Phosphatanalytische, archäobotanische und insektenkundliche Flächenuntersuchungen in der endneolithischen Feuchtbodensiedlung Torwiesen II (Kreis Biberach)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Siedlungsfläche einer vollständig ergrabenen, einphasigen Feuchtbodensiedlung der endneolithischen Horgener Kultur am Federsee (Bad Buchau-Torwiesen u, dendrodat. 3283-3287 v.Chr., 12 Groß-, 3 Kleinhäuser) wurde in einem Probenraster von Im Maschenweite phosphatanalytisch, in einem Raster von 2m botanisch und insektenkundlich untersucht. Zudem wurden Einzelproben zur Analyse der Baulehme analysiert, ein Transsekt zur moorstratigraphischen Position des Siedlungsplatzes angelegt und off-site Sondagen zur Gewinnung von zwei Kolluvienprofilen im mineralischen Umland der Siedlung durchgeführt. Im Verbund mit der archäologischen Auswertung von Baustrukturen und Artefaktverteilungen sowie weiteren naturwissenschaftlichen Untersuchungen (Holz- und Jahrringanalyse, Osteologie, Pollenanalyse, Anthracologie, Parasitologie) ergeben sich Aussagen mit teilweise großer Detailschärfe, die es erlauben, die kleintopographischen Gegebenheiten und die menschlichen Aktivitäten in einzelnen Quartieren, Häusern und Hausbereichen, auf Kommunikations- und Freiflächen zu erfassen. Es ergibt; sich das Bild eines in feuchter Halbinsellage von Siedlungspionieren vorbereiteten, dann planmäßig in einem Zuge errichteten Straßendorfes, das durch eine Brückenkonstruktion mit dem Festland verbunden war und spätestens zum Siedlungsende durch Transgression des Sees als Insel freigestellt wurde. Fund- und Phosphatverteilungen sowie Baulehmanalysen lassen für die Großhäuser eine regelhafte, dreiteilige Innengliederung sowie laterale Wandöffnungen und teilweise auch einen Hinterausgang erschließen. In ihrem Vorplatz und Eingangsbereich fand Getreideverarbeitung (Häuser 1-2 Emmer, Häuser 3-12 Hartweizen) statt. Im Zentralbereich sind um die Feuerstellen verschiedene Koch- und Werkaktivitäten nachweisbar, die hinteren Hausbereiche sind fundarm. Auch die Kleinhäuser waren bewohnt, zeigen jedoch vorwiegend jägerische und sammlerische Aktivitäten. Aufgrund des Pflanzen- und Knocheninhaltes können im Hauservergleich fünf verschiedene wirtschaftliche Konzepte unterschieden werden. Fundverteilungen, unterschiedliche Gebäudegrößen und deren Position lassen die Interaktion von Haushalten und ein soziales Gefalle im Siedlungsplan erkennen. Das Fehlen von Mistlagen und die Phosphatwerte sprechen gegen eine Aufstauung von Vieh im Siedlungsbereich. Hierzu kontrastieren die Nachweise von Dungfliegen und Dungkäfern, die für eine sporadische Anwesenheit der auch osteologisch nachgewiesenen Rinder im Dorfareal sprechen. Abfallzonen sind vor allem neben den Hauseingängen und an beiden Enden der Dorfstraße nachweisbar. Die Umwelt der Siedlung, natürliche Feuchtbiotope und Wälder, vor allem aber anthropogene Sekundärwälder und offene Biotope erschließen sich aus den Untersuchungen ebenso wie die Sukzession der Siedlungsfläche im Wüstungsprozess. Die feinstratigraphische Auflösung von Kolluvienabfolgen ergab, dass die Wirtschaftsflächen in einem Radius von weniger als l ,5km um die Siedlung lagen. Die bodenkundlichbotanische Synthese führte zu einer hypothetischen Landschaftsrekonstruktion. Die pluridisziplinäre Untersuchung eines engen Probenrasters stellt einen neuartigen Beitrag zur Interpretation neolithischer Siedlungspläne dar. Erst wenige Siedlungflächen sind bislang mit vergleichbar detaillierten Rasteruntersuchungen überzogen worden (Arbon-Bleiche III (CH), Hörnstaad-Hörnle la (D), Chalain 2c, Charavines B (F)), keine dieser Stationen jedoch war vollständig ergraben.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2005: Zum Abschluss der Ausgrabungen in der endneolithischen Moorsiedlung "Torwiesen H" bei Bad Buchau am Federsee, Kreis Biberach. Archäologische Ausgrabungen in Baden- Württemberg 2005, S. 39-43.
Schlichtherle, H., Hohl, W.
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2006: Wege über das Moor zwischen Kappel und der Insel Buchau am Federsee, Kreis Biberach. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2006, S. 39-43.
Schlichtherle, H., Hohl, W.