Detailseite
Projekt Druckansicht

Untersuchung subkortikaler und kortikaler Substrate von Emotion beim Hören von Musik durch funktionelle Bildgebung (fMRT)

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung von 2003 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5470045
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

1.1 Zusammenfassung In dem vorliegenden Projekt wurden zunächst anhand von funktioneller Magentresonanztomographie (fMRT) zerebrale Korrelate von Emotion mit Musik untersucht (Koelsch et al., 2006; siehe auch Abschnitt 2.1). Dabei wurde ein Netzwerk bestehend aus Amygdala, anteriorer Hippocampusformation, Gyrus parahippocampalis, und temporalem Pol identifiziert, welches valenzspezifisch durch musik-evozierte Emotionen aktiviert und deaktiviert werden kann. Dies zeigt, dass musik-evozierte Emotionen zentrale Strukturen des sog. limbischen Systems involvieren. Dies eröffnet neue wichtige Perspektiven für therapeutische Ansätze (v.a im Hinblick auf Patienten mit funktionellen Störungen in diesen Strukturen, bspw. Patienten mit Depression), und auch für weitere Studien zur Erforschung neuronaler Korrelate von Emotion. In einem zweiten fMRT-Experiment (Koelsch et al., 2008; siehe auch Abschnitt 2.2) wurde gezeigt, dass Aktivitätsänderungen in der Amygdala auch durch musik-syntaktisch unerwartete Akkordfunktionen (welche als weniger angenehm empfunden werden) evoziert werden können. Dies zeigt abermals, dass die Aktivität der Amygdala (i.e. einer zentralen Struktur des „limbischen“ Systems) durch musik-evozierte Emotion moduliert werden kann. In einem dritten fMRT-Experiment (Mietchen et al., in preparation, siehe auch Abschnitt 2.3) wurden Effekte von Harmonizität („Konsonanz/Dissonanz“) sowie von Frequenz-Modulationen („frequency sweeps“) anhand einzelner Töne untersucht. Diese akustischen Parameter (Harmonizität sowie Frequenz-Modulation) wurden gewählt, weil sie eine wichtige Rolle spielen für die vokale Kommunikation von Affekten. Dabei wurde gefunden, dass die BOLD-Signal-Antwort im anterioren sekundären auditorischen Kortex positiv korreliert mit fallendem Grad an Harmonizität, und im posterioren sekundären auditorischen Kortex positiv korreliert mit steigendem Grad an Harmonizität (i.e., je unharmonischer das akustische Signal, desto stärker die Signalantwort im anterioren, und desto schwächer die Antwort im posterioren sekudären auditorischen Kortex). Interessanterweise replizierte diese Studie auch Aktivierungen in der Amygdala mit steigendem Grad an Unangenehmheit. In einem vierten fMRT-Experiment (Fritz et al., under review, siehe auch Abschnitt 2.4) wurde die Aktivierung des Netzwerks der ersten fMRT-Studie (2.1) repliziert, und darüber hinaus Sub-Regionen der Amygdala identifiziert, welche valenz-spezifisch in Emotionen involviert sind: Zum einen ein zentraler Aspekt der Amygdala (vermutlich basolaterale Amygdala), welcher funktionelle Konnektivität mit der anterioren Hippocampus-Formation, dem Gyrus parahippocampalis, sowie dem temporalen Pol zeigte, und zum anderen ein dorsaler Aspekt der Amygdala (vermutlich corticomediale Amygdala), welcher funktionelle Konnektivität mit dem ventralen Striatum (wahrscheinlich Nucleus accumbens) und dem Orbitofrontal-Kortex zeigte. In beiden fMRT Experimenten wurden auch temporale Aspekte der Aktivität der identifizierten Strukturen gefunden. Zum einen zeigte sich, dass das Netzwerk aus Amygdala, anteriorer Hippocampus-Formation, Gyrus parahippocampalis und temporalem Pol erst im Verlauf emotionalen Erlebens stärkere neuronale Aktivität zeigt: Beim Hören ca. einminütiger Musikstücke war das hämodynamische Signal innerhalb dieses Netzwerks am Ende der Stücke stärker als am Anfang. Allerdings zeigte das zweite fMRT-Experiment, dass auch bereits in den ersten Augenglicken des Musikhörens Aktivität in diesem Netzwerk nachgewiesen werden kann. In beiden 26 26 fMRT Experimenten wurde auch Aktivität im ventralen Striatum (wahrscheinlich des Nucleus accumbens) nachgewiesen; diese Aktivität korrelierte mit der Angenehmheit der Musikstimuli. Das zweite fMRT Experiment zeigte außerdem, dass diese Aktivität mit Aktivität in weiteren Strukturen korrelierte, die typischerweise einem dopaminergen System zugeordnet werden können (bspw. ventrale Area tegementalis und Epithalamus). Dies schlägt musik-evozierte dopaminerge Aktivität vor, was abermals neue wichtige Perspektiven für therapeutische Ansätze bei Patienten mit Störungen dieses Systems eröffnet (bspw. Patienten mit Anhedonie, und Patienten mit Morbus Parkinson). In einer weiteren Studie (Koelsch et al., 2007; siehe auch Abschnitt 2.5) wurde gezeigt, dass sich die Signal-Änderungen in Amygdala und anteriorer Hippocampus-Formation je nach emotionaler Persönlichkeit der Individuen unterscheidet. Interessanterweise wurde in dieser Studie auch eine elektrokardiographische Signatur entdeckt, welche sowohl mit der emotionalen Persönlichkeit, als auch mit den fMRT-Aktivierungen korreliert. Dies eröffnet weitere Perspektiven zur Erforschung physiologischer Korrelate emotionaler Persönlichkeit. Das im fMRT genutzte experimentelle Paradigma wurde auch in einem EEG-Experiment verwendet (Sammler et al., 2008; siehe auch Abschnitt 2.6). Hier zeigte sich ein Anstieg der fronto-medianen Theta-Aktivität während musik-evozierter angenehmer Emotion. Außerdem zeigten sich peripherphysiologische Korrelate unangenehmer und angenehmer Emotion beim Hören von Musik: Es wurde gezeigt, dass die Herzrate beim Hören angenehmer Musik höher ist als beim Hören unangenehmer Musik. Peripherphysiologische Effekte musik-evozierter Emotion wurden in weiteren Experimenten anhand elektrodermaler Aktivität, Herzrate, und Herzratenvariabilität systematisch untersucht (Koelsch et al, 2008b; Enk et al, in preparation; siehe auch Abschnitt 2.7). Schließlich wurde eine Afrika-Expedition durchgeführt (Fritz et al, 2009; siehe auch Abschnitt 2.7), in der universelle und kulturvergleichende Aspekte der emotionalen Wahrnehmung von Musik untersucht wurden. In dieser Studie zeigte sich zum einen, dass emotionaler Ausdruck westlicher Musik („fröhlich“, „traurig“, „ängstlich“) auch von Menschen identifiziert werden kann, die noch nie zuvor in ihrem Leben westliche Musik gehört haben. Dies zeigt, dass nicht nur emotionaler Ausdruck von Gesichtern und affektiver Prosodie, sondern auch emotionaler Ausdruck von (westlicher) Musik universell verstanden wird. Zum anderen zeigte sich, dass permanent dissonante Musik universell als unangenehmer wahrgenommen wird, als überwiegend konsonante Musik (wobei sich jedoch auch zeigte, dass die in westlichen Kulturen typische Präferenz von Konsonanz gegenüber Dissonanz auch stark kulturell geprägt ist).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung