Identifizierung des ursächlichen Gendefektes für zwei monogen vererbte Krankheiten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Identifizierung von Krankheitsgenen für monogen vererbte Erkrankungen stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Für das Auffinden einer ein Krankheitsgen beinhaltenden Region im menschlichen Genom gibt es verschiedene experimentelle Ansätze. Wir verfolgen schon seit längerer Zeit den Ansatz, bei Patienten mit einem mendelnden Phänotyp und einem balanciert erscheinenden chromosomalen Rearrangement die Bruchpunkte feinzukartieren und in den eingegrenzten Bruchregionen nach Kandidatengenen für das entsprechende Krankheitsbild zu suchen. Durch Mutationsanalyse ausgewählter, in der Bruchregion kartierender Gene bei Patienten mit einem ähnlichen klinischen Bild wie das des Patienten mit der chromosomalen Veränderung kann durch das Auffinden weiterer Mutationen ein Krankheitsgen identifiziert werden. Dieses Vorgehen haben wir uns zu Nutze gemacht, um die ursächlichen genetischen Veränderungen bei einer bekannten Erkrankung, dem Zimmermann- Laband-Syndrom, und einem bisher nicht beschriebenen Gehirnfehlbildungsphänotyp aufzudecken. Für das Zimmermann-Laband-Syndrom (ZLS)-Projekt lagen uns durch zwei Translokationen Hinweise auf die möglichenweise das Krankheitsgen aufweisende Region 3p14.3 vor. Unsere umfassenden molekulargenetischen Analysen die Region 3p21.1-p14.3 betreffend, die u.a. eine Sequenzanalyse von 11 dort kartierenden Protein-kodierenden Genen sowie neun putativen, "long range" regulatorischen Elementen, Untersuchungen zu Kopienzahlveränderungen und die Expressionsanalyse ausgewählter Gene umfassten, führten nicht zur Identifizierung des entsprechenden Krankheitsgens. Darüberhinaus hat unser funktioneller Kandidatengenansatz mit der Mutationsanalyse von neun Genen, deren Proteine sich In einem für die Knochenentwicklung wichtigen Signalweg befinden, ebenfalls nicht zum Auffinden pathogener Mutationen bei Patienten mit ZLS geführt. In einem zweiten Projekt führten wir eine Bruchpunktkartierung bei einer parazentrischen Inversion auf dem X-Chromosom durch, die bei einer kleinen Patientin mit mentaler Retardierung, Mikrozephalie, zerebellärer Hypoplasie mit schmalem Hirnstamm und verschmälerter Pons vorlag. Das in der Region Xpl 1.4 liegende CASK-Gen wurde direkt unterbrochen. Bei drei Mädchen und einem schwer betroffenen Jungen, der Im Alter von zwei Wochen verstarb und die alle einen zur Inversionspatientin sehr ähnlichen klinischen Phänotyp aufwiesen, identifizierten wir pathogene Mutationen in CASK. Zusammengenommen deuten unsere Daten daraufhin, dass CASK-Mutationen mit einem neuen Gehirnfehlbildungsphänotyp (postnatale Mikrozephalie, vereinfachte Gyrierung und Hypoplasie des Kleinhirns und Hirnstamms) assoziiert sind. Die Identifizierung heterozygoter Funktionsverlustmutationen in CASK bei Mädchen und einer hypomorphen Mutation bei einem schwer betroffenen Jungen lassen vermuten, dass dieses Krankheitsbild X-chromosomal mit eingeschränkter Lebensfähigkeit bzw. Letalität im männlichen Geschlecht vererbt wird. In Kürze wird das Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf eine Pressemitteilung über diese Studienergebnisse herausgeben.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Abo-Dalo, B., Kim, H.-G,, Roes, M., Stefanova, M,, Higgins, A., Shen, Y,, Mundlos, S,, Quade, B,J,, Gusella, J,F. and Kutsche, K. (2007) Extensive molecular genetic analysis of the 3p14,3 region in patients with Zimmermann- Laband syndrome. Am J Med Genet A 143A: 2668-2674.
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Abo-Dalo, B., Roes, M., Canün, S,, Delatycki, M., Gillessen-Kaesbach, G,, Hrytsiuk, I,, Jung, C, Kerr, 8., Mowat, D., Seemanova, E., Steiner, C.E,, Stewart, H., Thierry, P,, van Buggenhout, G., White, S., Zenker, M. and Kutsche, K. (2008) No mutation in genes of the WNT signaling pathway in patients with Zimmermann-Laband syndrome. Clin Dysmorpt}ol M: 181-185,
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Kim, H.-G,, Higgins, A,W,, Herrick, S,R,, Nicholson, L, Kutsche, K., Ligon, A.H., Harris, D.J., MacDonald, M.E,. Bruns, G,A,P,, Morton, C C , Quade, B,J., and Gusella, J.F. (2007) Candidate loci for Zimmermann-Laband syndrome at 3p14.3. Am J Med Genet A 143A: 107-111,