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Die mittelalterlichen Paramente aus der Hansestadt Stralsund. Kunsthistorische und textilkundliche Auswertung

Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2003 bis 2007
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5405182
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Gemäß der Zielsetzung des Projekts wurde ein umfassender wissenschaftlicher Bestandskatalog des im Kulturhistorischen Museum Stralsund erhaltenen Paramentenschatzes erarbeitet, der auf der Basis ausführlicher technischer Analysen anhand des Vergleichs mit den wichtigsten europäischen Paramentenbeständen eine stilistische und zeitliche Einordnung der bisher weitgehend unpublizierten Stücke leistet. Anhand der systematische Auswertung der an den Einzelobjekten gewonnenen Ergebnisse gelang es darüber hinaus, das spezifische Profil der ortsgebundenen Sammlung im Vergleich mit den vorreformatorischen Pfarrkirchenschätzen in Braunschweig und Danzig sowie den Paramenten der Bischofskirche zu Halberstadt näher zu bestimmen. Obwohl sich weniger Stücke erhalten haben, zeigt der Bestand insgesamt ein ähnliches Profil wie in Braunschweig und Danzig, wobei Stralsund in Bezug auf die Qualität der überwiegend italienischen Seidenstoffe in der Zeit des späten 14. Jahrhunderts über Braunschweig und unter Danzig rangiert. In der Zeit um 1300 hingegen, in der Stralsund nach Lübeck die wichtigste Position unter den Städten an der südlichen Ostseeküste einnahm, wurden dort ebenso kostbare, fernöstliche, spanische und italienische Stoffe verarbeitet wie in Danzig. Bezüglich der Verarbeitung der wohl durchgehend vor Ort gefertigten Gewänder ließen sich in der Wahl der Futterstoffe und der Gestaltung der Halsausschnitte Varianzen gegenüber den in Braunschweig und Danzig üblichen Vorgehensweisen konstatieren. Aus diesen Beobachtungen konnte das Vorhandensein und die jeweils unterschiedliche Ausprägung einer bis in die Zeit der Reformation andauernden örtlichen Tradition in der Paramentenschneiderei nachgewiesen werden. Im Hinblick auf den Zuschnitt des priesterlichen Messgewands, der Kasel, wurde erkennbar, dass dieser in Stralsund, ebenso wie in Braunschweig und Danzig im Laufe des 15. Jahrhunderts modernisiert wurde hin zu einer schmaleren Form mit einer größeren Bewegungsfreiheit der Arme, während man an der Bischofskirche zu Halberstadt sehr viel länger an der traditionellen Glockenform festhielt. Wichtige Anregungen für künftige Forschungen könnten von den Erkenntnissen ausgehen, die über die unterschiedlichen Weblängen italienischer und fernöstlicher Stoffe sowie über die verschiedenen Ursachen dieser ungleichen Vorgehensweise gewonnen wurden. Die zu Beginn des 14. Jahrhunderts in Stralsund ebenso wie in Danzig zu beobachtende Vorliebe für Prachtstoffe aus dem Großreich der Tartaren wurde als Ausdruck eines gesamteuropäisches Phänomens begriffen, das es vor dem Hintergrund einer spezifischen handelsgeschichtlichen Situation und der zeitweise engen politischen Verbindung zwischen den Mongolenkhanen und den europäischen Fürstenhäusern zu erhellen galt. Die Konkretisierung der Herkunft der Gewänder, bei denen es sich nicht nur, wie zunächst vermutet, um die Paramente des Kalands, der Priesterbruderschaft an St. Nikolai, sondern teilweise auch um den Altbestand der wichtigsten und ältesten Pfarrkirche Stralsunds handelt, bildete einen wichtigen Ausgangspunkt für die Untersuchungen an den Einzelobjekten. So konnten nicht nur die Kenntnisse über den Umgang mit den Paramenten in nachreformatorischer Zeit deutlich konkretisiert werden, sondern auch Ergebnisse, die die Wertstellung und den Umgang mit dem Luxusmaterial Seide innerhalb der Repräsentationskultur der Stadt Stralsund betreffen, erzielt werden. Die Forschungsergebnisse werden in einem von der Abegg-Stiftung Riggisberg herausgegebenen Bestandskatalog publiziert, der im Sommer 2008 erscheinen wird und die fotografische Dokumentation der Objekte einschliesst. Im Rahmen einer Ausstellung des Kulturhistorischen Museums der Stadt Stralsund wird der Bestand erstmals vollständig der Öffentlichkeit präsentiert. Anlässlich von Ausstellung und Publikation ist ein fachübergreifendes Colloquium geplant.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • von Fircks, Juliane, Der Stralsunder Paramentenschatz, Stralsund 2006

  • von Fircks, Juliane, Kat. Nr. 113,114, in: Ausst.-Kat. Dortmund 2006: Ohm, Matthias/Schilp, Thomas/Welzel, Barbara, Ferne Welten-Freie Stadt. Dortmund im Mittelalter, Bielefeld 2006

  • von Fircks, Juliane, Venedig und Lucca am Sund. Der mittelalterliche Paramentenschatz des Stralsunder Kulturhistorischen Museums, in: Welt-Kultur- Erbe, Heft 1/2006, S. 14-15

 
 

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