Vegetationsgeschichtliche Untersuchungen zu eisenzeitlichen Umweltveränderungen und der landwirtschaftlichen Expansion im Mittelgebirgsraum
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Vegetationsgeschichte des ersten vorchristlichen Jahrtausends wurde in der Wetterau, einer intramontanen Beckenlandschaft nördlich von Frankfurt am Main im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse - Zur Genese und Entwicklung „frühkeltischer Fürstensitze" und ihres territorialen Umlandes" detailliert untersucht. Die zentrale Fragestellung betraf die bäuerliche Landnutzung der fruchtbaren Lößlandschaft Wetterau während der späthallstatt-frühlatenezeitlichen Besiedlung. Anlass zu diesen Untersuchungen waren die ausführlichen und langjährigen archäologischen Ausgrabungen am Glauberg, einem auffälligen Plateauberg in der östlichen Wetterau. Die Ausgrabungen zeigen, dass der Glauberg in der Eisenzeit ein bedeutendes Machtszentrum in Südhessen war. Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang sind die nach dem wirtschaftlichen Hintergrund der Menschen, die eine derart umfangreiche Anlage errichtet haben und ob solche Machtzentren gleichzeitig auch zu einer Zentralisierung der Besiedlung geführt haben. Vegetationsgeschichtliche Untersuchungen haben bei ihrer Beantwortung einen wichtigen Beitrag geleistet. Die analysierten Pollenprofile zeigen ab etwa 700 v. Chr. eine intensive Landnutzung der Wetterau sowie der angrenzenden Mittelgebirge. Auf den Lößböden war der Ackerbau von großer Bedeutung und nahm an vielen Stellen eine größere Fläche ein als je zuvor. Neu dazu kam jedoch die Nutzung grundwasserbeeinflusster Auenböden. Offenbar veränderte sich die Art und Weise der Viehzucht, da nun auch verschiedene Arten einer Grünlandnutzung eine Rolle spielten. Aber auch die Waldweide in den angrenzenden Mittelgebirgen wurde nochmals intensiviert. Alle vegetationsgeschichtlichen Daten deuten daraufhin, dass die früheisenzeitliche Bevölkerung der Wetterau kaum noch eine Fläche aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausgelassen hat. Verknüpft man dies mit den Ergebnissen der pflanzlichen Großrestanalysen, die für diese Periode eine außerordentlich hohe Zahl von „gleichzeitig" angebauten Kulturpflanzenarten belegen, dann kann die wirtschaftliche Grundlage der Frühen Eisenzeit ziemlich überzeugend in einer hochentwickelten und erfolgreichen Landwirtschaft gesucht werden. Um etwa 500 v. Chr., als die Besiedlung auf dem Glauberg ihren Höhepunkt erreichte, löste sich die flächendeckend einheitliche Nutzung teilweise auf. Der Vergleich von gleichzeitigen Pollenspektren aus den fünf räumlich verteilt liegenden Niedermooren zeigen nun unterschiedliche Vegetationsentwicklungen. Bleiben die Verhältnisse sowohl im Zentrum der Wetterau als auch im unmittelbaren Umfeld des Glaubergs relativ unverändert, so zeichnet sich in den nordöstlich gelegenen Bereichen eine Vegetationsverschiebung ab, die auf eine veränderte Bewirtschaftung dieser Gebiete hinweist. Möglicherweise veränderte sich - als Folge einer Bevölkerungskonzentration rund um den Glauberg - die Nutzung in den Randlagen der Wetterau (Verschiebung in der Tierhaltung von Rind zu Schwein?).
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2006. Ein eisenzeitlicher Graben am Glauberg - seine Geschichte aus palynologischer Sicht. HessenArchäologie 2005, 61-64
A. Stobbe