Paläozoische und mesozoische Pteridospermenkutikulen als Klima-Proxies - ein methodologischer Ansatz
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Fossile Kutikulen liefern nicht nur wichtige Informationen zur Systematik und Ökologie sondern werden seit Anfang der neunziger Jahre auch häufig als Proxies für atmosphärische CO2- Konzentrationen im Verlauf der Erdgeschichte angewendet. Anhand der Anzahl der Spaltöffnungen pro Oberflächeneinheit (SD) und des Spaltöffnungsindex (Sl), der das Verhältnis der Zahl der Spaltöffnungen zu den übrigen Epidermiszellen ausdrückt wird die C02-Konzentration der Atmosphäre ermittelt. Meist handelt es sich dabei um fossile Vertreter heute noch existierender Pflanzengruppen, insbesondere Ginkgophyten, die mit heutigen Verwandten verglichen werden können. Es wurden allerdings auch häufiger Pteridospermen, eine am Ende des Mesozoikums ausgestorbene Gruppe, die z.Zt neun Gymnospermenordnungen umfasst für solche Untersuchungen herangezogen, da deren Kutikulen sehr überlieferungsfähig und sie vor allem im Karbon und Perm oft dominant vertreten sind. Somit wurde die Anwendung dieser Methode von der Obertrias bis ins Karbon ausgedehnt. Problematisch ist jedoch, dass Pteridospermen keine heutigen Verwandten besitzen. Ziel dieses Projektes war, zu ermitteln, ob Pteridospermenkutikulen sich tatsächlich für die Ermittlung fossiler C02-Konzentrationen und damit als Paläoklima-Proxies eignen. Im Rahmen dieses Projektes wurden ausgewählte oberkarbonische bis obertriassische Pteridospermen aus Deutschland, England, Frankreich, Italien, Schweden und Jordanien untersucht. Dabei handelte es um Arten, von denen genügend komplette Fiederblättchen in hervorragender Erhaltung verfügbar waren. Durch die Erstellung solcher sehr grossen Datensätze, wobei gezielt verschiedene Bereiche der Fiederchen ausgezählt wurden, wurde dem Problem nachgegangen, ob bestimmte Arten intraspezifische SD- und Sl-Variationen aufweisen. Es wurden zwei Arten der gleichen Gattung aus derselben Fundschicht und Lokalität miteinander verglichen sowie gleichaltrige Kutikulen ausgewählter Arten aus unterschiedlichen Lokalitäten. Weiterhin wurden die anhand von Pteridospermen- Kufikulen verschiedener Fundstellen ermittelten SD- und Sl-Werte und daraus abgeleiteten C02-Konzentrationen mit denen verglichen, die anhand von Ginkgophyten-Kutikulen aus den gleichen Fundstellen ermittelt wurden sowie mit In der Literatur publizierten Werten. Es stellte sich heraus, dass jede einzelne untersuchte Pteridospermen-Art offenbar ihre eigene typische Sl aufweist. Die Kutikulen von Odontopteris brardii (Medullosates), aus unterschiedlichen Fundstellen im Stefan Frankreichs und Deutschlands, wiesen sehr ähnliche Sl-Werte aut Bei Peltaspermum martinsii (Peltaspermales) aus dem Oberperm lieferte das Material aus Norditalien deutlich niedrige Sl-Werte als Vertreter der gleichen Art aus dem Zechstein Hessens und Thüringens. Zwei Dicroidium-Arten (Corystospermales), D. irnensis und D. jordanensis, die makroskopisch kaum voneinander zu unterscheiden sind und aus der gleichen Lokalität und Fundschicht im Oberperm Jordaniens stammen und unter den gleichen atmosphärischen Verhältnisse wuchsen, lieferten dagegen stark unterschiedliche Sl-Werte, obwohl die bei diesen beiden Arten gemessene δ13 C-Werte nahezu identisch sind. Dicroidium irnensis weist eine recht starke Variation der Sl-Werte Innerhalb einzelner Fiederchen auf, während die Sl-Werte von D. jordanensis dagegen über die gesamte Fiederchenoberfläche konstant sind. Da über den Sl die C02-Konzentration berechnet wird, würden auch die daraus abgeleiteten C02-Werte, die daraus abgeleitet werden, sehr unterschiedlich sein. Lepidopteris ottonis (Peltaspermales) aus verschiedenen Fundstellen Im Rhät Südschwedens und Pachypteris papillose (Corystospermales) aus dem mittleren Jura Englands wiesen beide recht einheitliche Sl-Werte für die gesamte Fiederchenoberfläche auf Die Untersuchungen zeigen, dass der Sl bei Pteridospermen artspezifisch ist, wie durch andere Autoren auch bereits für andere Pflanzengruppen nachgewiesen wurde. Die anhand der ermittelten Sl-Werte für die verschiedenen Arten und Fundstellen berechneten C02-Konzentrationen sind fast alle wesentlich höher als die in der Literatur publizierten Werte. Es ist nach unserer Untersuchung auch weiterhin noch sehr fraglich, ob Pteridospermen als Proxies für atmosphärische C02-Konzentrationen im Verlauf der Erdgeschichte angewendet werden können. Mehrere der untersuchten Taxa lieferten zwar recht einheitliche Sl-Werte; sie sind jedoch