Höchstfester austenitischer Stahl
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das wesentliche Ergebnis des abgeschlossenen Projektes war die Entwicklung einer Gruppe neuer höchstfester nichtrostender austenitischer Stähle von der Elektronenstruktur bis zum Bauteil. Auf ab initio Berechnungen und Messungen zur Verteilung und Konzentration freier Elektronen folgten elektronenmikroskopische Untersuchungen nach monotoner und zyklischer mechanischer Beanspruchung. Vor diesem strukturellen Hintergrund wurden die Ergebnisse mechanischer, tribologischer und korrosiver Prüfungen interpretiert. Die Herstellung der neuen Stähle begann mit umfangreichen Berechnungen zur Konstitution, die auf folgende Legierungsgrenzen führten: je 18 bis 19 Masse% Cr und Mn, 0.8 bis 1.1 Masse% C+N und ggf. weitere Zusätze von Mo und Cu. Die Verfolgung der Erschmelzung, Elektro-Schlacke- Umschmelzung, Warmumformung und Wärmebehandlung schloss sich an. Im Vordergrund standen die Vermeidung einer Entgasung von N2 während der Erstarrung und die Kontrolle der Randschichtveränderung durch Auf-/Entsticken sowie der Karbid-/ Nitridausscheidung in Bauteilen. Der Stand des Wissens über High Nitrogen Steels lag als Monografie vor und wurde anschließend durch ein Vorläuferprojekt über einen verschleißbeständigen, mit C+N legierten Austenit erweitert. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die neue mit G+N legierte Stahlgruppe über ein außergewöhnlich hohes Produkt von Kaltverfestigung und Duktilität verfügt, das zur höchsten, im Zugversuch gemessenen Brucharbeit aller Stähle führt. Als Ursache ist die Erhöhung der Konzentration an freien Elektronen durch Legieren mit C+N zu sehen. Erstmals lässt sich in einen nichtrostenden austenitischen Stahl eine Härte von 60 HRC allein durch Kaltverformen ohne a-Martensit erzielen, was bisher härtbaren Stählen vorbehalten war. Nach Prallverschleiß haben wir auf der Verschleißfläche eine amorphe bis nanokristalline Schicht entdeckt. Durch Molybdän konnte die Beständigkeit gegen Lochkorrosion erhöht werden, während Kupfer die Ausscheidungsneigung verstärkte. Durch Legieren mit C+N und die Optimierung der Konstitution gelang es, die Erschmelzung der (C+N)-Stähle ohne Druckmetallurgie und damit deutlich kostengünstiger als die vieler N-Stähle durchzuführen. Das von uns entwickelte (C+N)- Konzept wirkt sich vorteilhaft auf Struktur (Elektronenstruktur, Stapelfehlerenergie, Nahordnung, Löslichkeit, Austenitstabilität), Eigenschaften (Festigkeit, Duktilität) und Kosten (offene Erschmelzung, Ni-frei) aus. Das (C+N)-Konzept entstand am LWT im Zusammenhang mit der Entwicklung des martensitischen nichtrostenden Stahles CRONIDUR®, der heute u.a. in Wälzlagern der Luft- und Raumfahrt wie auch hochtouriger Werkzeugmaschinen arbeitet. Es wirkt auch beim Einsatzhärten nichtrostender Stähle mit Stickstoff (SolNit®), das inzwischen in unterschiedlichen Industriezweigen Verwendung findet. Mit der hier vorgestellten Übertragung des (C+N)-Konzeptes auf nichtrostende austenitische Stähle (CARNIT®) wurde unsere Entwicklung des „Intensive Interstitial Strengthening of Stainless Steel" soweit abgerundet, dass ein weiteres DFG-Projekt nicht geplant ist. Wir haben unser Ziel „ab initio bis Bauteil" in dem uns möglichen Rahmen erreicht und Altersgründe sprechen gegen eine Fortsetzung. Die Anwendung wird jedoch mit wissenschaftlichen Untersuchungen begleitet. Dazu haben wir ein Konsortium aus fünf Industrieunternehmen mit unterschiedlichen Produkten zusammengebracht und bereits sechs halbjährliche Treffen zum Gedankenaustausch an den jeweiligen Standorten durchgeführt. Es geht z.B. um nichtmagnetisierbare Kappenringe für Generatonwellen, Radkränze für Straßenbahnen, kaltverfestigte nichtmagnetisierbare Wälzlager, hochfeste nichtrostende Pumpenwellen, nichtrostende prallverschleißbeständige Bauteile, beschusssichere Bleche für PKW, Strahlpulver für die Säuberung/ Verfestigung nichtrostender Oberflächen. Diese Zusammenarbeit wollen wir fortsetzen.