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Bodenerosionsereignisse der vergangenen 2000 Jahre in Norddeutschland - Rekonstruktion aus Seesedimenten und Kolluvien

Fachliche Zuordnung Physische Geographie
Förderung Förderung von 2005 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5450190
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Vergleichende Untersuchungen der Seesedimente des Kleinen Tornowsees (Brandenburg) und des Belauer Sees (Schleswig-Holstein) und der in ihren Einzugsgebieten abgelagerten Kolluvien erbrachten neue Erkenntnisse zum zeitlichen Ablauf und zur Intensität der Bodenerosion der vergangenen 2000 Jahre: 1) Während der vergangenen 2000 Jahre haben in Norddeutschland Bodenerosionsereignisse an verschiedenen Standorten in ähnlichen Zeitfenstern stattgefunden. Nach unseren Ergebnissen (auch unter Verwendung von Schriftquellen) traten Extremereignisse sehr wahrscheinlich synchron auf. 2) Die Massenbilanzen der durch Bodenerosion abgelagerten Sedimente in Seen und in deren Einzugsgebieten unterscheiden sich stark. Die Unterschiede sind durch einfache Anätze zur Berechnung von Sedimenttransferraten nicht beschreibbar. 3) Die räumliche Variabilität innerhalb der untersuchten Einzugsgebiete ist groß. 4) Die Kalkulation von Bodenerosion im Einzugsgebiet aus den Einträgen in den See führt zu Verringerung der räumlichen Auflösung. 5) Im frühen Holozän kam es zu Erosionsereignissen, die durch klimatische Einflüsse und oder kleinräumige Öffnung der Landschaft durch mesolithische Menschen ausgelöst wurden. 6) Bw-(Bv-)Horizonte haben sich im oberflächennahen Substrat der abgelagerten Kolluvien vergleichsweise schnell (in wenigen hundert Jahren) entwickelt. zu 1) Zur Absicherung dieser Schlussfolgerung sind ergänzende Untersuchungen (weitere Standorte, weitere Datierungen) anzustreben. zu 2.) Die Anwendung von Sedimenttransferraten auf längere Zeiträume (z. B. das gesamte Holozän) liefert mit hoher Wahrscheinlichkeit nur dann sinnvolle quantitative Ergebnisse, wenn die Rahmenbedingungen in den Seeeinzugsgebieten (Anteil des erosionsaktiven Seeeinzugsgebietes, Ausmaß und Dynamik der Größe und der Verteilung der Anbauflächen, angebaute Kulturen, Wildkrautbesatz und Bearbeitungstechniken, Reliefsituation vor Beginn des Ackerbaus) bekannt und deren Einfluss auf den Sedimenttransfer ausreichend verstanden sind. Ansonsten liefern die Einträge in Seen zwar zeitlich hoch auflösende, hinsichtlich ihrer Aussage zur Intensität der Erosion aber höchstens grobe qualitative Aussagen. zu 3. und 4.) Die räumlich und zeitlich verschieden ausgeprägte Beseitigung der den Boden schützenden Vegetation zeigt den starken Einfluss der Landnutzung auf die holozäne Bodenerosion an. Die hohe räumliche Variabilität ist mitverantwortlich für die Unterschiede der Massenbilanzen für den See und für die Kolluvien sowie für die unterschiedliche räumliche Auflösung der Archive. zu 5.) Mitteleuropäische Hangsedimente enthalten an einigen Standorten möglicherweise neben der Indikationsfunktion für anthropogene Eingriffe in die Landschaft auch Hinweise zur Sensitivität für intensive Klimaschwankungen. Die Untersuchung des zugehörigen Sediments des Sees und ergänzender Standorte kann hier weitere Informationen liefern. zu 6.) Obwohl in aktuellen internationalen bodenkundlichen Kartieranweisungen den Bw-(Bv- )Horizonten der diagnostische Wert abgesprochen wird (Soil Survey Staff, zitiert nach Schaetzl und Anderson 2005), sind die Horizonte für Untersuchungen junger Böden in Mitteleuropa wichtig. Sie zeigen stabilisierte Oberflächen an, ihre Mächtigkeit zeigt relative Unterschiede in der Bodenbildungszeit an; sie entwickeln sich in Kolluvien überraschend schnell (in wenigen hundert Jahren). Die Prozesse dieser schnellen Bodenbildungen sind unbekannt; sie sollten in zukünftigen Forschungsprojekten weiter untersucht werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2005): Detecting heavy precipitation events during the Holocene from soils, gully fills, colluvia and lake sediments – examples from the Belauer See catchment (northern Germany). Z. dt. Ges. Geowiss. 156/4: 573-588
    Dreibrodt, S.
  • (2005): Historical soil erosion and landscape development at Lake Belau (North Germany) – a comparison of colluvial deposits and lake sediments. Z. Geomorph. N.F., Suppl.-Vol. 139: 101-128
    Dreibrodt, S., Bork, H.-R.
  • (2006): Integrative Analyse von Böden und Sedimenten zur Rekonstruktion der holozänen Landschaftsgeschichte – das Beispiel Belauer See (Schleswig-Holstein). Nova Acta Leopoldina NF 94, Nr. 346: 213-240
    Dreibrodt, S., Bork, H.-R.
  • (2007): Do integrated palaeoecological studies on soils, colluvia and lake sediments offer new potentials in landscape reconstruction? Proceedings of the GfÖ, Marburg
    Dreibrodt, S., Nelle, O.
  • (2007): Slope deposits of palaeoclimatic events – first terrestrial evidence for geomorphic instability during the 8.2 ka event in Central Europe. Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, Heft 53
    Dreibrodt, S. Lomax, J., Nelle, O, Radtke, U., Grootes, P.M., Bork, H-R.
 
 

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