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Genetische Diagnostik in der Arbeitsmedizin: eine Vorstudie zum ethischen Diskurs

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Förderung Förderung von 2003 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5410056
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Ergebnisse des Projektes erlauben verschiedene Schlussfolgemngen im Hinblick auf eine Bewertung des Einsatzes gendiagnostischer Methoden in der Arbeitsmedizin. Die im engeren Sinn als „genetisch" verstandenen molekular- und zytogenetisehen Untersuchungsmethoden sind aktuell in der Arbeitsmedizin von noch geringer Bedeutung, sowohl für Einstellungs- als auch für Vorsorgeuntersuchungen. Für die Zukunft dürfte jedoch die Kombination aus vermehrt zur Verfügung stehenden genetischen und sonstigen medizinischen, sozialen und psychologischen Informationen zu einem erheblichen Zuwachs an Prognostik führen und damit an Relevanz in einer fundamental auf prognostisches Wissen ausgerichteten Arbeitsmedizin gewinnen. Unsere Pilotstudie lieferte überdies Anhaltspunkte dafür, dass Familienanamnesen in großem Umfang in der Arbeitsmedizin erfragt werden. Auch Familienanamnesen können genetische Informationen von erheblicher Brisanz erbringen, werden in der Regel aber nicht als „genetische" Untersuchungen eingestuft. Genetische wie auch sonstige prädiktive Informationen verleiten aufgrund ihrer Eigenschaften - der hohen Probabilitäl und Prädiktivität - in besonderem Maße zu unsachgemäßer Nutzung, da sie schwierig zu interpretieren sind. Deshalb sind vermehrte Anforderungen an die Zulassung dieser Verfahren, die Nutzung im arbeitsmedizinischen Kontext und an die Qualifikation derer zu stellen, die sie nutzen. Die entscheidenden moralischen Argumente für eine darüber hinaus gehende Regelung prädiktiver Diagnostik in der Arbeitsmedizin aber kommen stets auf die lebensweltliche Bedeutung der Lohnarbeit, auf ihre ausschlaggebende Bedeutung für die Zuteilung von Lebenschancen zurück. Die Frage kann deshalb nicht nur lauten, ob die Interessen des jeweiligen Arbeitnehmers oder die des jeweiligen Arbeitgebers höher zu bewerten sind. Sie muss ergänzt werden durch die Frage nach der Gerechtigkeit einer Ungleichbehandlung. Prädiktive medizinische Untersuchungen dürfen im Sinne einer fairen Chancengleichheil nur dann erlaubt sein, wenn dadurch ein sachgerecht und konkret prognostizierbarer, arbeitsplatzbedingter gesundheitlicher Schaden für den Betroffenen selbst oder für Drite vermieden werden karm. Eine darüber hinausgehende Testung der zukünftigen Eignung aber ist - unabhängig von der hierbei verwandten Methode - mit fairer Chancengleichheit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern nicht mehr vereinbar.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2005) Ein „Rückschritt" in die richtige Richtung? Die Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur Nutzung von prädiktiven Gesundheitsinformationen bei Einstellungsuntersuchungen. Hessisches Ärzteblatt 10: 665- 9
    Schmitz D
  • (2005) Genetische Analysen an Arbeitnehmern. Brauchen wir eine gesetzliche Regelung? Ethik in der Medizin 17(2): 114-126
    Schmitz D, Wiesing U
  • (2005) Methode oder Prognose? Zum Diskussionsentwurf des Gendiagnostikgesetzes aus ethischer Perspektive. Zeitschrift für Medizinische Ethik 51(2): 192-8
    Wiesing U, Schmitz D
  • (2005) Wider den genetischen Exzeptionalismus. Die Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur Nutzung von prädiktiven Gesundheitsinformationen bei Einstellungsuntersuchungen. Ethik in der Medizin 17 (4) 316-21
    Schmitz D
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00481-005-0402-x)
  • (2006) Just a family medical history? British Medical Journal, Feb 2006; 332: 297-299
    Schmitz D, Wiesing U
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1136/bmj.332.7536.297)
  • (2007) Ethische Aspekte der genetischen Diagnostik in der Arbeitsmedizin, Deutscher Ärzteverlag, Köln
    Schmitz D, Wiesing U
 
 

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