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Phylogeographie des Silbergrünen Bläulings Polyommatus coridon unter besonderer Berücksichtigung von Differenzierungszentren und postglazialen Kontaktzonen sowie der Funktionalität unterschiedlicher Allele der Isozitratdehydrogenese

Fachliche Zuordnung Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung von 2002 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5391394
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Über 2.000 Individuen aus 60 Populationen der Wärme liebende Bäulingsart Polyommatus coridon wurde mittel Allozymelektrophorese untersucht. Als Untersuchungsgebiete wurden die durch das östliche Mitteleuropa verlaufende Kontaktzone zwischen einer westiichen adriato- und einer östlichen pontomediterranen Linie und der südosteuropäische Bereich (Ex-Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien) ausgewählt. Entlang der Kontaktzone im östlichen Mitteleuropa konnten unterschiedliche Grade der Hybridisierung zwischen den beiden Linien festgestellt werden. In den Mittelgebirgen Thüringens und Sachsen-Anhalts wurden fast nur reine Westpopulationen nachgewiesen, jedoch im Übergang in die Nordostdeutsche Tiefebene konnten am rezenten Arealrand der Art zwei Hybridpopulationen festgestellt werden. Es ist somit wahrscheinlich, dass sich die östiiche Linie durch für sie ökologisch weitgehend ungünstige Gebiete entweder aus dem Böhmischen Becken entlang der Elbe oder durch die Sandgebiete Nordostdeutschlands bis an den Rand der Mittelgebirge ausbreiten konnte. Zwischen Bayern und Böhmen fand keine Hybridisierung statt, wodurch bewiesen werden konnte, dass die sauren und kalten Gebiete der deutsch-tschechischen Grenzgebirge eine effektive Barriere zwischen beiden Linien darstellen, die nicht durch signifikanten Genfluss überwunden wird. Einen sehr hohen Anteil an Populationen mit Hybridursprung findet sich hingegen in den nordösflichen Alpen Österreichs und den sich nördlich bis zur Donau anschließenden Bereichen. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass beide Linien sich in entgegen gesetzten Richtungen entlang der Donau ausbreiteten und nach Süden in die nordöstlichen Kalkalpen expandierten. Hierbei kam es zu starken Vermischungen zwischen beiden Linien. Im südöstlichen Alpenraum ist zwar die westliche Linie dominant, aber es erfolgte Introgression durch die östliche Linie, vor allem wohl entlang des Drautals. Auf der Balkanhalbinsel konnte nur eine mäßige genetische Differenzierung zwischen den Populationen von P. coridon festgestellt werden, was für eine mäßige Fragmentierung der Vorkommen in diesem Bereich im letzten Glazial spricht. Anhand der genetischen Differenzen zwischen den untersuchten Populationen konnte auf mehrere glaziale Arealkeme auf der Balkanhalbinsel rückgefolgert werden, wobei deren Zahl im Osten der Halbinsel wohl höher war als im Westen. Die im Durchschnitt nur mittleren genetischen Diversitäten der Populationen der Balkanhalbinsel unterstützen die Theorie der genetischen Verarmung von so genannten rear edge Populationen. Die genetischen Ähnlichkeiten und Differenzierungen der Populationen des Karpatenbeckens von denjenigen der Balkanhalbinsel lassen zwei postglaziale Korridore nach Norden vermuten: im Westen aus dem illyrischen Arealkem über die ungarischen Mittelgebirge bis zum Nordkarpatenrand und von dort bis in die westrumänischen Westkarpaten sowie über die Porta Hungarica nach Tschechien und ün Osten entlang von Vardar und südlicher Morava durch den Zentralbalkan in den Südostbereich des Karpatenbeckens, und von dort über die Eiseme Pforte entlang der Südkarpaten bis in die Ostkarpaten. Diese Ergebnisse stellen wichtige Befunde zum Verständnis der Biogeographie der Balkanhalbinsel und des Karpatenbeckens dar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Genotype shifts along one generation of the blue butterfly Polyommatus coridon without changes in allele frequencies. Annales Zoologici Fennici
    Kühne, G. & Schmitt, T.
 
 

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