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Wahrnehmung und Handlung bei der Bildung, der Speicherung und der Nutzung von somatosensorischen Raumrepräsentationen

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2004 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5471310
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In der zweiten Projektphase untersuchten wir mit Hilfe von psychophysischen und bildgebenden Verfahren die Kopplung zwischen visueller und propriozeptiver (Sensoren in Muskeln, Sehnen und Gelenken) Informationen mit der Motorik. Forschungsleitend waren die Fragen, wie Bewegungsinformation aus verschiedenen Sinneskanälen integriert werden, welche Referenzsysteme der Repräsentation von Zielreizen für die Handlungssteuerung zu Grunde liegen und wie diese von der visuellen Wahrnehmung abhängig sind sowie wie Zielreizrepräsentationen kurzzeitig im Gedächtnis gespeichert werden. Untersucht wurden einfache Hand- und Armbewegungen ohne visuelle Rückmeldung, die entweder aktiv oder passiv mit Hilfe eines Bewegungsapparats ausgeführt wurden. Dazu wurden verschiedene Versuchsparadigmen für psychophysische Experimente und kernspintaugliche Versuchsaufbauten entwickelt, die an mehreren Probandengruppen (Sehende, Geburtsblinde, Späterblindete) getestet wurden. In einer Experimentalreihe wurde der Frage nachgegangen, ob visuelle und propriozeptive Informationen in statistisch optimaler Weise integriert werden. Bisherige Studien konnten zeigen, dass redundante Information aus ein oder mehreren Sinnesmodalitäten gemäß dem Maximum-Likelihood-Estimation (MLE) Modell integriert werden, welches auf einer linearen Kombination der einzelnen Informationsquellen gewichtet an deren Reliabilität beruht. Diese Studien fokussierten primär auf die Integration von Informationen mit dem Ziel der Wahrnehmung von Objektmerkmalen, wie z.B. Form oder Größe. Unsere Experimente verfolgten das Ziel, multisensorische Integrationsprozesse im Kontext der Handlungssteuerung zu betrachten. Dafür wurden anstatt statischer Reize Bewegungstrajektorien in der visuellen und propriozeptiven Modalität dargeboten und unter Nutzung adaptiver Schwellenbestimmungsverfahren psychometrische Parameter bestimmt, die auf optimale Integration getestet wurden. Zusätzlich untersuchten wir die Grenzen der optimalen multisensorischen Integration, indem wir die räumliche Lokalisation der Reizdarbietung und die Komplexität der Bewegungstrajektorien variierten. Um zu testen, welche Referenzsysteme der Handlungssteuerung zu Grunde liegen und wie diese durch die visuelle Wahrnehmung beeinflusst werden, führten wir eine Serie von Verhaltensexperimenten an Sehenden, Geburtsblinden und Späterblindeten durch. Referenzsysteme lassen sich grob in zwei Arten unterteilen: egozentrisch (im Bezug zum Körper des Betrachters) und allozentrisch (im Bezug zu Landmarken in der Umgebung). Dabei wird der visuellen Wahrnehmung eine besondere Rolle in der allozentrischen Kodierung zugeschrieben, da sie distale Informationen aus der Umwelt bereitstellt. In welchem Ausmaß das Fehlen von Seherfahrung die allozentrische Kodierung beeinflusst und durch welche Faktoren eine mögliche Kompensation stattfindet, untersuchten wir an Sehenden und Geburtsblinden, die passive Armbewegungen ausführten, die sie relativ zum eigenen Körper oder einer externen Referenz beurteilen sollten. Darüber hinaus gingen wir der Frage nach, wie propriozeptive Zielreize räumlich repräsentiert sind und welche Bedeutung visuelle und propriozeptive Rückmeldung aus den Augenmuskeln auf die egozentrische Kodierung von handlungsrelevanten Zielreizen hat, indem Sehende, Geburtsblinde und Späterblindete Zeigebewegungen auf propriozeptive Zielreize ausführten. Wie handlungsrelevante Informationen über einen kurzen Zeitraum im Arbeitsgedächtnis gespeichert werden und welche neuronalen Korrelate der Speicherung zu Grunde liegen, untersuchten wir unter Nutzung verschiedener Paradigmen im Verhaltenslabor und im Magnetresonanztomographen. Dabei führten Probanden Zeige- und Greifbewegungen auf erinnerte Zielreize nach variabler Speicherdauer aus oder verglichen Gedächtnisrepräsentationen von Bewegungstrajektorien verschiedener Modalitäten, die mittels Interferenzaufgaben während der frühen oder späten Konsolidierung gestört wurden. Die Ergebnisse erlauben unter anderem Aussagen darüber, ob unmittelbare und zeitlich verzögerte (gedächtnisbasierte) Handlungen auf gemeinsamen oder verschiedenen Verarbeitungsprozessen beruhen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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