Untersuchungen zu Vegetation, Klima und Siedlungsgeschehen im Spätglazial und Holozän anhand von Pollen- und Makrorestanalysen im Tagebauvorfeld Reichwalde (Sachsen)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die für Europa in ihrer hervorragenden Erhaltung und Ausdehnung einzigartigen spätglazialen Waldvorkommen in Reichwalde (Sachsen) wurden durch Feuchtsedimente konserviert, die beste Voraussetzungen für die Untersuchungen der paläoökologischen Verhältnisse anhand von Pollen und pflanzlichen Großresten bieten. Die durch Stammfunde belegten Kiefern setzten schon im Bølling ein und reichen bis ins späte Allerød. Es liegen zahlreiche 14C-Datierungen an Kiefernholz innerhalb des Projektteils "Dendroökologie Reichwalde" vor, die im Vergleich zu AMS-Datierungen an terrestrischen Großresten methodische Unstimmigkeiten ergeben. Nach einer Überarbeitung der Kalibrationskurve für das Spätglazial, unter der Verwendung der Hölzer von Reichwalde, werden sich neue Altersmodelle ergeben. In einer etwas höher gelegenen Waldfläche am westlichen Rand der Untersuchungsfläche waren Reste einer Nanopodsol-Braunerde mit ihrer Streuauflage erhalten. Es konnten einige Unterwuchs-Arten des Paläowaldes ermittelt werden, die auf trockenere Bedingungen hinweisen, jedoch treten hier auch zahlreiche Hinweise auf Vernässungsphasen und Verspülungen auf. In allen anderen untersuchten spätglazialen Waldflächen des Großteichs Altliebel stockte der Kiefern-Birken-Wald auf einem Grobdetritus, der aus verschwemmten Braunmoostorfen, Cyperaceen-Radizellen und Waldstreu aufgebaut ist. Die Waldsedimente zeigen Spuren von bodennahen Waldbränden, die wohl kleinflächig alle paar Jahre auftraten. Die Feuerspuren wechseln mit Vernässungen und Sedimentverspülungen ab, wobei durch die lebhafte Topographie ein kleinräumiges Muster vorgegeben ist, so dass die Feuerspuren und Vernässungen zwischen den untersuchten Flächen nicht parallelisiert werden können. Im östlichen Teil des Großteichs konnten durch Pollenprofile und AMS-Datierungen umfangreiche Rutschungen belegt werden, die während der Ausgrabungen nicht erkannt werden konnten. Das spätglaziale Waldvorkommen im Neuteich ist jünger als im Großteich Altliebel. Die Sedimente auf denen der Kiefern-Birken-Wald stockt sind auch hier als Grobdetritus klassifiziert. Es liegen weniger häufig Feuerspuren vor und die Vernässungen scheinen noch massiver als im Großteich gewesen zu sein. Über den Paläowald hinausgehend liegen ebenfalls hervorragend erhaltene und AMSdatierte Sedimente vor, die fast lückenlos das gesamte Spätglazial und Holozän umfassen und unterschiedliche Landschaftselemente wie Seen, Moore, Flussaue und Dünen repräsentieren. Durch Großrestbelege kann das lokale Auftreten von Kiefern, Baumbirken, Zitter- Pappel und Grün-Erle zu einem sehr frühen Zeitpunkt belegt werden. Die Pollenanteile dieser Taxa sind dann noch gering und nicht eindeutig als lokale Vorkommen zu werten. Die Zusammenschau der Stagnationsphasen der Sedimentbildung und die Wiedervernässungsvorgänge in den verschiedenen Profilen aus den verschiedenen Geländeteilen ermöglicht eine detaillierte Rekonstruktion in den Untersuchungsflächen, die für das Verständnis der Erhaltungsbedingungen des Paläowaldes und den Verspülungen und Rutschungen der Sedimente wichtig sind. Mit dem Paläowald sind Spuren des spätpaläolithischen Menschen verknüpft. Auch das Mesolithikum ist auf den Ausgrabungsflächen außergewöhnlich reich belegt und kann in einigen Pollenprofilen erfasst werden. Die neolithischen und bronzezeitlichen Abschnitte in den Pollenprofilen werden außerhalb dieses Projektes vorgelegt werden. Die großflächigen und sehr intensiven Untersuchungen im Vorfeld des Reichwalder Braunkohletagebaus in enger Verzahnung zwischen Geowissenschaften, Archäologie, Paläoökologie und Paläoklimatologie erbrachten eine einzigartige Möglichkeit zum Verständnis der Landschafts-, Klima- und Vegetationsentwicklung während des Spätglazials und des älteren Holozäns.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Boeren I., M. Friedrich, M. Knipping, H.-P. Stika & M. Küppers (2005): Fire and water. The dendroecological reconstruction of a Late-Glacial pine forest inReichwalde, E-Germany. Eurodendro 2005, Sept 28-Oct 2, Viterbo, Italy: 43
