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Modellbildung zur Bewertung der Hydrophobie von Silikonelastomeren hinsichtlich der elektrischen Feldbelastung unter Freiluftbedingungen

Fachliche Zuordnung Elektrische Energiesysteme, Power Management, Leistungselektronik, elektrische Maschinen und Antriebe
Förderung Förderung von 2002 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5385947
 
Erstellungsjahr 2007

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Silikonelastomere werden für Verbundisolatoren im Freiluftbereich eingesetzt. Aufgrund ihrer Materialeigenschaft besitzen Silikone ein wasserabweisendes (hydrophobes) Verhalten, das im Freiluftbereich ein entscheidendes Qualitätsmerkmal ist. Die hydrophobe Oberfläche bewirkt bei Befeuchtung eine Entstehung von kugeligen Tropfen mit Tropfenrandwinkeln von mehr als 100° und verhindert die Bildung von schwach leitfähigen, feuchten Oberflächenfilmen. Diese Eigenschaft kann aber durch äußere Einflüsse, wie z.B. elektrische Entladungen auf der Oberfläche, zeitweilig verloren gehen und zu einem Versagen der Isolation führen. Die Untersuchung der rein elektrischen Feldbelastung - ohne Teilentladungen - zeigt nahezu keine Auswirkungen auf die Hydrophobie, da die gemessenen Tropfenrandwinkel über 90° liegen. Bereits nach einer Belastungsdauer von wenigen Minuten mit oberflächennahen „starken" Teilentladungen, wie sie z.B. an Isolatorarmaturen auftreten können, offenbart sich dahingegen eine deutliche Abnahme oder sogar der Verlust der Hydrophobie. Unterschiedliche Belastungen führen zu einer einheitlichen Hydrophobieabnahme, die mit der gewählten Versuchsanordnung durch eine Randwinkel-Verlustrate von ca. 3°/(min nC) beschrieben werden kann. Nach der Belastungsphase kehrt die Hydrophobie langsam zurück. Kommt es unter Freiluftbedingungen zu einer Befeuchtung der Oberfläche, so verändert die Anwesenheit von Wassertropfen die lokale elektrische Feldstärke. Bezogen auf die Führungsfeldstärke, durch die von außen im trockenen Zustand anliegende Spannung, ergeben die Simulationen örtliche Feldverstärkungen um das 10-fache, wenn man die dynamische Verformung des Wassertropfens berücksichtigt. Makroaufnahmen zeigen, dass sich aus der anfänglich annähernd halbkugelförmigen Gestalt aufgrund der Wechselwirkung der elektrischen Kräfte mit den Wasserdipolen Spitzen in Feldrichtung ausbilden. Aus der Literatur ist bekannt, dass in sogenannten Mikrojets kleinere Tröpfchen herausgeschleudert werden. Die Berücksichtigung der dynamischen Tropfenverformung bei der Feldstärkeberechnung bestätigt die gemessenen Einsetzfeldstärken. Die Elektronenlawinen, die im feldstarken Bereich entstehen, erfüllen das Streamer-Kriterium als notwendige Bedingung für eine Teilentladung. Hinsichtlich der Einsetzbedingungen für Teilentladungen an Wassertropfenbelägen auf Silikonoberflächen ist in diesem Projekt die Bedeutung der Richtung der elektrischen Feldlinien (tangential oder senkrecht, bzw. normal zur untersuchten Oberfläche) systematisch im Homogenfeld untersucht worden. Es besteht ein Unterschied zwischen Normalfeld und Tangentialfeld. Alle Angaben beziehen sich auf den berechneten Effektivwert der elektrischen Feldstärke des äußeren Führungsfeldes. Verläuft das elektrische Feld senkrecht zu der Oberfläche, so beträgt die Einsetzfeldstärke für Teilentladungen E > 1 kV/mm. Bei tangentialem Feldverlauf ist