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Finanzpolitische Anpassungsreaktionen an wirtschaftliche Globalisierung

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2005 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5450700
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Unter welchen Umständen kommen Reformen, die westeuropäische Staaten an die wirtschaftliche Globalisierung anpassen sollen, zustande? Spielt es für die Inhalte solcher Reformen noch eine Rolle, welche Partei an der Regierung ist, mit welchen politischen Gegnern sie konkurriert und in welchem politischen System die Reformen umgesetzt werden müssen? Oder erzwingt die weltwirtschaftliche Integration wirtschaftspolitische Konvergenz, die Regierungen die Möglichkeit nimmt, erfolgreich ihre unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Konzeptionen durchzusetzen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Forschungsprojekts. Dabei wurde ein theoretisches Modell erarbeitet, das von der Überlegung ausging, dass die Herausforderungen der internationalen Ökonomie keineswegs automatisch zu finanzpolitischen Kurskorrekturen führen; dazwischen steht vielmehr die Vermittlung durch den politischen Prozess, der auch unter Globalisierungsbedingungen zunächst keinen anderen Regeln unterworfen ist als zuvor. Theoretisch lässt sich daher erwarten, dass sich die Anpassungsreaktionen und vor allem die politischen Prozesse, die zu diesen Reaktionen führen, in den westeuropäischen Ländern systematisch unterscheiden und zwar in Abhängigkeit von der parteipolitischen Zusammensetzung der jeweiligen Regierung, der Konstellation des Parteienwettbewerbs sowie der Ausgestaltung des Institutionensystems. Dieses theoretische Modell wurde auf der Basis vergleichender Fallstudien getestet. Konkret wurde die Finanzpolitik Dänemarks, Deutschlands, Großbritanniens und der Niederlande zwischen 1980 und dem Beginn des 21. Jahrhunderts untersucht. Es zeigte sich, dass es zwar in einigen Bereichen, insbesondere bei den Körperschaftsteuersätzen zu Konvergenz kam, dass die untersuchten Staaten aber nach wie vor erhebliche Unterschiede in ihrem finanzpolitischen Profil aufweisen. Es lässt sich feststellen, dass Regierungen sich erst an Globalisierung anpassen, wenn erstens eine deutliche Verschlechterung der ökonomischen Performanz eintritt, diese zweitens von den Akteure mit dem Fehlen von Anpassungsleistungen an Globalisierung in Verbindung gebracht wird und das verschlechterte Leistungsprofil drittens die Wiederwahl der Regierung bedroht. Darüber hinaus stellt sich heraus, dass sozialdemokratische Parteien später und weniger weit reichend auf Globalisierung reagieren als bürgerliche Parteien, weil solche Anpassungsreaktionen programmatische Veränderungen erfordern. Überraschenderweise kommt es zu solchen programmatischen Veränderungen bei sozialdemokratischen Parteien aber nicht wie erwartet, wenn es den Parteien misslingt, ihre programmatischen Ziele zu erreichen, sondern es ist der Ausschluss aus der Regierung, der (sozialdemokratische) Parteien zu Programmrevisionen bringt. Erwartungskonform zeigt sich darüber hinaus, dass Sozialdemokraten andere Anpassungspfade als bürgerliche Parteien suchen. Dabei spielen insbesondere Investitionen in Bildung eine wichtige Rolle. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass sich Regierungen in so genannten pivotalen Parteiensystemen, in denen also eine zentrale Mittepartei weitgehend unabhängig vom Ausgang der Wahlen die Regierungsbildung dominiert, leichter mit der Durchsetzung von Anpassungsreaktionen tun als Regierungen in bipolaren Parteiensystemen. Darüber hinaus spielt das Institutionensystem eine wichtige Rolle. Überraschenderweise zeigte sich allerdings, dass von der Opposition kontrollierte Vetospieler nicht immer Reformen verhindern, sondern gelegentlich sogar weiterreichende Reformen erzwingen, weil sie damit ihre inhaltlichen Positionen durchsetzen können, ohne wahlpolitisch für die Reformen verantwortlich gemacht zu werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2005: Globalisierung der Wirtschaft und nationalstaatliche Anpassungsreaktionen. Theoretische Überlegungen, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 12: 41-75
    Reimut Zohlnhöfer
  • 2006: Finanzpolitische Anpassungsprozesse: Theoretische Ansätze auf dem Prüfstand, in: Stefan A. Schirm (Hrsg.): Globalisierung. Forschungsstand und Perspektiven, Baden-Baden: Nomos, 55-76
    Reimut Zohlnhöfer
  • 2006: New Labours Finanz- und Wirtschaftspolitik: Sozialdemokratie durch die Hintertür? in: Sebastian Berg/André Kaiser (Hrsg.): New Labour und die Modernisierung Großbritanniens, Augsburg: Wißner, 13-43
    Reimut Zohlnhöfer
  • 2007: Fiscal Policy and Adjustment: Adjusting Fiscal Policy to Globalization – Testing Theoretical Approaches, in: Stefan A. Schirm (Hrsg.): Globalization. State of the Art and Perspectives, London: Routledge 2007, 40-60
    Reimut Zohlnhöfer
  • 2007: The Politics of Budget Consolidation in Britain and Germany. The Impact of Blame Avoidance Opportunities, in: West European Politics 30: 1120- 1138
    Reimut Zohlnhöfer
  • 2009: Globalisierung der Wirtschaft und finanzpolitische Anpassungsreaktionen in Westeuropa, Baden-Baden: Nomos
    Reimut Zohlnhöfer
  • 2009: How Politics Matter When Policies Change: Understanding Policy Change as a Political Problem, Journal of Comparative Policy Analysis 11: 97-115
    Reimut Zohlnhöfer
 
 

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