. Das System der Differentialgleichungen wird von den Oberschwingungen des steuernden Pulsmusters transient angeregt. Das Pulsmuster ist durch die Anzahl N der Schaltvorgänge je Viertelschwingung, den Modulationsindex m und die insgesamt N Schaltwinkel ai gekennzeichnet. N ist die Pulszahl und m der bezogene Wert der Spannungsgrundschwingung. Die Oberschwingungskomponenten der Ankerspannung werden für einen stationären Betrieb mit gegebenem Pulsmuster errechnet. Weil optimale Pulsmuster vorzugsweise für Hochleistungsantriebe verwendet werden, werden nur Wechselrichter mit mindestens drei Spannungsstufen betrachtet. Aus dieser Spannungsanregung der Maschine ergeben sich die Oberschwingungskomponenten der Ströme als Lösungen des Differentialgleichungensystems der Synchronmaschine. Durch die Einführung von Induktivitätsoperatoren wird das System von Differentialgleichungen, das im Zeitbereich von fünfter Ordnung ist, in ein System von algebraischen Gleichungen zweiter Ordnung im Frequenzbereich überführt. Nur noch die beiden Induktivitätsoperatoren für die Achsenrichtungen d und q des rotierenden Koordinatensystem kennzeichnen das dynamische Verhalten der Synchronmaschine. Die Rücktransformation in den Zeitbereich muss wegen ihrer Komplexität durch ein Rechenprogramm mit symbolischen Variablen ausgeführt werden. Die Optimierungsrechnungen werden für jeden einzelnen stationären Arbeitspunkt der Maschine ausgeführt. Jeder Arbeitspunkt ist durch den Modulationsindex m und eine für diesen Arbeitspunkt geeignete Pulszahl N gekennzeichnet. Die jeweils gültige Pulszahl errechnet sich aus dem Maximalwert der Schaltfrequenz, mit der Wechselrichter betrieben werden soll. Durch die Optimierung werden die Schaltwinkel des steuernden Pulsmusters so verändert, dass sich ein Minimum des Gesamtoberschwingungs-Effektivwerts der Maschinenströme einstellt. Die hier auftretenden Zielfunktionen besitzen eine Vielzahl von Minimalstellen, aus denen das globale Minimum herausgesucht werden muss. Dies geschieht durch Aufteilung des mehrdimensionalen Lösungsraums in Teilvolumina. Diese müssen genügend klein gewählt werden, so dass jedes Teilvolumen höchstens eine Minimalstelle besitzt. Innerhalb jedes Teilvolumens wird die zugehörige Minimalstelle durch ein Gradientenverfahren bestimmt. Die gefundenen Pulsmuster weisen bei stetig veränderlichem Modulationsindex eine Vielzahl von sprunghaften Veränderungen der optimalen Schaltwinkel auf. Diese können im quasistationären Betrieb des Antriebs zu unerwünschter Transienten führen, die sogar die Überstromüberwachung des Wechselrichters ansprechen lassen. Die Diskontinuitätsstellen müssen daher durch Nachoptimierungen geglättet werden. Die Glättung wird mit geringfügigen Zugeständnissen an die Güte der Optimierung erkauft. Durch die Reihenschaltung von Wechselrichter-Halbbrükken oder bei Schaltungstopologien mit fliegenden Kondensattoren (flying capacitor) entstehen Verläufe der Wechselrichter-Ausgangsspannung mit mehr als drei Spannungsstufen. Derartige Schaltungstopologien sind besonders für Hochleistungsantriebe von Interesse, für die Synchronmaschinen auch in Betracht kommen. Bei der Definition höherstufiger Pulsmuster muss die Existenz verschiedenartiger Grundstrukturen im Spannungsverlauf berücksichtigt werden. Dadurch entstehen zusätzliche Freiheitsgrade der Optimierung, deren Anzahl stark mit der Pulszahl ansteigt. Schon bei 5stufiger Ausgangsspannung sind bis zu 100 unterschiedliche Strukturen zu optimieren, um im nachfolgenden Vergleich die optimale Struktur zu bestimmen. Andererseits vermeidet die Existenz solcher quasioptimalen Lösungen bei der immer erforderlichen Nachoptimierung zu hohe Eingeständnisse an die Optimierungsgüte – anders ausgedrückt: die zahlreichen konkurrierenden Lösungen ermöglichen erst die Glättung der Pulsmuster durch Nachoptimierung. Geregelte Drehstromantriebe werden über Wechselrichter mit dreiphasigen Spannungen gespeist, deren