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Prozedurale Ursachen lexikalischer Zugriffsstörungen bei amnestischer Aphasie und Restaphasie

Subject Area General and Comparative Linguistics, Experimental Linguistics, Typology, Non-European Languages
Term from 2005 to 2007
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5443277
 
Final Report Year 2007

Final Report Abstract

Wortfindungsstörungen sind ein Leitsymptom milder bzw. gut zurückgebildeter Aphasien vaskulärer Ursache (amnestische Aphasie und Restaphasie), bei denen der Sprachfluss ansonsten gut erhalten und das Sprachverständnis weitgehend ungestört ist. Es ist zu vermuten, dass bei diesen Aphasikern die zugrunde liegenden lexikalischen Repräsentationen intakt sind, dass die Verarbeitung auf diesen Repräsentationen jedoch gestört ist und die Wortfindungsstörungen verursacht. Deshalb zielte das Forschungsvorhaben darauf ab, solche prozeduralen Ursachen lexikalischer Zugriffsstörungen zu untersuchen. Dazu wurde eine Reihe von Experimenten durchgeführt, in denen aphasische Sprecher und gesunde Kontrollsprecher gleichen Alters getestet wurden. Diese Experimente greifen Methoden der experimentellen Psycholinguistik auf, mit denen die zeitliche Koordination lexikalischer Zugriffsprozesse auf einzelnen Verarbeitungsebenen (semantisch-lexikalische und der morphophonologische Enkodierung) und zwischen Verarbeitungsebenen untersucht werden kann. Die zentralen Experimente nutzten das Blocking-Paradigma (Experiment 3) und das Bild-Wort-lnterferenz-Paradigma (Experiment 2), die sich geeignet erwiesen haben, diese Aspekte der zeitlichen Koordination lexikalischer Zugriffsprozesse zu untersuchen. Die Arbeiten im Projekt sind insgesamt planmäßig verlaufen. Die Rekrutierung geeigneter Probanden stellte allerdings ein großes Problem dar. Es ist schließlich gelungen, fünf amnestische Aphasiker bzw. Restaphasiker für die Studie zu gewinnen und plangemäß an allen Testzeitpunkten zu untersuchen. Die Ergebnisse der Vortests sprechen bei vier Probanden für einen semantisch-lexikalischen Störungsschwerpunkt, bei einer Probandin für einen lexikalisch-phonologischen Störungsschwerpunkt. Die chronometrischen experimentellen Methoden ließen sich problemlos auf die getestete Patientengruppe übertragen. Die Benennlatenzen der Aphasiker waren zwar langsamer als die der Kontrollsprecher, aber die Latenzen lagen im Rahmen des bei älteren Sprechern Erwartbaren (zwischen 700 ms und 1000 ms) und waren nur in Experiment 2 signifikant langsamer als die der Kontrollsprecher. Für die Aphasiker mit semantisch-lexikalischem Störungsschwerpunkt legt das Ergebnismuster aus Experiment 2 und 3 nahe, dass die Störung die Übermittlung von Aktivierung von der semantisch-lexikalischen zur phonologischen Ebene betrifft. Dies manifestiert sich u.a. in verstärkten fazilitierenden Effekten phonologisch relatierter Distraktoren in Experiment 2 und in nicht von den Kontrollsprechern verschiedenen semantischen Blocking-Effekten in Experiment 3. Die Leistungen der aphasischen Sprecher in der Einzelwortbenennung kontrastieren deutlich mit ihren spontansprachlichen Leistungen, die u.a. durch Wortfindungsstörungen als Leitsymptom der milden Aphasien gekennzeichnet sind. Die Ergebnisse aus vergleichenden Studien mit jungen und älteren gesunden Sprechern sind ähnlich gelagert: Alterseffekte scheinen ebenfalls primär die Übermittlung von Aktivierung von der semantisch-lexikalischen zur phonologischen Enkodierungsebene zu betreffen (Transmission Deficit Hypothese), und die Diskrepanz zwischen jungen und älteren Sprechern tritt deutlicher und konsistenter in spontansprachlichen Äußerungen in Erscheinung als bei der Benennung einzelner Objekte. Die Identifikation des primär von einer aphasischen Störung betroffenen Verarbeitungsschrittes erklärt noch nicht, warum sich die verminderte Übermittlung der Aktivierung bei der Benennung einzelner Objekte weniger deutlich manifestiert als in spontansprachlichen Situationen. Der Hypothese zufolge, dass die bei milden Aphasien beobachteten spontansprachlichen Auffälligkeiten infolge einer kognitiven bzw. aufmerksamkeitsbezogenen Überbelastung entstehen (Ressource Theory) ist diese Diskrepanz dadurch erklärbar, dass die Benennung einzelner Objekte im Experiment für die Probanden eine geringere kognitive Gesamtbelastung darstellte als der Abruf lexikalischer Einträge in einer Gesprächssituation. In zwei Experimentalreihen mit gesunden jungen und älteren Sprechern bin ich der Frage nachgegangen, inwiefern die Zusatzanforderungen spontansprachlicher Sprachproduktion die dem lexikalischen Zugriff zugrunde liegenden Prozesse beeinträchtigen.

Publications

  • Konferenz der Frühjahrs-Tagung der Experimental Psychology Society (EPS) in Birmingham: Effects of Working Memory Load on Lemma Selection. (04/2006)

  • 4th International Workshop on Language Production in Münster: Investigating Top-Down Bias Effects in Lexical-Semantic Encoding. (09/2007)

  • Konferenz der European Society of Cognitive Psychology (ESCoP) in Marseille: Effects of Working Memory Load on Lemma Retrieval. (09/2007)

  • Tagung experimentell arbeitender Psychologen (TeaP) in Trier: Zur Rolle des Arbeitsgedächtnisses bei der Lemma-Selektion. (03/2007)

 
 

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