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Structural dynamics of the nucleocapsid of hepatitis B viruses

Fachliche Zuordnung Virologie
Förderung Förderung von 2002 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5379932
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Hepatitis B Virus (HBV), Prototyp der Hepadnaviren und bedeutendes Human-Pathogen, repliziert sein winziges DNA-Genom durch Kapsid-interne reverse Transkription einer prägenomischen (pg) RNA. DNA-Bildung erlaubt die Umhüllung des ikosahedralen Nukleokapsids und die Sekretion stabiler infektiöser Virionen. Bei Infektion neuer Zellen müssen die Partikel aber wieder zerfallen, um die verpackte DNA freizusetzen und ihre Umwandlung in eine distinkte nukleäre DNA Form zu ermöglichen, die als Vorlage für neue Virus-RNA dient. Es wird lange vermutet, dass dieser Schritte mit strukturellen Veränderungen im Kapsid einhergehen, die ihrerseits von Änderungen im Phosphorylierungs-Status des Kapsid- (= Core-) Proteins (HBc) begleitet werden. Bislang sind aber weder die Strukturänderungen als solche noch Anzahl, Position oder Besetzungsgrad der HBc-Phosphorylierungsstellen während der einzelnen Replikationsschritte etabliert. Wesentliche Gründe sind die Anwesenheit von >500 Phosphotransferase-Aktivitäten in Säugerzellen sowie das Fehlen praktikabler Techniken zur Unterscheidung differenziell phosphorylierter HBc-Formen. Gemäß unserer Vorarbeiten, hätte das größere Coreprotein des Enten-HBV (DHBV) als Modell dienen können, in dem die strukturellen Änderungen ausgeprägter und besser nachweisbar sind. Eines der beiden vorgeschlagenen Ziele war daher die kryoelektronenmikroskopische (Kryo-EM) Analyse von rekombinanten DHBV kapsidartigen Partikeln (CLPs) und letztlich authentischen replikations-fähigen Nukleokapsiden (mit Prof. Bettina Böttcher, einer anerkannten Kryo-EM Expertin). Der Fokus wurde auf das zweite Ziel gelegt, die biochemische Charakterisierung der Phosphorylierung des Humanvirus HBc. Um die Komplexitäten des (De-)Phosphorylierungs-Geschehens in Säugerzellen drastisch einzuschränken, nutzten wir die Abwesenheit Eukaryonten-artiger Proteinkinasen in E. coli zur Entwicklung eines rekombinanten Koexpressionssystems für HBc plus definierter Säugerkinasen, initial SRPK1. Dann gelang der Nachweis, dass eine auf dem "Phos-tag"-Chelator basierende Gelelektrophorese-Technik ("Phos-tag SDS-PAGE") effizient unterschiedlich phosphorylierte HBc-spezies trennen kann. Per Massenspektrometrie (MS) konnte die Anzahl Phosphorylierungsstellen bestimmt und durch Kombination mit gezielter Mutagenese auf sieben der acht Hydroxy-Aminosäuren in der Arg-reichen C-terminalen Nukleinsäure-Bindungsdomäne (CTD) des HBc kartiert werden. Dies erlaubte erstmals, die Konsequenzen einer definierten Phosphorylierung (statt Carboxylierung mittels Mutation zu Asp oder Glu) auf funktionelle Eigenschaften des HBc zu evaluieren, z.B. RNA-Bindung (die fast vollständig supprimiert war) und Kapsid-Stabilität. Andere Kinasen wie PKA oder PKC führten zu weniger starker Phosphorylierung. Besonders bedeutsam ist, dass in humanen Zellen die Hauptmenge an HBc SRPK1-ähnlich hoch phosphoryliert vorliegt, unabhängig von Virusreplikation. Aufgrund der elektrostatischen Interaktion zwischen HBc-CTD und RNA ist zu erwarten, dass hochgradige Phosphorylierung auch in Säugerzellen die RNA-Bindung drastisch reduziert. Derart könnte HBV die Verpackung irrelevanter RNAs vermeiden, die sonst mit der Enkapsidierung des pgRNA/Polymerase-Komplexes kompetieren würden. Umgekehrt restaurierte die Inaktivierung einer einzigen Phosphorylierungsstelle deutliche RNA-Bindung. Eine mit dem pgRNA/Polymerase-Komplex assoziierte Phosphatase-Aktivität könnte daher räumlich nahes HBc dephosphorylieren, dessen RNA-Bindefähigkeit lokal aktivieren und die spezifische Verpackung der pgRNA befördern. Direkte Kryo-EM Analysen bestätigten die Abwesenheit substanzieller RNA-Mengen in den Phospho-HBc Kapsiden; bei der seinerzeitigen Auflösung um 8 Å waren aber nur geringe Strukturdifferenzen in den Proteinschalen der jeweiligen Partikel nachweisbar. In einer neuen Kollaboration mit den Festphasen-NMR (ssNMR) Experten Dr. A. Böckmann (Lyon) und Prof. B. Meier (Zürich) wurden die im Projekt optimierten Methoden zur Präparation von 13C/15N markierten HBc Partikeln genutzt, mit welchen die NMR-Signale von bisher 140 AS zugeordnet werden konnten; dies ermöglichte die Identifizierung individueller AS-Reste, die als flexible Gelenke in der Kapsidstruktur wirken. Präliminär konnten so auch die Bindungsstellen von neuen Anti-Kapsid-Wirkstoffen definiert werden. Zusätzlich wurden wesentliche technische Hürden auf dem Weg zur ssNMR Analyse umhüllter HBV Partikel durch zellfreie Synthese von DHBV Hüllproteinpartikeln überwunden. Angewandt eröffnet die künftige Kombination von ssNMR und Kryo-EM neue Optionen zur Charakterisierung der Dynamik des HBV-Kapsids, die sich als neues Ziel für therapeutische Intervention abzeichnet. Virologisch tragen die Projektdaten zu einem revidierten Verständnis der Vorstellung bei, dass HBc-Phosphorylierung notwendig für pgRNA Verpackung sei. Dies ist kein direkter, sondern ein indirekter Effekt durch die Verhinderung unspezifischer RNA-Verpackung. Umgekehrt macht die standardmäßig hochgradige Phosphorylierung des HBc die De-Phosphorylierung zum richtigen Zeitpunkt genauso wichtig für die spezifische pgRNA Verpackung und anschließende Replikation.

 
 

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