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Verdorfung (villagization) und Umsiedlung (resettlement) im mittleren Süd-Äthiopien: Prozesse und Auswirkungen

Antragsteller Professor Dr. Ulrich Braukämper (†)
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2004 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5431382
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Von besonderem Interesse in den Untersuchungen waren - um es noch einmal zu betonen - die Wandlungsprozesse in den Besitzverhältnissen, in der Arbeitsorganisation, im Gender-Bereich, in den Ritualen des Lebenszyklus und in den Institutionen zur Konfliktlösung, die sich für beide Gruppen, die Verdorrten und die Umsiedler, in unterschiedlicher Intensität ergaben. Bei den Siedlern der Schemes waren diese aufgrund der Entwurzelung aus ihrem territorial-kulturellen Kontext zweifellos nachteiliger als bei den in "Kolchos"-Dörfer umgesiedelten Menschen. Was die Wertvorstellungen und politischen Orientierungen angeht, so hatte die sozialistische Ideologie insgesamt stärker auf die Bewohner der Säfära-Schemes eingewirkt als auf die Mändär-Dörfer. Insgesamt erschien sie jedoch vergleichsweise wenig tiefgründig. Die Religionsfeindlichkeit des Därg-Regimes hatte offensichtlich keine nachhaltige Wirkung gezeigt, und es erfolgte seit 1991 eine Stärkung der religiösen Konfessionen, in Baadawwaachcho vor allem der Protestanten und in geringerem Maße der orthodoxen Christen und Muslime. Andererseits führte die föderalistische Politik der EPRDM-Regierung zu einer beträchtlichen Stärkung des Bewusstseins von ethnisch-kultureller Identität. Die Untersuchung erwies sich in Anbetracht der sozio-politischen Brisanz des Themas als schwierig. Cathrin Horstmann war häufig mit Absagen von Interviews, Verweigerungen bei bestimmten Fragestellungen und offensichtlichen Widersprüchen in den Aussagen der Gewährsleute konfrontiert. Es war nahe liegend, dass bei vielen der durch den Regimewechsel von 1991 entmachteten politischen Akteuren die Bereitschaft zu Auskünften über ihre Tätigkeiten und die mit Verdorfung und Umsiedlung zusammenhängenden Fakten begrenzt war. Bei den derzeitigen politischen Machthabern besteht eine Tendenz, ihre eigenen Handlungsbereiche in ein günstiges Licht zu rücken, zumal sie sich nicht selten Korruptionsvorwürfen entgegen sehen. Der Tatbestand, dass die spannungsgeladenen Nationalwahlen von 2005 in Äthiopien sich zusätzlich erschwerend auf die Datenerhebung auswirken würden, musste bei Antritt der Forschungen in Kauf genommen werden. Angesichte dieser Schwierigkeiten erwies sich die ursprünglich veranschlagte Zeit für die empirischen Untersuchungen nicht als ausreichend, so das Cathrin Horstmann einen zweiten Feldaufenthalt zum Großteil auf eigene Kosten anschloss, um Lücken des Materials auszufüllen und Widersprüche in den Aussagen so weit wie möglich auszuräumen. Zudem wurde das Spektrum der Informanten nochmals ausgeweitet, vor allem auf Familienangehörige der an Siedlungsprogrammen beteiligten Personen. Wie schon hervorgehoben, gibt es bislang kaum Mikrostudien auf einer empirischen Grundlage über die Prozesse der Umsiedlung in Äthiopien. Die Ergebnisse dieser Untersuchung können u. E. - unter kritischer Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten - bis zu einem gewissen Grade als Modell für Studien mit ähnlicher inhaltlicher Zielsetzung in anderen Gegenden des Landes dienen. Sowohl bei der "Villagization" als auch beim "Resettlement" gab es bestimmte Raster, die im nationalen Rahmen vergleichsweise gleichartig angelegt waren. Das trifft vor allem für das Programm der Verdorfung zu, während weiträumige Umsiedlungen aufgrund verschiedenartiger ökologischer Bedingungen in den Zielgebieten stärker variierten. An die umfangreichen Maßnahmen der Verdorfung erinnern nur noch wenige Spuren. Hingegen werden nach neuerlichen Dürren von der EPRDM-Regierung Äthiopiens wieder Umsiedlungen angestrebt, die ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgen sollen und in erheblichem Umfang auch die Hadiyya einbeziehen. Das Forschungsmaterial kann eine Dokumentation über die frühere Durchführung bereitstellen und auf die damit verbundenen Probleme und Konsequenzen hinweisen. Es erweitert den Fundus über die Kultur und Geschichte der Hadiyya Süd-Äthiopiens um die Analyse der Wandlungsprozesse, die sich mit staatlichen Eingriffen während der letzten zweieinhalb Jahrzehnte vollzogen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Braukämper. Ulrich (2006), "Problems of Resettlement from the Hadiyya-Kambaata Regions in Schemes of Northwestern Ethiopia"". In: Uhlig, Siegbert (ed.), Proceedings of the XVth International Conference of Ethiopian Studies, pp. 38-47. Wiesbaden: Harrassowitz Verla

 
 

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