Nahrungswahl mariner Copepoden: Besteht ein Switch-Mechanismus zwischen Phytoplankton und Protozoen?
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Als wesentliches Verbindungsglied zwischen der Primärproduktion und den Fischen nehmen die Copepoden eine Schlüsselstellung im marinen Nahrungsnetz ein. Da ihre traditionelle und nach wie vor in vielen Ökosystemmodellen eingebaute Einstufung als trophische Ebene 2 (Herbivore) durch die Forschung der letzten Jahrzehnte in Frage gestellt wurde, wurde im Rahmen des Projekts ein experimentelles Untersuchungsprogramm durchgeführt, das mehrere, nach der Komplexität abgestufte Ansätze kombinierte: • Fütterungsexperimente im Labor mit repräsentativen Algen und Ciliaten als Repräsentanten von Nahrung der trophischen Ebenen 1 und 2 • Nahrungswahlexperimente zur Auswahl wischen einer Kieselalge und einem Ciliaten • Ein Life-Table Experiment zur Überprüfung der Eignung verschiedener Futteralgen verschiedener taxonomischer Herkunft und eines Ciliaten als Nahrung für den gesamten Lebenszyklus des Copepoden Acartia tonsa. • Ein Mesokosmenexperiment mit darin enthaltenem Grazingexperiment zum Einfluss der Zusammensetzung eines komplexen Planktongemischs auf Nahrungswahl und Populationsentwicklung von Acartia tonsa. • Felduntersuchungen (Trondheimfjord, zentrale Ostsee, südliche Nordsee) zur Einschätzung der trophischen Ebene von Copepoden mit Hilfe vom 15N. Die Ergebnisse bestätigten einen der Trends der jüngeren Copepoden-Ökologie (trophische ebene >2), während kein Beispiel für den anderen (Kieselalgen-Toxizität) fanden: Bestätigt wurde die Bevorzugung beweglicher gegenüber nicht beweglicher Beute durch alle Copepoden, die zwischen einer strudelnden und einer lauernd-greifenden Ernährungsweise umschalten können (hier: Acartia, Calanus, Centropages, Pseudocalanus, aber nicht Temora). Wenn die bewegliche Beute einen hinreichenden Anteil Protozoen enthält führt das zu einer trophischen Ebene deutlich >2. Der Anteil der Protozoen an der Copepoden- Nahrung ist dabei in der Regel höher als ihr Biomasse-Anteil am Plankton. Zukünftige Ökosystemmodelle sollten die Möglichkeit einer variablen, vom Nahrungsangebot abhängigen trophischen Ebene der Copepoden einbauen. Im Gegensatz zu zahlreichen Untersuchungen der letzten 15 Jahre wurde kein Beispiel für Toxizität von Kieselalgen gefunden. Sie erwiesen sich als durchaus geeignete, wenn auch nicht bevorzugte, Nahrung für den gesamten Lebenszyklus. Das Phänomen der Kieselalgen- Toxizität dürfte stark artenspezifisch sein und, vergleichbar mit terrestrischen Giftpflanzen, bestenfalls lokal und zeitlich eng begrenzt eine Rolle auf Ökosystemebene spielen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2006). A comparison of phytoplankton and cilite feeding by marine calanoid copepods. Diss. Univ. Kiel
Saage, A.
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(2008) Effect of food concentration and type of diet on Acartia survival and naupliar development. Mar. Biol. 154:335-343
Ismar, S., T. Hansen, U. Sommer
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(2009) Copepod growth and diatoms: Insensitivity of Acartia tonsa to the composition of semi-natural plankton mixtures manipulated by Si:N ratios in mesocosms. Oecologia 159: 207-215
Sommer, U.
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(2009) Feeding behaviour of adult Centropages hamatus (Copepoda, Calanoida): Functional response and selective feeding experiments. J. Sea Res. 62:16-21
Saage, A., O. Vadstein, U. Sommer
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(2009) Feeding behaviour of adult Centropages hamatus (Copepoda, Clanoida): Functional response and selective feeding experiments. J. Sea Res. 62:16-21
Saage, A., O. Vadstein, U. Sommer