Frequenz und Spannung in Abhängigkeit vom Arbeitspunkt veränderlich gesteuert werden. Die Spannungen werden aus einem gemeinsamen Gleichspannungszwischenkreis bezogen. Ihr angestrebter sinusförmiger Zeitverlauf wird durch eine Folge von Gleichspannungspulsen angenähert. Dabei entstehen auch unerwünschte Verzerrungsspannungen. Diese können durch Einstellen einer hohen Pulsfrequenz gering gehalten werden. Meist werden die Spannungsimpulse in periodischer Taktfolge in Gruppen von drei äquidistanten Pulsen erzeugt, wobei die Pulsweiten entsprechend dem jeweils gewünschten Spannungswert eingestellt werden. Bei jedem Schaltvorgang entstehen Verluste in den Halbleiterschaltern. Die Schaltverluste steigen mit steigender Leistung des Wechselrichters. Großantriebe müssen daher mit niedriger Schaltfrequenz betrieben werden, wodurch sich die Verzerrungsansteile erhöhen. Durch optimierte Pulssteuerverfahren können sowohl die Schaltfrequenz als auch die Verzerrungen reduziert werden. Hierbei werden die einzelnen Schaltzeitpunkte innerhalb einer Spannungsperiode durch einen Optimierungsalgorithmus berechnet. Einschränkungen durch ein festes zeitliches Taktraster entfallen. Wegen ihrer Vorzüge werden optimierte Pulssteuerverfahren bereits vielfach bei Großantrieben mit Asynchronmaschinen industriell eingesetzt. Für Antriebe mit Synchronmaschinen sind bisher keine Anwendungen bekannt, woraus sich das Ziel dieses Vorhabens ergibt. Die Berechnung optimaler Pulsmuster gestaltet sich hier wesentlich schwieriger, weil die Maschine eine höhere Anzahl von magnetisch gekoppelten Wicklungssystemen besitzt und außerdem im Rotor eine magnetische Anisotropie aufweist. Während der Bearbeitung des Vorhabens erweiterte sich der Technikstand auf Anwendungen immer größerer Antriebsleistung und neue Wechselrichterschaltungen. Die neuartigen Mehrstufenwechselrichter erzeugen Spannungspulse, deren Amplituden auf mehrere diskrete Werte ingestellt werden können. Die Optimierung von mehrstufigen Pulsmustern wurde daher in die Arbeit einbezogen. Es besteht hier eine wesentlich höhere Anzahl von Freiheitsgraden, was einerseits die Komplexität der Berechnung erhöht, andererseits aber auch durch die Einführung zusätzlicher Nebenbedingungen die Minimierung unerwünschter Gleichtaktspannungen ermöglicht. Schließlich wurde der Beweis erbracht, dass die berechneten optimalen Pulsmuster ohne Einschränkung zur Steuerung sowohl von Synchronmaschinen als auch von Asynchronmaschinen verwendet werden können. Neue Ergebnisse und Erkenntnisse sind 1. ein Verfahren zur Optimierung von Pulsmustern für den Betrieb von wechselrichtergespeisten Synchronmaschinen, 2. die Erweiterung des Verfahrens auf die Optimierung von vielstufigen Pulsmustern und 3. der Nachweis, dass die optimalen Pulsmuster gleichermaßen zur Steuerung von Synchronmaschinen und von Asynchronmaschinen verwendet werden können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Closed-Loop Control of Medium Voltage Drives operated with Synchronous Optimal Pulsewidth Modulation“, IEEE Transactions on Industry Applications, Vol. 44, No. 1, Jan./Feb. 2008, pp. 115 -123
J. Holtz and N. Oikonomou
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„Fast Dynamic Control of Medium Voltage Drives operating at Very Low Switching Frequency – an Overview“, Best Transactions Paper, IEEE Transactions on Industrial Electronics, March 2008, pp. 1005- 1013
J. Holtz and N. Oikonomou
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„Optimal Control of a Dual Three-Level Inverter System for Medium-Voltage Drives“, Best Transactions Paper, IEEE Transactions on Industry Applications, Vol. 46, No. 3, May/June 2010
J. Holtz and N. Oikonomou
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„Synchronous Optimal Pulsewidth Modulation for Low Switching Frequency Control of Medium Voltage Multilevel Inverters“, IEEE Transactions on Industrial Electronics, 2010
A. Rathore, J. Holtz, and T. Boller