die Einsetzfeldstärke an einzelnen aufgesetzten Wassertropfen deutlich geringer und liegt bei E = 0,4 kV/mm. In dem Tropfenbelag der Tauschicht vermindert sie sich bei tangentialem Feldverlauf nochmals auf einen Wert von E = 0,3 kV/mm. Die Schwächung der Hydrophobie durch die Teilentladungen an Wassertropfenbelägen (Wassertropfenkorona) wird durch beschleunigte zyklische Betauung bei ständiger Feldbelastung deutlich oberhalb der Einsetzbedingungen untersucht. Liegt die Feldstärkebelastung im Bereich der Einsetzfeldstärke (bis +20%), treten zwar Teilentladungen auf, doch die zyklische Wassertropfenkorona führt über den gesamten Versuchszeitraum zu keiner erkennbaren Verschlechterung der Hydrophobie. Bei beschleunigter zyklischer Wassertropfenkorona mit kurzen Abständen von 1 h lassen Tropfenbildbeobachtung und Randwinkelmessungen eine fortschreitende Schwächung der Hydrophobie schon nach 3 Betauungszyklen erkennen. Dabei nimmt die Ausbildung vonTrockenzonen, an deren Rändern starke Teilentladungen auftreten, eine wichtige Rolle ein. Nach einer längeren Erholungsphase kehrt die Hydrophobie wieder zurück. Ein Vergleich mit einer zyklischen Betauung im Tagesabstand zeigt eine vergleichbare Schwächung der Hydrophobie, aber wegen der längeren Belastungsabstände erst nach 13 Zyklen. Die in diesem Projekt entwickelte beschleunigte Alterung durch Belastung mit zyklischer Wassertropfenkorona führt zu dem gleichen Ergebnis wie eine Echtzeit-Belastung im Tagesrhythmus, aber in um den Faktor 10 kürzerer Zeit. Als vielversprechende Diagnose-Möglichkeit erweist sich die lnfrarot(IR)-Spektroskopie. Die IR-Spektren der Silikonoberflächen zeigen markante und deutliche Veränderungen nach einer Wassertropfenkorona-Belastung über 60 Zyklen bei einer Feldstärke von E = 0,55kV/mm. Hauptursache der Veränderungen sind Oxidationsprozesse, die durch die oberflächennahen Teilentladungen in Luft ausgelöst werden. Die Untersuchungsergebnisse verlangen wesentliche Erweiterungen des bekannten Ablaufdiagramms der grundsätzlichen Vorgänge in der Frühphase der Alterung von Silikonisolatoren. Über die Bildung von Trockenzonen mit starken Entladungen wird der Mechanismus, der zum Hydrophobieverlust bei nichtleitfähigen Tropfenbelägen auf sauberen Oberflächen führt, berücksichtigt. Die untersuchten Vorgänge in der Frühphase der Alterung zeigen, dass die Verformung und Bewegung sowie die Verdunstung der einzelnen Wassertröpfchen im elektrischen Feld die Grundlagen für die Erklärung der Teilentladungs-Prozesse darstellen. Neben der grundsätzlichen Klärung des Tröpfchenzerfalls in Gewitterwolken können zukünftige Forschungen auch zum besseren Verständnis der dynamischen Zerfallsprozessen von Flüssigkeitströpfchen auf Isolieroberflächen beitragen. Aus der Praxis sind Fälle des Versagens der Isolation nach Wassertropfenkorona-Belastung bekannt. Solch ein Verhalten ist an den Modellisolatoren jedoch über die Versuchsdauer nicht beobachtet worden. Ein Grund dafür ist die Beschränkung auf saubere Oberflächen unter Laborbedingungen. Es wird daher empfohlen, die bisherigen Experimente zum Hydrophobietransfer in Fremdschichten um die elektrische Beanspruchung zu erweitern. In dem in diesem Projekt aufgebauten Prüfstand ließe sich der Hydrophobietransfer bei anliegender Spannung mit simultaner Wassertropfenkorona untersuchen.

 
 

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