Die Kunstsammlung der Familie Cesarini im Rom des 16. Jahrhunderts
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde mit Giovan Giorgio Cesarini (1549 - 1585) eine wenig bekannte Persönlichkeit als bedeutender Kunstsammler wiederentdeckt. Im Blickpunkt der Betrachtung steht die von ihm errichtete Villa bei S. Pietro in Vincoli und deren Ausstattung. In den noch erhaltenen Gebäudeteilen sind bislang unbekannte Freskomalereien erhalten. Dazu gehören Historienbilder mit Darstellungen aus der römischen Geschichte und Mythologie, die in Bezug auf die Person des Auftraggebers erstmals präzise gedeutet werden konnten. Es zeigte sich, dass der Ausbau und die Ausstattung der Villa einem stringenten Konzept folgt. In ambitionierten Inszenierungen suchte Cesarini für seine Familie eine antike Traditionen geltend zu machen. Seit 1463 bekleideten die Cesarini das Ehrenamt des Bannerträgers des römischen Volkes (»Gonfaloniere del Popolo Romano«). Sie sahen sich als die ersten Repräsentanten der Stadt Rom. Zugleich kultivierten sie den Gedanken, von den römischen Caesaren abzustammen. Dieses "imaginäre Erbe" wollte Giovan Giorgio Cesarini in seiner Villa anschaulich machen. Sphäre der Selbstdarstellung war insbesondere die Antikensammlung und das Festwesen. Jedes Jahr veranstaltete Cesarini in seiner Villa ein großes Bankett, in dessen Verlauf Schauspiele und Tierkämpfe abgehalten wurden. Die Kunstsammlung war integraler Bestandteil der Gesamtinszenierung. Wichtige Ergebnisse des Projekts betreffen die Rekonstruktion der Geschichte der Familie Cesarini im 15. und 16. Jahrhundert und Nachweise zum Bestand ihrer Kunstsammlung. Hervorzuheben ist die Provenienz der Statue der"Roma«, die seit 1593 auf dem Kapitolsplatz als Sinnbild der Stadt Rom aufgestellt ist. Es konnte aufgezeigt werden, daß die antike Porphyrstatue zuvor in der Villa bei S. Pietro in Vincoli die politische Ambitionen des Giovan Giorgio Cesarini veranschaulichte. Unerwartet war die Erkenntnis, daß Cesarini in seinen Ausstattungsprojekten mehrmals spätere Entwicklungen antizipierte. So war er wohl der erste, der in seiner Villa eine Gallerie der schönsten Frauen seiner Zeit aufbaute. Auch sein Vorhaben, eine Säule vom Trajansforum in seine Villa zu transportieren, um dort das Wappen seiner Familie monumental zu inszenieren, bezeichnet eine barocke Vision der Antike und geht der Aufstellung späterer Säulenmonumente in Rom voran. Wichtigstes Einzelergebnis ist der Nachweis, dass Cesarini 1580 die berühmte Zeichnungssammlung des Tommaso de' Cavalieri erwarb. Die neu entdeckten Dokumente sind zumal für die Michelangelo-Forschung von großer Bedeutung. Sie zeigen, dass Tommaso weniger Zeichnungen Michelangelos besaß als zumeist angenommen wird. Es ist absehbar, dass dieser Sachverhalt in Fachkreisen und in der Tagespresse zu Diskussionen fuhren wird.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Die ZeichnungsSammlung des Tommaso de' Cavalieri und ihr Verkauf an Giovan Giorgio Cesarini. in: Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana, Bd. 37, 2006.
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Adonis als Narziss: Provenienz und Bedeutungswandel einer Statue aus der Sammlung Cesarini. in: Pegasus. Berliner Beiträge zum Nachleben der Antike, Bd. 9, 2007.
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Raffaels"Segnender Christus« im Testament des Bischofs Ascanio Cesarini / II »Cristo benedicente« di Raffaello nel testamento del vescovo Ascanio Cesarini. in: Atti e studi - Accademia Raffaello, N. S. 2007.
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La Roma Capitolina: Da Villa Cesarini al Campidoglio. in: Bollettino d'arte, Bd. 93, 2008.