- Boeren I., M. Knipping, M. Friedrich, H.-P. Stika & M. Küppers (2006): Feuer und Wasser- eine dendroökologische Rekonstruktion des spätglazialen Kiefernwaldes von Reichwalde in der Oberlausitz, Sachsen. Abstractband des 16. Jahrestreffen des Arbeitskreises Vegetationsgeschichte der Reinhold-Tüxen-Gesellschaft
- Boeren I., Stika H.-P., Knipping M., Friedrich M. & Küppers, M. (2006): Dendro-ecological reconstruction of a Late-Glacial pine forest in Reichwalde, E-Germany. TRACE 2006, Annual Conference of the Association for Tree-Ring Research, 20-22 Apr 2006, Tervuren, Belgium
- Boeren, I., Knipping, M., Stika, H.-P., Friedrich, M. & Küppers, M. (2006). Paleo-forest Reichwalde. Late Glacial event chronologies from pollen, botanical macro-remains and tree rings. In "HOLIVAR 2006 Open Science Meeting.", London, UK
- Boeren, I., M. Friedrich, M. Knipping, H.-P. Stika, T. Böttger & R. Wagner (2004): Zusammenschau und Synthese vorläufiger Ergebnisse aus den Untersuchungen der Dendrochronologie, Pollenanalyse, Großrestanalyse und Isotopenanalyse (Reichwalde). Abstractband 14. Jahrestreffen des Arbeitskreises für Vegetationsgeschichte der Reinhold-Tüxen-Gesellschaft, Berlin 2004
- Boeren, I., M. Friedrich, M. Knipping, M. Küppers & H.-P. Stika (2005): Tree rings, pollen and macroremains: Palaeo-ecological investigations from the Late-Glacial pine forest of Reichwalde, Saxony, Germany. In: Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie 35, Laufen/Salzach, 19
- Boeren, I., M. Knipping, H.-P. Stika (2004): Dendroökologische Untersuchungen und Pollen-sowie Makrorestanalysen zum spätglazialen Wald von Reichwalde, Oberlausitz. Abstractband 14. Jahrestreffen des Arbeitskreises für Vegetationsgeschichte der Reinhold-Tüxen-Gesellschaft, Berlin 2004
- Boeren, I., M. Knipping, H.-P. Stika, M. Friedrich & M. Küppers (2005): Fire and water. The dendroecological reconstruction of a Late-Glacial pine forest in Reichwalde, E- Germany. In: Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie 35, Laufen/Salzach, 20
- Friedrich, M., I. Boeren, S. Remmele, M. Küppers, C. Eschenbach, M. Knipping, H.-P. Stika, T. Böttger, J. Vollbrecht, A. Renno & O. Ullrich (2002): A late-glacial forest in the lignite mine of Reichwalde -An interdisciplinary project. In: T. Peschel, J. Mrzljak and G. Wiegleb (eds.): Kurzfassungen der Beiträge zur 32. Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in Cottbus, 16.- 20. Sept. 2002: Landschaft im Wandel ¿ Ökologie im Wandel. Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie, Band 32, Verlag Die Werkstatt, Göttingen
- Friedrich, M., I. Boeren, S. Remmele, M. Küppers, C. Eschenbach, M. Knipping, H.-P. Stika, T. Böttger, J. Vollbrecht, A. Renno & O. Ullrich (2002): A late-glacial forest in the lignite mine of Reichwalde -An interdisciplinary project. In: TRACE -Tree Rings in Archaeology, Climatology and Ecology, Proceedings of the Dendrosymposium 2002, Bonn/Jülich, Germany: 90
- Kroft, P. van der, Renno, A. & O. Ullrich (2002): Spätglaziale und holozäne Fluß-, Seen- und Niedermoorentwicklung im Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet (Sachsen). -Greifswalder Geographische Arbeiten 26, 67-71
- Stika, H.-P., M. Knipping & M. Küppers (2005): Pollen and Macro-remains from the Late Glacial Pine Forest of Reichwalde, Saxony, Eastern Germany. In: Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie 35, Laufen/Salzach, 18
- Stika, H.-P., M. Knipping & M. Küppers (2005): Pollen and Macro-remains from the Late Glacial Pine Forest of Reichwalde, Saxony, Eastern Germany. In: Verhandlungen der Gesellschaft für Ökologie 35, Laufen/Salzach, 18