Detailseite
Projekt Druckansicht

Ökophysiologische Ursachen der Wald-Steppen-Grenze in der Nordmongolei

Antragstellerin Dr. Choimaa Dulamsuren
Fachliche Zuordnung Ökologie und Biodiversität der Pflanzen und Ökosysteme
Förderung Förderung von 2004 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5444650
 
Erstellungsjahr 2007

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Am Fallbeispiel des westlichen Khentej-Gebirges in der Nordmongolei sollte geklärt werden, ob natürliche oder anthropogene Gründe für den derzeitigen Verlauf der Grenzlinie zwischen dem sibirischen Taigawäldern und der zentralasiatischen Steppe verantwortlich sind. Die Untersuchungen wurden nicht in der für den Übergang zwischen diesen beiden Vegetationstypen besonders charakteristischen Waldsteppe, sondern in der nördlich daran anschließenden Gebirgstaiga durchgeführt. Hier befinden sich die äußersten Vorposten der Steppe auf sonnenexponierten Südhängen und sind von Wäldern in den Tälern und auf den Nordhängen umgeben. Diese inselartigen Steppenvorkommen wurden ausgewählt, weil hier eine anthropogene Entwaldung und die Möglichkeit der Etablierung von Bäumen aus klimatischen Gründen am wahrscheinlichsten erscheint. Die im Projekt durchgeführten Untersuchungen lassen den Schluß zu, daß die Südhänge des Westkhentej primär aus klimatischen Gründen waldfrei sind. Diese Schlußfolgerung wird durch eine Reihe von Befunden unterstützt: • Pollenanalysen zeigen, daß der Waldanteil in den letzten 2000 Jahren nicht abgenommen hat und Steppenpflanzen die ganze Zeit vorhanden waren. • Die Messung zum Wasserhaushalt und zum Photosyntheseverhalten (Chlorophyllfluoreszenz, Gaswechsel) zeigen, daß Jungbäume der im Gebiet dominierenden Sibirischen Lärche (Larix sibirica) am Waldrand zur Steppe unter Trockenstreß stehen. Mit ihrem minimalen Wasserpotential erreichen sie regelmäßig den Turgornullpunkt, der zu irreversiblen Zellwandschäden und zu einem Absterben von einem Teil der Äste oder der gesamten Pflanze führen kann. • Schaffen es einzelne Lärchen, sich am Waldrand an besonders günstigen Kleinstandorten in feuchten Jahren zu etablieren, leiden sie zwar in Trockenperioden unter Wassermangel, können aber durch osmotische Anpassung ausreichend Wasser aufnehmen. • Keimlinge der Lärche starben im Experiment nach kurzer Zeit als Folge der hohen Bodentemperatur und der niedrigen Bodenfeuchte ab. • Ein hoher Anteil der Samen von L. sibirica wird im Boden gefressen. • Sämlinge von L. sibirica stehen auf der Steppe unter einem hohen Fraßdruck durch Heuschrecken, Mäuse und den Schwammspinner (Lymantria dispar). • In den flachgründigen Böden der Steppenhänge fehlt der in der Region für die Wasserversorgung der Bäume im Hochsommer wichtige Permafrost. • Altbäume der im Übergangsbereich zur Steppe ebenfalls vorkommenden Waldkiefer (Pinus sylvestris) stehen nicht unter Trockenstreß, da sie ihre Spaltöffnungen bei Trockenheit länger geschlossen halten als die Lärche. • Die Etablierung junger Kiefern leidet unter dem von Fraß von Samen, der hohen Bodentemperatur und der geringen Bodenfeuchte sowie durch den Befall mit dem phytopathogenen Pilz Cyclaneusma minus. Herbivorie spielt bei den Kiefern aufgrund der starken Harzproduktion keine große Rolle. • Die Sibirische Ulme (Ulmus pumila), die auf den Südhängen zerstreut in lockeren Buschwäldchen vorkommt, ist im Sommer ausreichend mit Wasser versorgt. Unsere Wasserpotentialmessungen im Frühjahr deuten darauf hin, daß die Ulme im Winter unter Wassermangel leidet, so daß Teile der Krone absterben. Dadurch werden die Ulmen meist nur 10–30 Jahre alt und blühen selten, treiben aber von unten regelmäßig wieder aus. • Die Etablierung von U. pumila ist darüber hinaus durch Samenfraß, durch Wassermangel (der aber hitzetoleranten) Keimlinge und durch Herbivorie durch Insekten und Mäuse eingeschränkt. Aufgrund ihres schnellen Wachstums leiden die sonst in Flußauen vorkommenden Ulmen an Chlorosen durch Nährstoffmangel. • Das Fehlen von Brandspuren im Boden der Steppenhänge und am Hangfuß derselben schließt eine Entwaldung in jüngerer Zeit durch Feuer aus. • Herbivorie durch Vieh spielt im Gebiet durch traditionell geringe Viehbestände keine Rolle. Auch wurden keine Verbißspuren durch Wild beobachtet. Überraschenderweise stellte sich heraus, daß Lärchen in den Wäldern auf den Nordhängen unter stärkerem Trockenstreß stehen als am sonnenexponierten Waldrand zur Steppe. Der Zuwachs ist bei Lärchen aller Standorte in den letzten Jahrzehnten reduziert. Dies ist als Folge des globalen Klimawandels zu sehen, die sich im Gebiet insbesondere durch einen starken Anstieg der Sommertemperatur und eine Abnahme des Jahresniederschlags äußert. Diese Befunde deuten darauf hin, daß der Fortbestand der Lärchenwälder der Mongolei, die 80 % der Waldfläche des Landes ausmachen, langfristig gefährdet ist. Unterstützt wird dies durch die Prognose, daß der Permafrost sich im 21. Jahrhundert aus der Nordmongolei zurückziehen soll.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2005). Ground vegetation in the Mongolian taiga forest-steppe ecotone does not offer evidence for the human origin of grasslands. Applied Vegetation Science 8: 149-154
    Dulamsuren, Ch., M. Hauck & M. Mühlenberg
  • (2005). Range-habitat relationships of vascular plant species at the taiga forest-steppe borderline in the western Khentej Mountains, northern Mongolia. Flora 200: 376-397
    Dulamsuren, Ch., E. Welk, E. J. Jäger, M. Hauck & M. Mühlenberg
  • (2005). Vegetation at the taiga forest-steppe borderline in the western Khentej Mountains, northern Mongolia. Annales Botanici Fennici 42: 411-426
    Dulamsuren, Ch., M. Hauck & M. Mühlenberg
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung