Entwicklung neuer, hochpotenter Inhibitoren der HIV-1-Infektion
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen der zweiten Förderperiode konnte der Einfluss fluorierter Aminosäuren auf die Thermodynamik und Kinetik der Coiled Coil Faltung untersucht werden. Dazu war jedoch eine Umstrukturierung des bisherigen antiparallelen Coiled Coil Homodimers notwendig. Im Ergebnis wurde nun ein paralleles Heterodimer verwendet, mit dem es möglich war 1) die Thermodynamik der Dimerbildung in Lösung mittels CD-Spektroskopie sowie 2) die Kinetik der Faltung mittels SPR zu untersuchen. Des Weiteren entspricht das neue Modellsystem mit einer Länge von 34 Aminosäuren pro Monomer (ohne UV-Label) der Länge der in Zukunft zu untersuchenden C34-Analoga. Bezüglich ihrer Hydrophobie zeigen die Aminosäuren Abu, MfeGly, DfeGly und DfpGly ein erwartungsgemäßes Verhalten. Während ein niedriger Fluorierungsgrad zu einer Erhöhung der Polarität führt, steigt die Hydrophobie mit Zunahme der Anzahl an Fluoratomen stärker als durch bloße Vergrößerung der Seitenketten durch Verlängerung oder Verzweigung ohne Fluor. Daher sind Aminosäuren mit einem relativ hohen Fluorgehalt deutlich unpolarer als die entsprechenden nicht fluorierten Analoga. Überraschenderweise kann die Stabilität hydrophober Coiled-Coil-Wechselwirkungen nicht ausschließlich mit der Hydrophobie der fluorierten Seitenketten erklärt werden. Dieses Ergebnis basiert auf der Untersuchung der Positionsabhängigkeit des Einflusses der fluorierten Aminosäuren. Der Vergleich von Abu und dessen fluorierter Analoga untereinander zeigte, dass die Zunahme von Volumen und Fluorierungsgrad und damit der Hydrophobie in einer a-Position das Coiled Coil zunehmend stabilisiert, während eine solche Korrelation für eine d-Position nicht gezeigt werden konnte. Die Unterschiede in Stabilitätstrends können mit der unterschiedlichen Orientierung der Seitenketten in diesen Positionen erklärt werden. Wie die Untersuchung der Aminosäure DfpGly zeigt, hängt der Einfluss zusätzlich von der relativen Anordnung der Peptidstränge (antiparellel vs. parallel) und der damit verbundenen unterschiedlichen Orientierung der Seitenkette im hydrophoben Kern ab. Daher kann folgende allgemeine Aussage getroffen werden: Der Einfluss von Fluor induzierter Polarität auf die Stabilität von Coiled Coils hängt davon ab, ob polarisierte CH-gruppen in den Seitenketten auf ihre Interaktionspartner gerichtet sind oder nicht. Im Falle, dass sie auf ihre Interaktionspartner gerichtet sind scheint einzig die durch Fluor induzierte Polarität die Stabilität zu bestimmen. Sind sie jedoch von ihnen weggerichtet scheint das Volumen der Seitenkette maßgeblich für die Stabilität zu sein. Unterschreitet die Hydrophobie den Schwellenwert des nicht fluorierten Analogons (MfeGly im Vergleich zu Abu) ist generell eine Destabilisierung zu beobachten. Die Untersuchungen in Lösung dienten der Validierung der Ergebnisse der SPR-Studien. Die aus den kinetischen Daten errechneten thermodynamischen Parameter der bisher untersuchten Peptide sind sehr gut mit den CD-spektroskopisch ermittelten vergleichbar und bestätigen somit die korrekte Wahl der Bedingungen und des Modells für die Messung und Auswertung der SPR-Daten. Die Assoziationsgeschwindigkeit kann durch den Einbau von Fluor in Abu verdoppelt werden, während eine weitere Erhöhung des Fluoranteils einen rückläufigen Trend verursacht. Auch diese Daten sind gut mit den vorhergehenden Studien zur Ligation eines antiparallelen Coiled Coil vereinbar und unterstützen somit die These, dass auch „Wechselwirkungen“ zwischen fluorierten Seitenketten („Fluoreffekt“) die Faltung von Proteinen beeinflussen können. Ein eindeutiger Nachweis der Auswirkungen des „Fluoreffekts“ bei der Peptidfaltung mittels NMR ist derzeit in Arbeit.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Fluor in nativer Peptidumgebung – Wie Raumanspruch und Polarität von Fluoralkylgruppen die Proteinfaltung beeinflussen. Angew. Chem. 2006, 118, 4305-4309; Fluorine in a native protein environment – How space filling and polarity of fluoroalkyl groups affect protein folding. Angew. Chem. Int. Ed. 2006, 45, 4198-4203
C. Jäckel, M. Salwiczek, B. Koksch
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Fluorine in Peptides: Coiled-Coil Model Systems as Tools to Evaluate the Influence of Fluorinated Amino Acids on Structure and Stability of Peptides. Chim. Oggi 2007, 25, 48-53
M. Hakelberg, B. Koksch
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Molecular Interactions of Fluorine in a Native Polypeptide Environment. In: A. Tressaud, G. Haufe (Eds.) Fluorine & Health – Molecular Imaging, Biomedical Materials and Pharmaceuticals, Elsevier 2008, 737-759
M. Salwiczek, C. Jäckel, B. Koksch
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Artificial Model Systems Designed to Investigate Fluorinated Amino Acids in Native Protein Environments. In: I. Ojima (Ed.) Fluorine in Bioorganic and Medicinal Chemistry, Blackwell Publishers 2009, 391-409
M. Salwiczek, T. Vagt, B. Koksch
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Effects of Fluorination on the Folding Kinetics of a Heterodimeric Coiled Coil., ChemBioChem 2009, 10, 2867-2870
M. Salwiczek, B. Koksch
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Fluorine in Protein Environments: A QM and MD Study, J. Phys. Chem. B, 2009, 113, 16400-16408
Sergey A. Samsonov, Mario Salwiczek, Gerd Anders, Beate Koksch, M. Teresa Pisabarro
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Position-Dependent Effects of Fluorinated Amino Acids on the Hydrophobic Core Formation of a Heterodimeric Coiled Coil. Chem. Eur. J. 2009, 15, 7628-7636
M. Salwiczek, S. Samsonov, T. Vagt, C. Baldauf, E. Nyakatura, E. Fleige, J. Numata, H. Cölfen, M. T. Pisabarro, B. Koksch
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Compatibility of the Conformationally Rigid CF3-Bpg Side Chain with the Hydrophobic Coiled-Coil Interface
M. Salwiczek, P. K. Mykhailiuk, S. Afonin, I. V. Komarov, A. S. Ulrich, B. Koksch