Wissenschaftliche Bearbeitung der restaurierbaren Bildwerke aus der ehemaligen archäologischen Sammlung von Oppenheim
Zusammenfassung der Projektergebnisse
67 Jahre nach ihrer Zerstörung stehen die Berliner Bildwerke vom Teil Halaf und Djebelet el-Beda der Forschung wieder zur Verfügung. Die bis heute andauernde Diskussion um ihre kulturgeschichtliche und chronologische Einordnung findet damit aber keinen Abschluss, sondem soll Anregung sein, sich anhand des Quellenmaterials emeut mit den Denkmälern zu beschäftigen. Wie schon die neuen Ausgrabungen am Teil Halaf gezeigt haben, erbringen aktualisierte Fragestellungen differenziertere Sichtweisen sowohl zur Siedlungsgeschichte als auch zu den materiellen Zeugnissen. Im Rahmen der Projektarbeiten war es nicht beabsichtigt, eine spezielle Studie zur Ikonografie und Ikonologie der Denkmäler vorzulegen. Gleichwohl konnten in der zeitnah vorgelegten Abschlusspublikation verschiedene Beobachtungen gemacht werden, die die Unterschiede zwischen den einzelnen Denkmälern weniger signifikant erscheinen lassen, so dass sich die Frage stellt, ob die vorhandenen Unterschiede im Stil und in der Motivkonzeption ausreichen, von zeitlich weit auseinander liegenden Bildwerken zu sprechen. So könnten auch die Materialeigenschaften von Kalkstein und Basalt sowie das handwerkliche Können zu Unterschieden in der Gestaltung geführt haben. Bleiben die Inschriften auf den Orthostaten und Skulpturen die einzigen schriftlichen Zeugnisse der Herrschaftszeit Kaparas, wird man sich auch künftig einer zeitlichen Einordnung der Denkmäler nur annähern können. Trotzdem wird ihr intensives Studium das Bild von der kulturellen und politischen Rolle Guzanas im 1. Jahrtausend v. Chr. weiter vervollständigen. Einen Beitrag zur Frage der Rohstoffbeschaffung in der Antike lieferte die ebenfalls von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Feldstudie zu Herkunft der Basaltrohstoffe. Entgegen der von Oppenheim vertretenen Auffassung, dass der Basalt für die Bildwerke in unmittelbarer Nähe des Teil Halaf gebrochen wurde, konnte die Mineralogin Dr. Kirsten Drüppel das etwa 65 km südlich gelegene Ard es-Sheikh-Plateau als Herkunftsort lokalisieren. Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem die Erkenntnis, dass die frühbronzezeitlichen Bildwerke des Djebelet el-Beda ebenfalls aus diesem Vorkommen stammen. Das Ard es-Sheikh-Plateau ist demzufolge über einen Zeitraum von etwa 2000 Jahre mit Unterbrechungen oder kontinuierlich als Rohstoffquelle genutzt worden. Die spektakulären Ergebnisse des Teil Halaf-Restaurierungsprojekts werden erstmals 2011 in einer eigenen Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Sonderausstellung umfasst sieben Themenfelder, für deren Umsetzung im Nordflügel des Pergamonmuseums, Hauptgeschossebene, 1400 qm zur Verfügung stehen. Im Mittelpunkt der Präsentation stehen die 3000 Jahre alten Bildwerke, ihre bemerkenswerte Entdeckung und Ausgrabungsgeschichte, ihr tragisches Schicksal im November 1943 und ihre Wiederherstellung. Gleichzeitig wird die Ausstellung einen ersten Eindruck zur künftigen Präsentation der Denkmäler in der Dauerausstellung des Vorderasiatischen Museums ab 2025 bieten. Aus der Museumsruine an der Franklinstraße wurden nicht nur Steinfragmente geborgen. So fanden sich im Brandschutt noch mehr als 4000 Scherben, Terrakotten, Obsidianklingen oder einzelne Bronzen, die restauratorisch gesichert und wissenschaftlich bearbeitet werden müssen. Da 1943 (Teil Halaf I) und 1962 (Teil Halaf IV) nur ein Teil der Bestände publiziert wurde, ist nicht nur zu klären, welche der damals veröffentlichten Funde heute noch existieren, sondern auch das bisher unveröffentlichte Material in Fachkreisen bekannt zu machen. Angesichts der großen kulturgeschichtlichen Bedeutung des Teil Halaf bleibt daher die Aufarbeitung der Kleinfunde ein wichtiges Desiderat.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Tell Halaf. Im Krieg zerstörte Denkmäler und ihre Restaurierung, mit Beiträgen von Aron A. Dornauer, Kirsten Drüppel, Ulrike Dubiel, Stefan Geismeier und Karin Rohn, Tell Halaf Band V, Berlin/New York 2010
Nadja Cholidis/Lutz Martin
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Die geretteten Götter aus dem Palast vom Tell Halaf, Begleitbuch zur Sonderausstellung des Vorderasiatischen Museums "Die geretteten Götter aus dem Palast vom Tell Halaf, vom 28.1.2011- 14.8.2011 im Pergamonmuseum, Regensburg/Berlin 2011
Nadja Cholidis/Lutz Martin