höher als die Werte, die bislang publiziert wurden. Sogar vollständige Fiederchen lassen nicht sofort erkennen, ob die betreffende Art einheitliche Sl-Werte liefert und damit für paläoatmosphärische Untersuchungen geeignet Ist Daher müssen die bislang durchgeführten Studien, die meist auf (sehr) fragmentarischen Kutikularesten basieren äußerst kritisch betrachtet werden. Der Vergleich von zwei sehr nah verwandten fossilen Arten, die unter den gleichen atmosphärischen Bedingen wuchsen und sehr unterschiedliche Sl-Werte aufwiesen, deutet an, dass auch Vergleiche fossiler und heutiger Arten der gleichen Gattung äußerst kritisch betrachtet werden müssen. Sehr wichtige und völlig neue Erkenntnisse, die aus diesem Projekt resultieren, sind, dass anhand des hervorragend erhaltenen Materials erstmalig die Entwicklung vollständiger Fiederchen dokumentiert werden kann. Dabei zeigt sich, dass die Verteilung der Spaltöffnungen auf der Fiederchenoberfläche - insbesondere der Flederchenoberseite - durch das Wachstum und die Position der Meristeme bestimmt wird. Im Gegensatz zu Blütenpflanzen, bei denen die Spaltöffnungen meist regelmäßig über die Blattoberfläche verteilt sind (mit Ausnahme der Arten mit parallelrandigen und -nervigen Blätter), liegen sie bei Pteridospermen oft in bestimmten (meristematischen) Bereichen. Eine Aussage, ob hieraus abgeleitet werden kann, ob bestimmte Arten besser als andere für paläoatmosphärische Untersuchungen geeignet sind, ist z.Zt noch nicht möglich, da hierfür noch nicht genügend Daten vorliegen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2004): A Late Permian flora with Dicroidium from the Dead Sea region, Jordan. - VIIth International Organization of Paleobotany Conference, Bariloche, Argentinia, Abstracts, p.64-65
Kerp, H., Abu Hamad, A.M.B., Bandel, K., Niemann, B. & Eshet, Y.
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(2004): A new Upper Permian flora from the Middle East with typical Triassic Gondwana elements. - 15th Plant Taphonomy Meeting, Naturalis, National Museum of Natural History, Leiden, The Netherlands, November 12-13, 2004
Kerp, H., Abu Hamad, A., Bandel, K. & Niemann, B.
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(2005): Cuticular features of Dicroidium from the uppermost Permian of Jordan - Let us meet across the P/T boundary - Workshop on Permian - Triassic Palaeobotany and Palynology - Bolzano / Bozen. Italy, June 16-18, 2005
Vörding, B., Abu Hamad, A., & Kerp, H.
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(2006): Preliminary results on the applicability of fossil pteridosperm cuticles as proxies for reconstructing ancient CO2 levels. - 7th European Palaeobotanical and Palynological Congress, Czech Republic, Prague, September 6-11, 2006
Vörding, B. & Kerp, H.
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(2006): The development of pinnules, pinnae and fronds in Late Palaeozoic and Mesozoic pteridosperms. 7th European Palaeobotanical and Palynological Congress, Czech Republic, Prague, September 6-11, 2006
Kerp, H., Vörding, B. & Krings, M.
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(2006): Typical Triassic Gondwanan floral elements in the upper Permian of the palaeotropics and on first appearances of major gymnosperm clades. - 2nd International Palaeontological Congress, Beijing, China, June 17-21, 2006
Kerp, H., Abu Hamad, A., Vörding, B. & Bandel, K.
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(2006): Typical Triassic Gondwanan floral elements in the Upper Permian of the paleotropics. - Geology, 34: 265-268; Boulder, CO
Kerp, H., Abu Hamad, A., Vörding, B. & Bandel, K.
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(2008): Frond and pinnule development in late Palaeozoic and early Mesozoic pteridosperms. XIIth International Palynological Congress / VIIIth International Organization of Palaeobotany Conference, Bonn, August 31 - September 5, 2008
Kerp, H., Krings, M., Bomfleur, B., Vörding, B . & Abu Hamad, A.
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(2008): Late Permian flora with Dicroidium from the Dead Sea region, Jordan. - Review of Palaeobotany and Palynology, 149: 85-130; Amsterdam
Abu Hamad, A., Kerp, H., Vörding, B. & Bandel, K.
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(2008): Stomatal indices of Peltaspermum martinsii (Pteridospermopsida, Peltaspermaceae) from the Upper Permian Bletterbach Gorge and their possible applicability as climatic proxies. - Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Abhandlungen, 248: 245-256; Stuttgart
Vörding, B. & Kerp, H.