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Reiseberichte als Ego-Dokumente. Formen islamisch-arabischer Selbstdarstellung aus Bilad ash-Scham (das heutige Syrien, Libanon, Palästina, Jordanien), 16.-18. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung von 2003 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5406340
 
Erstellungsjahr 2007

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bei der Erforschung von Ego-Dokumenten der islamisch-arabischen Welt und bei der Erörterung der Frage, welche Konzepte des Ich diesen Texten zugrunde liegen, ist das Schrifttum des 16. bis zum 18. Jahrhundert bislang vernachlässigt worden. Das Projekt sollte dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Es konzentriert sich auf die Untersuchung eines 50 Reiseberichte umfasssenden Materialkorpus aus Bilad ash- Sham, d.h. aus dem Gebiet, das in etwa dem Territorium der heutigen Staaten Syrien, Libanon, Jordanien und Israel/Palästina entspricht. Die untersuchten Texte bilden für die besagte Periode den größten Teil der bislang vorliegenden Ego-Dokumente aus dieser Großregion. Ziel war es, die verschiedenen Formen der in diesen Texten anzutreffenden Ich-Darstellungen vergleichend zu analysieren. Die Arbeit sollte zeigen, dass vormodernen Muslimen mehr und komplexere Formen der Selbstdarstellung zur Verfügung standen, als in der Forschung derzeit angenommen wird. Das Projekt beschränkte sich nicht auf die Analyse bereits bekannter Reiseberichte, sondern förderte einige neue Texte aus Bilad asn-Sham zutage. Angesichts der überraschenden Materialfülle erwies es sich als sinnvoll, auf der Basis von Einzeluntersuchungen mögliche Wege zu einer paradigmatischen Beschreibung des Genres zu eröffnen. Unter anderem entstand die Monographie "Glaube und Skepsis. Arabische Intellektuelle in Istanbul während der Frühen Neuzeit". Im Zentrum stehen Istanbul-Reisen von Arabern, die sich in in der Hoffnung auf einen Posten oder finanzielle Förderung in die osmanische Hauptstadt begaben. Ihre Aufzeichnungen bilden eine in sich recht geschlossene Untergattung des Reiseberichts, die man als "Karrierereisebericht" bezeichnen kann. In diesen Werken kommt der Charakter des Reiseberichts als Ego-Dokument ganz deutlich zum Ausdruck. Es geht den Autoren weniger um geographische Beschreibung als um eine Reflexion ihrer eigenen prekären Situation. Die Monographie zeigt überdies, dass sich einige der Verfasser von Textvorbildern aus dem islamischen Westen inspirieren ließen. Konkret konnten zwei westarabische Berichte aus dem 14. Jh. als Vorlagen identifiziert werden. Unter gattungssystematischen Gesichtspunkten wurden Karrierereiseberichte und Pilgerberichte, die andere größere Untergruppe im Genre des Reiseberichts, vergleichend betrachtet. Während der Pilgerreisebericht einem linearen Erzählmuster folgt, das kaum narrative Höhepunkte kennt und gleichsam Rechenschaft ablegt über die Ableistung eines vorgeschriebenen Rituals, präsentieren Karrierereiseberichte „Abenteuergeschichten".

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Herrschaftskritik, Karrierestreben, Djihâd. Das Osmanische Reich und Istanbul in arabischen Reiseberichten des 16. bis 18. Jahrhunderts. In: Istanbul: vom imperialen Herrschersitz zur Megapolis. Historiographische Betrachtungen zu Gesellschaft, Institutionen und Räumen, hrsg. von Yavuz Kose, München 2006, 71-82
    Ralf Elger
  • Rauminszenierung und Selbstdarstellung im arabischen Reisebericht der Frühen Neuzeit. Hafîz ad-Dîn al-Qudsîs (gest. 1645) Fahrt von Jerusalem nach Istanbul. In: Ausmessen-Darstellen-lnszenieren. Aneignung, Schaffung und Wiedergabe von Räumen in Mittelalter und früher Neuzeit, hrsg. v. Ursula Kundert, Barbara Schmid & Regula Schmid, Zürich 2007, 153-163
    Ralf Elger
 
 

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