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Aufklärungsprozess und interterritoriale politische Reformnetzwerke in den geistlichen Staaten an Mittelrhein und Main 1760-1803. Strukturwandel und Dynamisierung der Kommunikationsprozesse im Einflussfeld von Stiftsadel und Reformpolitik

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2003 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5399589
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein Ausgangspunkt des Projekts war die These, daß Domkapitulare und andere Funktionsträger des Stiftsadels in den Zentren der katholischen Aufklärung vielfach wichtige Initiatoren der Aufklärungsbewegung oder doch des Modernisierungsprozesses waren. Eine zweite Ausgangsthese war die Überlegung, daß diejenigen Domkapitulare, die in mehreren Zentren der katholischen Aufklärung gleichzeitig präbendiert waren, durch die dadurch bedingte Mobilität zwischen den Zentren zu Mittlern des Gedankenguts der Aufklärung zwischen den reformorienfierten (Kathedral-) Städten wurden. Drittens schloß sich die Frage an, ob und ggf. wie die traditionellen Netzwerkstrukturen des Stiftsadels durch die Reformer unter den Domkapitularen für den Transfer neuer Ideen sowie für die Durchsetzung des Reformprozesses instrumentalisiert wurden und dadurch Reformvorhaben vernetzt wurden. Das bei der Archivrecherche ermittelte Material zeichnet ein differenziertes Bild: Zum einen sind die Aufklärungs- und Reformnetzwerke im Sinne des Projektes klar erkennbar (Zobel - Greiffenclau, Walderdorff - Dalberg - Fechenbach, Kerpen - Walderdorff - Kesselstatt). Anders als es sich vor Projektbeginn aus der Literaturrecherche erschloß, stehen aber nicht primär nur Aufklärungsprojekte im Vordergrund, sondem daneben mit einem erheblichen, wenn nicht sogar überwiegenden Anteil Projekte der Industrie- und Gewerbeansiedlung nach dem Vorbild der protestantischen Staaten und teils unter gezielter Nutzbarmachung protestantischen Gewerbefleißes. Die Literatur hat diese Zusammenhänge bisher nicht gesehen. Die Reformbestrebungen im Stiftsadel greifen über die Aufklärungsbewegung hinaus hin zu einem weiter gefaßten Modemisierungsbegriff. Dabei wird gezielt auf protestantische Vorbilder zurückgegriffen. Zugleich wird bei mehreren Projekten deutlich, wie jeweils der innovative Schub vom Stiftsadel ausging. In Kurtrier brachten einige reformorientierte Domkapitulare wichtige Bereiche der Reformpolitik unter ihre Kontrolle. Wie gerade die Archivforschungen im Berichtszeitraum zeigen, spielte auch hier das Engagement des Stiftsadels insbesondere bei den Wirtschaftsreformen eine entscheidende Rolle. Gerade hier gingen vom Stiftsadel in den katholischen Territorien wesentliche Innovationsimpulse aus. Zugleich hatte das Projekt mit einer teils ungünstigen Quellenlage zu kämpfen. So sind 1945 in Würzburg die Regiminalakten von Kurmainz und Würzburg in großem Umfang verbrannt, damnter auch gerade die Bestände der beiden Hofkammern. Die Hofkammern waren für die Wirtschaftsreformen zuständig. Daß die Hofkammerbestände wichtig gewesen wären, zeigte sich erst während der Projektarbeit und war vorher noch nicht abzusehen. Um so mehr war im die Berichtszeitraum erfolgte Auswertung des geschlossen erhaltenen kurtrierischen Bestandes fur die Einordnung der wirtschaftspolitischen Initiativen des Stiftsadels von großer Bedeutung. Außerdem ist, wie sich ebenfalls erst im Verlaufe der Recherche zeigte, in den Familienarchiven die Wirksamkeit der geistlichen Mitglieder des Hauses oft nur sehr eingescliränkt dokumentiert. Vieles wird daher nur schlaglichtartig und exemplarisch deutlich. Einen Ausgleich ermöglichten dagegen die sehr guten Bestände in den Familienarchiven Zobel von Giebelstadt, Fechenbach und Greiffenclau, einzelne Akten im Schloßarchiv Molsberg, die Passivkorrespondenz von Franz Oberthür sowie die sehr gute Überlieferung für Kurtrier.

 
 

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